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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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unaufhaltsamen Flut gleich durch die Tore der Hauptstadt. Ihre gleißenden Augen erhellten die Fin s ternis der blutüberschwemmten Straßen. Noch nie zuvor hatte Larkyen ein Heer dieser Größe mit derartiger Präzision und Schne l ligkeit kämpfen sehen. Ein jeder unter ihnen wusste über die Handlungen und Planungen seiner Waffenbrüder gena u estens Bescheid, kein Handgriff war vergebens, kein Angriff blieb e r folglos. In geradezu perfekter Koordination räumten sie die Straßen, erklommen die höchsten Mauern und Weh r türme, und keine noch so glatte Fassade war für sie ein Hindernis. Sie zertrümmerten Türen und Tore, um in die Häuser und Türme einzudringen. Selbst in den tiefsten Kellern und Verliesen und in den weitverzweigten Gängen der Kanalisation stöberten sie die Strygarer auf.
     
    Patryous wurde bereits ungeduldig: „Wir verpassen das meiste der Schlacht, wenn wir hier verweilen“, sagte sie zu Larkyen. „Will der neue König nicht an der Seite seiner Truppen käm p fen?“
    Larkyen lachte. Gemeinsam ritten sie los.
    Hinter den Toren der Stadt war es ruhiger geworden, man hörte nur das Knistern der Flammen und das gelegentliche Knirschen einstürzender Ruinen. Auf einem Marktplatz erspä h ten die beiden Unsterblichen sieben frisch verwandelte Stryg a rer, die dem Angriff des T o tenheers bisher entgangen waren.
    „Es ist Zeit, unseren Hunger zu stillen“, flüsterte Larkyen seiner Gefährtin zu und erntete das Lächeln eines Raubtiers. Leichtfüßig sprang Patryous aus dem Sattel und landete lautlos auf dem Boden. Anmutig bewegte sie sich auf die Strygarer zu. Im Angesicht der U n sterblichen wurden die Bestien zur Beute. Sie hatte schnell und durch bloße Berührungen getötet, ohne auch nur einen Tropfen Blut zu vergießen.
    „Lass mich dir geben, was ich von dir genommen habe“, sagte sie zu Larkyen. Noch immer war das raubtierartige L ä cheln nicht aus ihrem Gesicht gewichen. Sie küsste ihn und teilte die Lebenskraft der Be u te, so wie sie bereit war, alles mit ihm zu teilen. Wie im Auge eines Sturms schien die Zeit für die beiden Unsterblichen still zu stehen, während um sie herum noch i m mer der Kampf um die Hauptstadt tobte. Das Tosen der Schlacht, die Schreie, das Kreischen, alles rückte für den M o ment in weite Ferne, und ein Teil von Larkyen wünsc h te sich, es würde so bleiben. Aber die brennende Stadt Durial war kein Ort, an dem Wünsche erfüllt wurden. Nur wenige Atemzüge später holte ihn die Wirklichkeit ein, die sein Glück keinesfalls zu trüben vermochte.
     
    Beim Durchqueren einer angrenzenden Straße hörten sie die Schreie einer Frau. Sie folgten den Schreien bis zu einem Wehrturm. Glaubten sie zu Beginn noch, jemand rufe um Hi l fe, wurden sie beim N ä herkommen eines Besseren belehrt. Zwischen Mauersteinen und g e brochenen Holzbalken hatte sich eine Gruppe geflügelter Strygarer zusammengefunden; i h re Gestalten muteten wie die riesiger Fledermäuse an. In den Fratzen ihrer Gesichter spiegelte sich Begeisterung, die sich in einem lüsternen Hyänengrinsen entlud. Sie standen in einem weiten Kreis um eine am Boden liegende Strygarerfrau. Das Haar der Frau war verfilzt und verdeckte in langen Strähnen das G e sicht, ihre fledermausartigen Flügel waren zu voller Größe unter ihrem Rücken wie ein Tuch ausgebreitet und zuc k ten nervös, als wolle sie jeden Moment in den Himmel empo r steigen. Sie war völlig nackt, ihr Bauch war aufgebläht wie der einer Schwangeren, und unter der gespannten Haut zeichneten sich deutliche Bewegungen ab. Fast drohte ihr Bauch zu pla t zen. Die Strygarerfrau rief ihren Zuschauern mit heiserer Stimme zu: „Ein weiterer Fortschritt für uns!“ Und ihre Flügel umschlossen krampfartig ihren schmutzigen Oberkörper, die Haut des Bauches sackte urplötzlich ein, zwischen ihren Be i nen e r goss sich eine Lache Blut, und der bleiche Leib eines Kleinkindes kam ans Licht. Es war ein Junge, er zappelte wie ein Fisch, seine Zähne waren bereits spitz und funkelten, die Augen waren die eines Strygarers. Das Kind veränderte sich, es wuchs rasend schnell heran, seine Haut riss auf wie der Stoff zu enger Kleider und fiel an ihm herab. Längst hatte sich da r unter neue Haut gebildet, die sich ebenfalls unter dem Wach s tum von Knochen, Muskeln und Organen wieder dehnte, bis sie ebenfalls zerriss. Der Strygar musste diese Prozedur noch mehrmals ertragen, bis er sich zur Größe eines erwachsenen Mannes erhob. Am Rücken

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