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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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warum …« Er machte eine ausholende Geste in Richtung Madison.
    »Warum er eine Frau geheiratet hat? Weil er eine politische Karriere anstrebte. Seine gesamte Familie war auf die eine oder andere Weise in der Politik, und ein konservativer republikanischer Schwuler würde im Staat Virginia nicht gewählt werden.«
    »Das wollte ich gar nicht fragen. Warum haben Sie ihn geheiratet?«
    Er sah, wie sie ihr Gesicht von ihm abwandte und eine Hand auf ihre Wange legte. Nach kurzem Zögern sagte sie: »Ich war mir über seine … sexuelle Orientierung nicht so ganz im Klaren, als wir geheiratet haben. Außerdem hatte ich die Nase voll davon, mich für dumm verkaufen zu lassen. Besonders von Männern. Ich hatte eine längere Beziehung, die nicht funktioniert hat, dann hatte ich ein paar kleinere Affären und schließlich … Ich hatte es satt, dass mir Männer hinterherliefen, die mehr an meinem Arsch interessiert waren als an mir. Dann kam Lincoln. Er war klug, gutaussehend, mächtig, er war reich, und er war dominant . Meine Mutter hat gespürt, dass er schwul war, hat einige Andeutungen gemacht, bevor wir heirateten, aber er hatte eigentlich keine Potenzprobleme. Wir sind im Bett miteinander ausgekommen.«

    »Und …?«
    »Nachdem wir verheiratet waren, ließ das sexuelle Verlangen einfach nach«, sagte sie. »Dann merkte ich, dass er andere Beziehungen hatte. Meist gab es einen Assistenten oder einen politischen Verbündeten, den er ein bisschen zu sehr mochte, mit dem er zu viel Zeit verbrachte. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich nicht so außer mir bin, wie ich das eigentlich sein sollte. Linc war eher so was wie ein Lieblingsonkel. Wir haben seit Jahren nicht mehr miteinander geschlafen. So lief unsere Beziehung nicht.«
    »Und was machen wir mit dieser Geschichte?«, fragte Jake.
    »Nun ja, wenn es herauskommt, möchte ich, dass es auf eine zivilisierte Weise bekannt wird. Nicht irgendwie durch eine Indiskretion durchsickert. Nicht mit all den üblichen Dementis … Ich weiß es nicht. Es scheint nicht gerade eine Sache zu sein, die man einfach verkündet … Ich hatte gehofft, Sie könnten mir helfen.«
    »Oje.«
    »Ein früherer französischer Präsident hatte eine langjährige Geliebte. Alle wussten das, sogar seine Frau. Man hat die Geliebte zu seiner Beerdigung eingeladen, und die Öffentlichkeit fand das cool … vielleicht ist so etwas bei Linc auch möglich.«
    »Nein, weil Linc ermordet wurde. Seine Leiche wurde auf äußerst spektakuläre Weise verbrannt. Wenn das rauskommt … oh Mann.«
    »Linc hatte vor Jahren mal einen Liebhaber, etwa ein Jahr lang oder so. Dann beendeten sie ihre sexuelle Beziehung und wurden enge Freunde, beinahe wie Brüder. Sein Name ist Howard Barber. Er ist ein tougher Bursche, ein Irak-Veteran, und er ist sehr erfolgreich. Er hat eine Firma gegründet, die Elektronik ans Militär verkauft. Er ist heute Nachmittag vorbeigekommen, nachdem ich das mit Linc erfahren hatte. Er hat
gesagt, es würde herauskommen. Es gäbe keine Möglichkeit, es geheim zu halten. Er hofft nur, irgendeine Möglichkeit zu finden … Sie wissen schon.«
    »Zivilisiert damit umzugehen.«
    »Ja.«
    »Das ist kein sehr zivilisiertes Land, wenn es um solche Dinge geht«, sagte Jake. Dann revidierte er seine Äußerung. »Das heißt, das Land ist eigentlich schon zivilisiert, nur die Medien sind es nicht.«
     
    Sie gingen einige Schritte weiter, dann fragte sie: »Können Sie denn irgendetwas tun?«
    »Lassen Sie mich darüber nachdenken. Ich muss mit Barber reden.«
    »Selbstverständlich.«
    »Und Sie vertrauen ihm?«
    Sie zögerte, dann sagte sie: »Ja.« Jake registrierte ihr Zögern. »Sie vertrauen ihm nicht . Das konnte ich hören.«
    »Doch, ich vertraue ihm … beziehungsweise, ich habe ihm vertraut.« Sie hielt inne und fügte dann hinzu: »Als er heute vorbeikam, sah er mich merkwürdig an. Er wollte mir auf den Zahn fühlen. Er redete immer weiter über die Watchmen, und dabei beobachtete er mich. Er wollte sehen, wie ich reagiere.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen.«
    »Ich hatte das Gefühl – es war nichts weiter als ein Gefühl -, dass er mehr weiß als ich, dass er vielleicht weiß, was passiert ist. Er fühlte mir auf den Zahn, um festzustellen, was man mir erzählt hatte. Um zu erfahren, in welche Richtung die Ermittlungen gehen. Und irgendwie versuchte er, meinen Zorn anzustacheln, mich gegen die Watchmen aufzuhetzen.«
    »Das ist nicht gut«, sagte

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