Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
Vom Netzwerk:
inmitten der Weiten des Asturya n tals, das nach dem ersten König der Ken-Tunesen benannt war. Es erstreckte sich fast bis zu den Ufern des grauen Meeres. Einst war es Asturyan gewesen, der den Befehl zum Bau eines Staudamms in den nahegelegenen Bergen von Chàd gegeben hatte, um den reißenden Fluss L e fanion (die Schwester des großen Flusses Nefalion) zu zähmen, der mit seinen gefürcht e ten Hochwassern die Stadt und sogar weite Teile des Landes bedroht hatte. Der Boden an seinen Ufern galt als der fruch t barste im ganzen Westen. In der warmen Jahreszeit erstreckten sich goldfarbene Felder und saftig grüne Weiden über das g e samte Tal. Das Vieh war gesund und wuchs rasch, die Ernten waren ertra g reicher als irgendwo sonst. Die Kornkammer des Westens, so wurde dieses große Reich auch genannt.
    Vergangenheit, alles war Vergangenheit. Schon von weitem sahen sie die aufsteigenden Rauchwolken; zumindest glaubte Larkyen a n fangs noch, es seien nur  Rauchwolken. Die Region war gefangen in einer unnatürlichen Nacht ohne Morgen, alles lag in tiefer Finsternis, in die man eintauchte wie in ein Meer. Die Wolkendecke war so tie f schwarz und massig, dass der Eindruck entstand, man befinde sich in einer Grotte irgendwo unter der Erde. Was von Durial, der Haup t stadt der Ken-Tunesen noch übrig war, wagte Larkyen nicht als L e bensraum für Menschen oder gar Tiere zu bezeichnen. Viel eher kam es der Vorstellung einer Albtraumwelt am nächsten. Weite Teile der Stadt standen in Flammen, am hellsten brannte das Zen t rum. Die Zwillingstürme, die einst hoch und spitz emporra g ten, waren zum größten Teil in sich zusammengestürzt. Zwischen ihren Mauern hatten sie die gesammelten Chroniken der Wel t geschichte beherbergt. Wie sehr hatte Larkyen einst gehofft, die Niederschriften über die Kentaren einsehen zu kö n nen, um all das zu erfahren, was ihm sonst niemand mehr s a gen konnte. Die Strygarer hatten auch diese Geschichte den Flammen übe r geben. Am Schlimmsten aber waren die Schreie, die aus der Stadt drangen, mal hoch und schrill, dem Kreischen von Fl e dermäusen ähnelnd, dann wiederum plötzlich tief und knu r rend.
    Larkyen sah dichte Schwärme geflügelter Strygarer, die in weiten Kreisen über die Hauptstadt flogen. Es mochten Ta u sende sein. Manchmal stießen sie im Stürzflug herab, und als sie sich wieder erhoben, hielten sie meist eine zappelnde Me n scheng e stalt in ihren Klauen. Daraufhin versuchten so viele Strygarer wie möglich, von der Beute eines Einzelnen zu prof i tieren. Ihre Reißzähne und Klauen begannen gnadenlos zu a r beiten, nicht einmal einen Tropfen Blut ließen sie übrig, g e schweige denn Fleisch, Knochen oder irgendwelche Kle i dungsfetzen.
    Larkyen musste an die letzten Worte des Nächtlichen de n ken, an die Prophezeiung eines Strygarers: Von nun an werden die Nächte länger und finsterer sein, als du es je zuvor erlebt hast, und diese Finsternis wird erfüllt sein vom Rauschen uns e rer Schwingen. Und du und deinesgleichen, ihr könnt nichts dag e gen tun.
    Ein Teil jener Prophezeiung hatte sich hier in Ken-Tunys bereits e r füllt, aber Larkyen wollte niemals glauben, dass seine mühevollen Taten vergeblich sein würden. Doch für all jene Menschen, die vor ihm versucht hatten, diese Finsternis abz u wenden, war jedweder Kampf, jedweder Widerstand verge b lich gewesen. Die aufgeblähten Leichname der besiegten Streitmacht säumten eine weite Schneeebene, deutlich hoben sich die farbigen Banner der Bolwaren vom blu t getränkten Grund ab. Das also war aus den zehntausend Soldaten gewo r den, die von der bolwarischen Festung Wadis-Lafyr aufgebr o chen waren.
    Längst hatten die Strygarer das Totenheer erspäht, die ersten Schwärme flogen zum Angriff. Ihre weiten Schwingen fäche r ten den Gestank von Blut und Moder vor sich her. In der E r wartung eines weiteren Beuteschmauses stürzten sie sich in die Reihen des Tote n heers und besiegelten somit ihr Ende.
    Larkyen gab den Befehl zur Teilung des Heers, um die Haup t stadt von zwei Seiten aus anzugreifen. Angesichts eines solchen Feindes war eine solche Strategie mehr als tollkühn, aber wenn sich je ein Heer derlei Wagnissen aussetzen konnte, so war es das Heer der Toten. Sie würden bedingungslosen Gehorsam leisten und ausführen, was immer er verlangte. Es war sein Wille, die Strygarer zu vernichten und keine Gefang e nen zu machen.
    Larkyen erlebte aus der Ferne die Taten seines Totenheers mit, sie strömten einer

Weitere Kostenlose Bücher