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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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sterben. Der Glaube ihres V a ters half lediglich, diese junge Frau zu töten.“
    „Es ist nichts als ein Aberglaube“, fügte Larkyen hinzu.
    „Wir sollten bald eine Rast einlegen“, schlug Wothar vor. „Ich bin hungrig und durstig.“
    „Eine Rast lege ich nur der Pferde zuliebe ein“, sagte La r kyen, „und unsere Pferde halten noch eine Weile durch. Wir reiten bis Sonne n untergang, dann erst werden wir rasten.“
    Die Reisenden ließen die Südheide hinter sich und erreichten die Ausläufer des bolwarischen Hochlands. Mit grünen Gräsern und Moosen überwucherte Hügel erstreckten sich bis zum H o rizont. Vereinzelt war der Boden mit Felsen durchsetzt. Nur wenige Bäume wuchsen hier.
    Als der Tag sich dem Ende zuneigte, beendeten sie ihren Ritt am Ufer eines Wildbachs. Von nicht weit her ertönte das Tosen eines Wasserfalls.
    Während Wothar Feuerholz zusammensuchte, führte Lark y en die Pferde ans Wasser.
    Das Hochland bot nicht viele Grundlagen für ein Feuer. Der Sterbl i che hatte alle Mühe, die wenigen Äste zu entzünden. Als endlich die ersten Flammen züngelten, ließ er sich so nahe wie möglich am Fe u er nieder. Auch wenn Wothar die längste Zeit in den Wäldern seiner Heimat zugebracht hatte – die offene Wildnis des Hochlandes mit eisigen Winden und Nachtfrost würde dem Kentaren zusetzen. Wothar begann von seinem mitgeführten Proviant zu essen. Larkyens Ung e duld wuchs.
    „Du solltest mir den weiteren Weg erklären“, schlug der Unsterbl i che vor. „Ich reite dann allein weiter.“
    „Mein König hat befohlen, dass wir zusammen reiten sollen, also wird es so geschehen. Du bist ein Fremder in diesem Land, es gibt viele Siedlungen und Gegenden, die wir besser meiden. Denn dort erkennen die Menschen die Götter, und j e manden wie dich sehen sie überhaupt nicht gern. Das letzte Mal, als sie die Raubtieraugen eines Unsterblichen gesehen h a ben, war während des Krieges gewesen, nämlich die Augen Tarynaars, der seinen Hunger unter der Bevölk e rung stillte.“
    „Dann sind wir wohl beide unter den Bolwaren nicht wil l kommen. Eine unsterbliche und eine sterbliche Bestie.“
    „Die Taten einer Gottheit können weitaus grausamer sein als die e i nes Menschen.“
    „Du irrst, Wothar. Grausamkeit entwächst vielen Schöpfern und ist von Anbeginn ein Teil der Welt. Doch wann ist es a n gebracht, von Grausamkeit zu reden? Etwa wenn ein Adler ein Kaninchen jagt, seine Krallen in dessen Fleisch schlägt und es mit sich in die Lüfte nimmt, um sich an einem fernen Ort von der Beute zu nähren? Es ist ein großer Unterschied, ob aus Hunger getötet wird oder aus reinem Machtwillen. Die Wildnis ist immer ehrlich gewesen, die Welt der Menschen hingegen nicht. Wenngleich ich nicht alle Taten Tarynaars gutheißen kann, so war er doch stets weniger grausam als ihr Sterbl i chen.“
    „Sind das die Worte eines Gottes an einen Sterblichen?“
    „Nein, vor allen Dingen sind es die Worte eines Jägers, e i nes Raubtiers, das die Wildnis sein Zuhause nennt. Ein Rau b tier, das nicht um des Tötens Willen tötet, sondern des Hungers w e gen, und das dennoch bereit ist, seine Entscheidungen über se i ne Triebe zu stellen.“
    „Also gut, Unsterblicher“, seufzte Wothar. „Ich könnte dir eine Wegbeschreibung geben, doch hier, inmitten des Hoc h landes, wo ein Hügel dem anderen gleicht und die Nächte ste r nenlos sind und die Tage vernebelt, wirst selbst du dich veri r ren und wertvolle Zeit ve r geuden.“
    „Du solltest nicht vergessen, dass ich diese Reise nicht fre i willig angetreten habe. Ohne die Intrige deines Königs wäre ich nicht hier.“
    „Ich werde dich schon so schnell wie möglich zum ewigen Wald bringen.“
    Larkyen erhob sich vom Feuer.
    „Ich gehe wieder zu den Pferden, ihre Gesellschaft ist mir lieber als die deinige.“
     
    In der Stille der Nacht wachte Larkyen abseits des Feuers. Die Pferde schliefen längst, und auch Wothar hatte seine Augen g e schlossen. Der Kentare schnarchte, und manchmal wälzte er sich unruhig umher, dann murmelte er immer dasselbe: „Ve r lasst mich nicht, ihr seid alles, was ich habe.“ Seine Stimme klang in jenen Momenten  nicht mehr wie die eines militär i schen Befehlshabers; viel eher glich sie der eines trauernden Ehemannes und Vaters. Die Verwundbarkeit dieses Sterblichen war für Larkyen geradezu einladend, und so gern er sich auch erneut an Lebenskraft genährt hätte, ließ er Wothar in Frieden schlafen.
    Gelegentlich spähte

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