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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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zu wi s sen glaubst, ist nichts wert, und erst wenn der Tag kommt, an dem du stirbst, wirst du die Wahrheit in meinen Worten erke n nen.“
     
    Sie gelangten zu einem Ort, an dem die Geister der gefallenen Soldaten fern waren. Uralte Eichenbäume waren zu einem n a türlichen Wall emporgewachsen. Dahinter ragte ein turmhoher Berg aus Kn o chen auf. Scharen von Krähen hatten sich auf den zahllosen Schädeln und Brustkörben niedergelassen, als witte r ten sie noch immer i r gendwo eine Mahlzeit.
    „Hier siehst du das Werk Tarynaars“, erklärte Wothar. „Wir nannten diesen Ort den Todeshain.“
    Larkyen stockte der Atem. Bot dieses Land mit seinen u n zähl i gen Gebeinen nicht schon genug Mahnmale eines im Wahnsinn gebor e nen Krieges?
    Mit unheilvoller Stimme flüsterte Wothar: „Auf seinem Thron inmitten des Todeshains wartet begierig der mächtige Tarynaar. Er frisst das Leben der Sterblichen, zurück bleiben erka l tete Leiber und sie bilden einen Berg, der in der Sonne verwest. Ihr zitternden Herzen, fürchtet die Hand des Gottes der Kent a ren, denn sie bringt euch den Tod.“
    „Tarynaar hat das getan?“
    „Ja, der Eichenwald war der Ort, an dem er lebte und se i nem unersättlichen Hunger frönte. Er wurde nicht nur verehrt, so n dern auch so gefürchtet, wie man es sich kaum vorzustellen vermag. Es gab eine Zeit, da forderte der König Kentars sogar Opfergaben ein. In jeder Vollmondnacht wurden Tarynaar zehn Kentaren zum Fraß vorg e worfen. Hast du das nicht gewusst?“
    „Nein.“
    „Die Grausamkeit der Götter und ihr unstillbarer Hunger ist hier in Kentar hinlänglich bekannt.“
    „Wir sind nicht alle grausam, nicht immer.“
    „Und doch sind es die grausamen Taten, die sich in das G e dächtnis der Menschenwelt eingebrannt haben.“
    „Ausgerechnet du verurteilst uns Unsterbliche? Wir müssen töten, um zu leben, einzig und allein, um unseren Hunger zu sti l len, uns zu nähren. Ihr Sterblichen aber tötet aus Machtgier, aus Stolz und Ha b sucht, aus niederen Beweggründen verwüstet ihr die Welt.“
    Wenngleich Larkyen seine Klage für gerechtfertigt hielt, so bekam er in diesem Moment auch eine Vorstellung davon, wie viele Leben er selbst noch über die Jahrtausende mit sich ne h men würde. Er wusste, irgendwann würde er auf Leichenberge von den Ausmaßen eines Gebirges zurückblicken können. Und solange er nur diejenigen zu seiner Beute machte, die seinen Vorlieben entsprachen, würde er keine Reue empfinden.
    „Von all den Ungerechten, den Tyrannen, den Mördern und Kriegstreibern, werde ich mich nähren“, flüsterte er, mehr an sich selbst gerichtet, und seine Augen flackerten in einem A n fall von Hunger auf.
     
    Der Wind trug bereits den Geruch von Salzwasser und das G e schrei der Möwen mit sich, als Larkyen und Wothar dem gra u en Meer wieder näherkamen. Das Tosen der Wellen drang an Larkyens Ohren. Hinter einem Felsmassiv konnte er die stein i ge Küste erblicken. Das Meer war aufgewühlt und erschien an diesem Abend beinahe schwarz. Der mit Wolken verhangene Horizont verschleierte den Sonnenuntergang.
    Wothar führte Larkyen geradewegs auf die Ruine eines Leuch t turms zu. Aus den einst so mächtigen Mauern hatten sich bereits viele Ste i ne gelöst. Ein Tor aus wurmstichigem Holz bot den einzigen Ei n gang.
    „Wir werden die Nacht über mit dem Schiff reisen, dadurch sparen wir Zeit“, erklärte Wothar. „Ich muss das Leuchtfeuer entzünden, damit wir gesehen werden.“
    „Wer würde es wagen, an der Küste dieses Landes anzul e gen?“
    „Eine Horde Schmuggler segelt jede Nacht dort draußen zwischen der Insel Tarak-Norss und Bolwarien hin und her. Sie waren uns schon während des Krieges behilflich. Wann immer dieses Feuer brennt, wissen sie, dass sie gebraucht werden und dass eine gute B e zahlung auf sie wartet. Sie kennen mich schon seit langer Zeit und wissen auch, dass sie von uns nichts zu befürchten haben. Sie erled i gen jeden Auftrag, ohne Fragen zu stellen.“
    Wothar stieg von seinem Pferd und betrat den Turm. Es daue r te nicht lange und er hatte das Leuchtfeuer entzündet. Lichte r loh erhellte sich die Spitze des Turms wie eine Fackel.
    „Jetzt heißt es warten.“
    Ein Steg führte hinaus auf das Wasser. Die Wellen brachen sich an seinen breiten Holzpfählen. Vor einem Felsenriff zeichneten sich die Reste mehrerer halb versunkener Schiff s rümpfe ab, und Seetang triefte in dunkelgrünen Strängen von einem abgeknickten Mast. Manchmal, wenn die

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