Totenheer (German Edition)
nicht so enden müssen“, flüsterte Larkyen.
„Das Gesetz der Wölfe gilt bedingungslos“, keuchte Wul f gar. „Du bist der neue König von Kentar.“
„Du hättest den Ländern des Westens helfen können. Du hättest gegen die Finsternis ankämpfen können, anstatt eine neue heraufz u beschwören.“
„Ich konnte nicht anders als so zu handeln wie ich es Zeit me i nes Lebens tat. Es ist wie ein Feuer, das in mir brennt, das Feuer des Krieges, das Begehren zu kämpfen und zu erobern, die Todesschreie meiner Feinde zu hören und ihr Reich dem Erboden gleichzum a chen.“
„Ich weiß“, sagte Larkyen. „Ich fühle es manchmal auch in mir. Es ist der Geist Nordars, der Krieg liegt uns im Blut. Doch wir können selbst entscheiden, wann wir diesem Verlangen nachgeben. Deine Tat bist du!“
„Und ich habe meine Taten genossen“, knurrte Wulfgar. „Ich habe alle meine Taten genossen, es gibt keine Reue, kein B e dauern. Leben ist Krieg, Krieg ist Leben.“
„Dein Krieg ist endlich vorbei, ruhe in Frieden.“
Wulfgar schloss seine Augen, und mit einem letzten Ate m zug wich all der Grimm aus seinem Antlitz. Und er, der den Gefallenen seines Volkes einst durch den ewigen Schwur die letzte Ruhe verwehrt ha t te, fand seinen Frieden im Tod.
Larkyen, der neue König von Kentar, erhob sich, und er war zufrieden. Er war nicht nur als Unsterblicher in den Westen gekommen, sondern auch als ein Suchender, wenngleich er nicht das ursprün g lich Erhoffte gefunden hatte. Er erinnerte sich an die Worte eines alten Schamanen im Land Majunay, dem er einst begegnet war und der trotz seiner Sterblichkeit mehr Erkenntnisse erlangt hatte als die meisten anderen Me n schen.
Ergreife die Gelegenheit. Großes erwartet dich, wenn du groß sein willst. Durch den Willen zur Macht wirst du Macht erla n gen, und durch den Willen zu ringen wirst du deine Ziele erreichen. Dann wird dich eines Tages ein Königreich erwa r ten!
Damals, in jenen Tagen, war Larkyen zu Gast an einem Ort gewesen, der soviel Ruhe und Frieden versprochen hatte, wie er es seitdem niemals wieder erlebt hatte. In der Hütte des Schamanen Ojun hatte zumeist Schweigen geherrscht, aber wann immer Ojun gesprochen hatte, lag eine unergründliche Weisheit in seinen Worten, manchmal die eines Kindes, das nie die Freude und Unbeschwertheit im Leben verlieren wollte, manchmal auch die eines Mannes, der Schrecken und Ung e rechtigkeiten hatte kennen lernen müssen.
Hier und jetzt erschien Larkyen die Hütte des Schamanen als Teil einer anderen Welt, einer anderen Epoche. Eine Ep o che, an die nur noch jene Worte erinnerten. Auch die Ruhe und der Frieden waren gleichermaßen fern und würden es auch bleiben.
Der König blickte zu den Geistern, die sich im Dunkel der Nacht in der umliegenden Landschaft abzeichneten. Wie die Sterne des Hi m mels glühten ihre Augen, und ihre Stimmen drangen an sein Ohr, diesmal nicht als Wispern, sondern klar und deutlich und voller Kraft.
„Wie lauten die Befehle des neuen Königs?“
Ohne die Bedrohung durch die Strygarer hätte sich Larkyen dafür entschieden, den Geistern endlich Frieden zu schenken, doch nun wurde das Totenheer nötiger gebraucht, als jemals zuvor.
„Im Morgengrauen ziehen wir in den Krieg!“
Kapitel 11 – Totenheer
Es dauerte ungewöhnlich lange, bis Patryous’ Selbstheilung s kräfte eine sichtbare Wirkung zeigten. Sie kam einer Verjü n gung gleich. Die Falten verschwanden, und die Haut straffte sich, Muskeln wuchsen und verliehen der Unsterblichen ihre drahtige Statur zurück. Ihr langes Haar wurde tiefschwarz und bekam wieder seinen seidigen Glanz. Und ihr Gesicht sah so schön und gebieterisch aus wie in all den Jahrhunderten zuvor. Aber als sie ihre Lider aufschlug, waren ihre Raubtieraugen noch immer ohne Glanz.
„Wir sind wieder vereint“, sagte Larkyen. „Es war ein la n ger Weg.“
Patryous seufzte, sie sah sich um, erblickte die Leichname von Wulfgar und Wothar. Für einen Moment spiegelte ihre Miene Enttäuschung wider und den Wunsch, die beiden Kent a ren selbst getötet zu haben.
„Um mich aus der Gefangenschaft des Totenheers zu befre i en, warst du bereit, ein großes Wagnis einzugehen, ein viel zu gr o ßes Wagnis. Das hättest du niemals tun dürfen. Dein Erfolg stand auf Messers Schneide. Der Abkömmling Tarynaars hätte viel Unheil über den Westen bringen können.“
„Und doch tat ich es, für dich, für uns.“
„Ich weiß, und bin dir sehr dankbar,
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