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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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Dank«, sagte er und ging hinaus.
     
    Als sie zum St. Anne’s Square zurückkehrten, rief vor ihnen jemand einen unverständlichen Satz. Jon entdeckte den Verkäufer der Manchester Evening News und die Schlagzeile auf seinem Plakatständer: S CHLÄCHTER MACHT NOCH IMMER BELLE VUE UNSICHER .
    Die Glocken des Rathauses fingen gemächlich zu läuten an. Schließlich verstummte der Mehrklang, und ein einzelner, schwermütiger Schlag sagte ihnen, dass es ein Uhr war. Johns Blick kehrte von den Wasserspeiern der gotischen Turmspitzen zurück zu den Leuten um ihn herum.
    Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie nahe der Mörder in eben diesem Augenblick wohl war.
    »Wollen wir nicht was essen?«, schlug Rick vor. »Ich bin am Verhungern.«
    »Gute Idee«, pflichtete Jon ihm bei.
    »Die Sandwiches da drüben sind erstklassig«, meinte Rick und zeigte auf das Pret à Manger ein Stück weiter die Straße hinunter.
    Bei dem Gedanken an die Unzahl verschiedener Brote und phantasievoller Füllungen stöhnte Jon innerlich auf. Er deutet mit dem Kopf auf eine Filiale der Bäckerei Gregg’s auf ihrer Straßenseite. »Da gibt’s ganz anständige Speckbrötchen.«
    Jetzt war Rick an der Reihe, seinen Abscheu zu zeigen.
    »Sind die nicht ein bisschen … na, Sie wissen schon …?«
    Jon sah ihn an. »Wenn Sie meinen, ob die ganz normale Sachen zu vernünftigen Preisen verkaufen, dann haben Sie recht.«
    Rick warf einen Blick hinein und entdeckte in der Schlange ein paar Bauarbeiter, die noch immer ihren Schutzhelm aufhatten. »Wie wär’s, wenn wir uns einfach wieder am Wagen treffen?«
    »Ihr Geld«, antwortete Jon. Rick überquerte die Straße, und Jon betrat die Gregg’s-Filiale.
    Er bestellte zwei Speckbrötchen mit brauner Sauce und einen Becher Kaffee, dann schlenderte er zurück zum St. Anne’s Square, wo Rick bereits auf einer Bank vor der alten Kirche saß, auf den Platz blickte und sich daran erfreute, dass die Sonne immer wieder die Wolken durchbrach.
    Jon vergewisserte sich, dass keine unmittelbare Gefahr bestand, von einem plötzlichen Frühlingsschauer begossen zu werden, und setzte sich neben ihn. Dabei sah er hinüber zur Glasfassade des Marks & Spencer’s an der Ecke, an der 1996 die IRA-Bombe hochgegangen war.
    Seine Gedanken wanderten zurück zu diesem Ereignis und den Jahren, die dahin geführt hatten. Er glaubte nicht, dass es einen idealen Zeitpunkt gab, um Polizist zu werden. Er war 1991 zur Polizei gekommen. Plötzlich, mit einundzwanzig, hatte er sich in einer Uniform wiedergefunden und war durch die Straßen patrouilliert. Er war ständig darauf gefasst gewesen, dass Leute mit ungläubigem Lachen auf ihn zeigen würden.
    Die Nachtclub-Szene der Stadt erlebte damals ihre Blütezeit, und die ganze Welt kannte die Stadt als Madchester.
    Doch im Laufe der neunziger Jahre wurden Lokale wie die Hacienda zunehmend von Gangs aus Cheetham Hill und Salford bevölkert. Es verging kaum eine Nacht, in der sie auf seinem Revier nicht in aller Eile die kugelsicheren Westen hervorkramten, weil sie wieder mal zu einer Schießerei gerufen wurden. Den Gangs war es piepegal, wer bei dem Kampf um die Kontrolle des lukrativen Drogenhandels auf der Strecke blieb, und die Presse hatte begonnen, die Stadt Gunchester zu titulieren.
    Viele seiner Kollegen verbrachten ihre Wochenenden als verdeckte Ermittler in Nachtclubs und Bars und machten sich in die Hosen, während sie sich bemühten, Beweismaterial für den florierenden Drogenhandel zu sammeln, damit diese Lokale dichtgemacht werden konnten. Auch jetzt noch lachte er beinahe auf vor Erleichterung, wenn er daran dachte, dass ihm dank seiner auffälligen Größe und der Tatsache, dass er jeden Samstagnachmittag für das Rugbyteam der Polizei Manchester spielte, solche Einsätze erspart geblieben waren.
    Als die Madchester-Ära langsam ihren Glanz verlor und sich schließlich totlief, sah es so aus, als suche die Stadt nach einer neuen Identität. Er erinnerte sich, dass immer wieder von einer Canal Street die Rede war und davon, dass das eine Gegend war, wo auch Schwule sich gefahrlos ein paar hinter die Binde gießen konnten. Sankey’s Soap eröffnete in Ancoats. Alice fing an, von einer Band aus der Stadt zu schwärmen: Oasis. Und mit einem Male schien es, als habe Manchester seinen Mut und seine Seele wiedergefunden.
    Dann kam der verschlüsselte Anruf. Am fünfzehnten Juni. Eine Bombe würde hochgehen. In einer der belebtesten Einkaufszonen der Stadt. An einem Samstag,

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