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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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Anfang der Nachrichtensendung mitzukriegen. Gleichzeitig fuhr er seinen Laptop hoch und ging ins Internet.
    Die Fernsehnachrichten befassten sich ausschließlich mit Lincoln Bowe. Es gab Bilder von Madison Bowe, die mit einer Gruppe von Senatoren auf den Eingangsstufen vor ihrem Stadthaus stand und in die Kamera schwor, dass die Regierung die Mörder ihres Mannes ergreifen würde. Aufnahmen aus einem Hubschrauber wurden gezeigt, wie Bowes Leiche in einem schwarzen Sack aus dem Wald getragen wurde, sowie Bilder von Polizisten, die den Tatort untersuchten.
    Madison Bowe sagte, sie hätte keine Ahnung, weshalb ihr Mann umgebracht worden war, abgesehen von dem ständigen Konflikt mit den Watchmen in Virginia. »Er sah in ihnen ein Wiederaufleben des Ku-Klux-Klan«, erklärte sie vor der Kamera. »Eine Gruppe angeblich Freiwilliger, deren wahrer Zweck darin besteht, die Öffentlichkeit einzuschüchtern. Er hasste das, und er hat dagegen protestiert …«
    Sie sieht in Schwarz fantastisch aus, dachte Jake.
    Mit einem Auge auf dem Fernseher checkte er seine E-Mails. Ein Dutzend Nachrichten war eingegangen, alles Routinesachen. Er hatte seine Mailbox nicht mehr abgehört, seit Novatnys Anruf ihn zum Tatort hatte eilen lassen. Er hatte eine Nachricht von Madison Bowe: »Rufen Sie mich an. Bitte. Jederzeit vor Mitternacht.«
    Außerdem war etwa ein Dutzend Mal aufgelegt worden. Er runzelte die Stirn: Ein Dutzend Mal, das war zu oft. Er sah auf der »Missed-Calls«-Liste nach und stellte fest, dass die Anrufe alle vom selben Handy kamen. Er wählte die Nummer, doch das Telefon war ausgeschaltet.
    Er erwog, Madison anzurufen. Er und Danzig bewegten sich auf gefährlichem Terrain, denn alles, was sie taten, musste im
Hinblick auf ein mögliches Strafverfahren betrachtet werden. Andererseits arbeitete er ja mit dem FBI zusammen …
     
    Sie meldete sich beinahe sofort. »Ja?«
    »Jake Winter, Sie hatten um Rückruf gebeten.«
    »Sie wohnen doch ganz in meiner Nähe? Könnte ich vorbeikommen und mit Ihnen reden?«
    »Mrs. Bowe, die Lage hat sich verkompliziert«, erwiderte Jake.
    »Ich weiß. Ich habe mit Novatny gesprochen«, sagte sie. »Ich muss mit Ihnen reden. Die ganze Sache könnte mehr in Ihren Bereich fallen als in Novatnys.«
    »Die beiden Bereiche sind inzwischen fast identisch«, sagte Jake.
    »Also, kann ich nun kommen oder nicht?«, fragte sie.
     
    Während er auf sie wartete, zappte er durch die Nachrichtenkanäle. Sie hatten eigentlich keine wirklichen Nachrichten. Luftaufnahmen vom Tatort mit FBI-Fahrzeugen, die die schmale Straße verstopften, Madison Bowes Anschuldigungen aus der Sendung Washington Insider , aufgezeichnete Gespräche mit den letzten Personen, die Bowe lebend gesehen hatten – das alles lief in einer Endlosschleife, unterbrochen von Interviews mit prominenten Politikern und einigen konservativen Filmstars.
    Madison Bowe kam um kurz vor zwölf. Er hatte das rückwärtige Tor offen gelassen, und sie fuhr vorsichtig durch die Baustelle bis vor seine Garage. Er ließ sie an der Hintertür herein. Sie schlenderte gemächlich durch das Haus, begutachtete die Küche, berührte einen Tisch im Flur zum Wohnzimmer, blieb stehen, um ein Aquarell zu betrachten, und starrte auf die Nachrichtensprecherin von Fox auf dem Bildschirm in seinem Arbeitszimmer.

    »Die hat ja kaum was an«, sagte sie.
    »Irgendwann wird sie gar nichts mehr anhaben, wenn die Einschaltquoten von CNN weiter steigen«, sagte Jake. »Ich freue mich schon auf den Tag.«
    Im Wohnzimmer setzte sich Madison in einen Sessel neben dem Kamin. »Der heutige Tag …«
    »Ich kann es mir vorstellen.«
    »Ein Albtraum. Das ganze Haus voller Leute, die ich nicht mag. Die Medien, das FBI …«
    »Es ist das einzige Thema in den Nachrichten«, sagte Jake.
    »Ja.« Sie schauderte. »Doch irgendwo sieht Lincoln zu und lacht. Er wollte nicht als alter Mann mit Schläuchen in den Armen sterben. Er wollte etwas Spektakuläres. Er hat mir mal erzählt, falls er fünfundachtzig würde, würde er sich den schnellsten Porsche kaufen, den er kriegen kann, ihn auf zweihundert Meilen pro Stunde beschleunigen und gegen einen Brückenpfeiler rasen. Das Einzige, was ihm an der ganzen Geschichte missfallen hätte, ist, dass Goodman ihn überlebt hat. Er hätte die Vorstellung gehasst, dass es ihm nicht gelungen ist, Goodman zu stürzen.«
    »Sie klingen nicht gerade … nun ja …«
    »So niedergeschlagen, wie ich sein sollte? Tot ist tot. Ich hatte, ehrlich gesagt,

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