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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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spreizten sich fledermausartige Flügel weit auseinander.
    Aus dem Kreis der Beobachter trat ein männlicher Strygarer auf den Neugeborenen zu und rief mit feierlicher Stimme: „Willkommen, mein Sohn! Willkommen in einer Welt der Fi n sternis und des Blutes. Du bist der erste von vielen, die als reinblütige Strygarer zur Welt kommen werden.“ 
    Der Sohn öffnete seinen Mund, aber keine Laute, die der menschlichen Sprache ähnelten, drangen daraus hervor, so n dern nur jenes h o he Kreischen, dass wie so oft schon die Stille dieser Stadt zerrissen hatte.
    „Sie vermehren sich nicht mehr nur durch Bisse“, flüsterte Larkyen, eher zu sich selbst sprechend, um diese Tatsache leichter begreifen zu können. Und er fragte sich, ob diese Kre a turen so etwas wie Liebe kannten. Die Strygarer entwickelten sich immer weiter, und der bl o ße Gedanke daran, wie sehr sie sich noch verändern würden, war von grenzenlosem Entsetzen geprägt. Für die Strygarer war es ein Wunder des Lebens, ein freudiges Ereignis, dass unter Ungeheuern gefe i ert wurde, für Larkyen hingegen war es ein weiteres Gräuel. Und auf seinen Befehl hin machten die Geister des Totenheers mit rostigen Schwertern und Äxten diesem Gräuel ein Ende.
    „Wenn sich erst alle Strygarer wie Menschen vermehren können, dann glaube ich nicht, dass wir ihr Fortbestehen in der Welt daue r haft verhindern können“, meinte Patryous. „Sie vermehren sich, während unsere Zahl geringer wird. Irgen d wann werden sie ein fester Bestandteil der Welt sein, so wie andere Völker.“
    „Strygarer werden nie wie andere Völker sein, ihre Blutgier kennt keine Grenzen. Wir Söhne und Töchter der schwarzen Sonne versündigten uns einst an der Welt, indem wir uns zu weit ausbreiteten und unserem Hunger nach Lebenskraft freien Lauf ließen. Wir en t völkerten ganze Landstriche, so wie es die Strygarer auch getan haben und wieder tun werden. Doch hie l ten wir im richtigen Moment inne und gaben der Welt genug Zeit, sich zu erholen. Nur werden diese Kreaturen nicht so ei n sichtig sein wie wir.“
    „Ich traue ihnen diese Einsicht ebenso wenig zu. Wir U n sterblichen zogen unsere Lehren aus der Vergangenheit. Und manchmal scheint mir, wir wären die einzigen, die aus der G e schichte lernen. Auch die Menschen werden zu einem Problem, viele von ihnen paktieren b e reits mit den Strygarern. Das Gleichgewicht in der Welt ist gestört, es gibt mehr Jäger als Beute.“
    „Es liegt an uns beiden, eine Lösung zu finden. Wir kamen nach Ken-Tunys, um die Gefahr zu bannen, und auch wenn wir allein sind, ohne die Unterstützung der Kyaslaner, dürfen wir nicht ve r zweifeln.“
    In jenem Moment hätte Larkyen es nicht für möglich geha l ten, welche Gefahren tatsächlich in Durial heraufbeschworen wo r den waren und wie viel Verzweiflung für die Ken-Tunesen noch daraus hervo r gehen sollte.
     
    Larkyen hoffte, innerhalb des Königspalastes Einzelheiten über den Beginn der Ereignisse zu finden. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ein König Unheil über sein Volk heraufb e schworen hatte und sich deutliche Spuren davon in seinem Herrschaftssitz nachvollziehen ließen. Ein Thronsaal, ein k ö nigliches Gemach, ein Beratungssaal, all jene Plätze konnten Brutstätten von Zerstörung und Grausamkeit sein. Der Nächtl i che hatte Larkyen gegenüber zwar e r wähnt, dass sich auch die königliche Familie den Strygarern freiwillig angeschlossen h a be. Der Unsterbliche aber wünschte sich, es sei eine Lüge, denn der Palast war das am besten zu verteidigende Gebäude der ganzen Stadt. Möglicherweise hielten sich dort sogar noch Überlebende auf. Bisher jedoch waren sie auf keinen einzigen Menschen gestoßen, der den Strygarern hatte entkommen kö n nen.
    Der Königspalast war trotz Brandspuren und eines eing e stürzten Seitenflügels noch immer ein imposantes Gebäude. Ein Tor führte in den Innenhof, dahinter erstreckte sich eine Allee aus Eichenbäumen. Die meisten waren bereits gefällt worden oder standen in Flammen.
    Hämisches Gelächter, wie dem Gekreisch von Krähe n schwärmen ähnelnd, hallte durch den Hof. Vorsichtig spähten die U n sterblichen durch ein offenes Fenster.
    Der Speisesaal war ein großer Raum, dessen Wände mit ede l sten Fellen und Holzschnitzereien verziert waren. Eine lange Tafel füllte die Mitte aus, zu beiden Seiten hin waren alle acht Stühle besetzt, nur am obersten Ende, wo der König zu sitzen pflegte, stand ein leerer Stuhl. Ihrer

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