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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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damit gerechnet. Ich wusste, dass er nicht einfach abgehauen war.« Sie atmete heftig aus und rutschte noch ein Stück tiefer in den Sessel. Ihre Augen wirkten müde, und die Krähenfüße an den Ecken waren nicht zu übersehen. »Glauben Sie, dass dieser Schmidt meinen Mann getötet hat?«
    Er schwieg einen Augenblick, musterte sie forschend und sagte dann: »Ich weiß es nicht. Ich versuche nicht, der Frage auszuweichen, ich weiß es wirklich nicht.«
    »Sind die Watchmen in die Sache verwickelt?«
    Er dachte an die fünf Männer in Goodmans Salon. »Auch das weiß ich nicht. Im Augenblick bezweifle ich es eher.«

    Nun musterte sie ihn forschend. Schließlich sagte sie: »Ich glaube doch. In irgendeiner Weise sind sie in die Sache verwickelt.«
    »Das weiß ich nicht«, erwiderte er. »Ich weiß nur, dass die dort drüben zurzeit wie kopflose Hühner herumrennen. Ganz unter uns, ich kann Ihnen versichern, dass sich Goodman höchstpersönlich mitsamt seinen Topleuten den Kopf darüber zerbricht, was eigentlich passiert ist.«
    »Sie haben mit ihm gesprochen?«
    »Heute Abend, im Wohnsitz des Gouverneurs. Die sind beunruhigt. Sie glauben, dass eine Verschwörung gegen sie im Gange ist. Und sie glauben, dass Ihr Mann daran beteiligt war, und Sie vielleicht auch.«
    Sie schüttelte den Kopf, dann fragte sie: »Kann man hier spazieren gehen? Ist die Gegend sicher?«
    »Klar.«
    »Dann lassen Sie uns einen Spaziergang um den Block machen. Ich meine …« Sie wurde rot. »Wenn Ihr Bein …«
    »Mein Bein ist in Ordnung«, sagte er. »Ich hole nur meinen Stock.«
    Sie gingen die Stufen hinterm Haus hinunter, an Madisons Auto vorbei und durch die schmale Gasse, die zum Bürgersteig führte. »Irgendwas ist heute passiert«, sagte sie. »Vielleicht. Es ging alles so schnell, und alles ist ganz verschwommen.«
    »Was ist passiert?«
    »Lassen Sie mich einen Augenblick nachdenken …«
    Am Ende der Gasse waren sie nach links abgebogen. Das Eckhaus hatte eine altmodische Veranda, auf der ein Ehepaar auf einer Hollywoodschaukel saß. Als er das klopfende Geräusch von Jakes Stock hörte, rief der Mann: »Bist du das, Jake?«
    »Ja, ich mach einen kleinen Spaziergang. Wie geht’s?«
    »Alles ganz ruhig, wenn die einem nicht gerade die Straße
aufreißen. Diese verdammten Presslufthämmer kann man im ganzen Viertel hören.«
    »Die sollten in einer Woche fertig sein«, sagte Jake. »Dann ist mein Haus sehr viel mehr wert.«
    »Meins aber nicht«, erwiderte der Mann.
    »Da musst du durch, Harley«, sagte Jake. Die Frau lachte, und Jake und Madison setzten ihren Spaziergang fort.
    Als sie außer Hörweite des Paars auf der Veranda waren, erklärte Madison: »Das Folgende sage ich nur Ihnen, nicht dem FBI. Die Feds würden zwar behaupten, dass sie die Information für sich behalten, aber es würde undichte Stellen geben, Löcher wie in einem Schweizer Käse... Ich erzähle es Ihnen, weil Sie von der politischen Seite her kommen, aber trotzdem in einer Position sind, wo Sie vielleicht dafür sorgen können, dass Linc Gerechtigkeit widerfährt.«
    »Okay.«
    Sie gingen schweigend weiter, dann sagte sie: »Lincoln ist nicht – war nicht – hundertprozentig auf Frauen fixiert. In sexueller Hinsicht.«
    »Oh, verdammt«, sagte Jake und blieb abrupt stehen.
    »So was soll vorkommen, selbst bei US-Senatoren«, sagte Madison.
    »Es könnte für den Mord von Belang sein«, erwiderte Jake. »Es könnte sich um eine rein private Angelegenheit handeln. Wenn er derzeit eine Liebschaft hatte, besteht eine mehr als fünfzigprozentige Chance …«
    Sie standen sich gegenüber. Madison legte ihm eine Hand auf die Brust. »Schwul bedeutet nicht gewalttätig.«
    »Natürlich nicht. Aber wenn jemand ein geheimes Sexleben führt und plötzlich verschwindet, besteht normalerweise ein Zusammenhang. So ist das nun mal«, sagte er.
    »Spielen Sie jetzt den großen Kriminologen?«
    »Nein, aber ich lese Zeitung, verdammt noch mal.«

    »Wenn es so war, wird es herauskommen. Aber es war nicht so. Ich kenne einige von seinen Freunden, und das sind anständige Leute. Sie sind außerdem extrem zurückhaltend und sehr kultiviert. Die würden niemals jemanden wegen einer Untreue umbringen.«
    »Da können Sie sich nicht sicher sein«, widersprach Jake. »Es braucht nur ein Verrückter darunter zu sein.«
    »Das ist aber nicht der Fall«, sagte sie. Sie klang sehr bestimmt.
    »Ja, aber …« Sie wandten sich beide ab und gingen weiter. »Wenn er schwul war,

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