Totenklage
exklusiven Mitgliedern. Irgendwie bin ich besser mit den anderen ausgekommen, als ich noch Uniform getragen habe. Wahrscheinlich, weil man da weniger Möglichkeiten hat, seine Persönlichkeit auszudrücken.
Davis nimmt meine Anwesenheit mit einem Nicken zur Kenntnis, da er mitten in einem erhitzten Gespräch mit seinen Kumpels ist. Es geht das Gerücht um, dass es aufgrund des gekürzten Budgets bis auf weiteres keine Beförderungen geben wird, nicht von DS zu DI , nicht von DC zu DS .
» Mehr Arbeit, weniger Geld. Ist doch immer dieselbe beschissene Leier, oder?«
Soweit Jim Davis’ Urteil. Ich persönlich glaube ja nicht, dass dieser Beförderungsstopp Davis’ Karriere allzu sehr beeinträchtigen wird, aber das behalte ich natürlich für mich. Er hat jetzt seinen Kaffee und wird seine gelben Zähne einem weiteren Koffeinbad aussetzen. Da ich mir das nicht unbedingt ansehen will, drücke ich mich an ihm vorbei. Einer seiner Kumpel flüstert etwas – möglicherweise hat es mit mir zu tun –, und ich bekomme Davis’ Antwort noch mit: ein zynisches Har-har-har, begleitet von entrüstetem Kopfschütteln.
Die lieben Kollegen.
Inzwischen ist der Raum brechend voll. Hughes und Jackson spulen ihr quasireligiöses Anfangsritual ab, und die Gespräche verstummen.
Jackson kommt unmittelbar auf die DNA -Analyse zu sprechen. Das Labor hat über einhundert Spuren untersucht, die am Tatort gefunden wurden. Darunter waren zweiunddreißig brauchbare Proben, die sich sieben verschiedenen Personen zuordnen lassen. Zwei davon sind Janet und April.
Jackson unterbricht seinen Vortrag einen Moment, um die ganze Sache spannender zu machen, dann verkündet er die Neuigkeiten.
» Von diesen fünf Personen sind vier in unserer Datenbank registriert. Das bedeutet, dass diese vier Personen zweifellos dort anwesend waren. Allerdings wissen wir nicht, wann oder weshalb. Aber zumindest haben wir jetzt die Handhabe, sie danach zu fragen.«
Die Besprechung geht weiter. Die vier Personen sind Tony Leonard, achtunddreißig. Drogenabhängig. Ein kleiner Dealer – daher sein Eintrag in der Datenbank. Keine Hinweise auf Zuhälterei. Die betreffende DNA -Probe stammt von einem einzelnen Haar, das auf dem schmutzigen Velourssofa im Wohnzimmer gefunden wurde.
Dann Karol Sikorsky. Vierundvierzig. War vor drei Jahren wegen Benutzung von illegalen Schusswaffennachbauten angeklagt. Die Staatsanwaltschaft vermasselte den Fall allerdings, da die Beweise nicht ordnungsgemäß eingereicht wurden. Deshalb wurde er nur wegen Körperverletzung, nicht aber wegen illegalem Waffenbesitz angeklagt und verurteilt. Er ist gebürtiger Russe, hat jedoch einen polnischen Pass und konnte deshalb nicht abgeschoben werden. Die Sitte vermutet, dass Sikorsky beim Drogenhandel, der Zuhälterei und möglicherweise sogar bei Schutzgelderpressung mitmischt. Auf einem Glas in der Küche fand sich eine Speichelprobe minderer Qualität. Eine viel bessere DNA -Spur – die auch vor Gericht Bestand hätte – wurde auf einem Nagel im Rahmen der Wohnzimmertür entdeckt. Sikorsky muss sich daran die Haut aufgerissen haben, als er sich gegen die Tür gelehnt hat, wobei genug Gewebe hängen blieb, um seine Anwesenheit zweifelsfrei feststellen zu können. » Hervorragende forensische Arbeit«, kommentiert Jackson. » Den Nagel zu entdecken, ihn zu untersuchen und die DNA -Probe abzunehmen – brillant.« Wir applaudieren dem nicht anwesenden Spurensicherer.
Conway Lloyd, einunddreißig. Anfang zwanzig wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet. Keine Anklage, doch seine DNA wird seitdem in unserer Datenbank gespeichert. Besten Dank, Big Brother, Grundrechte sind sowieso überbewertet. Ein großer Spermafleck auf der Matratze im ersten Stock. Haare. Speichel. Weitere Spermaspuren auf dem Teppich im Wohnzimmer. Nicht besonders reinlich, der gute Conway. Seine Mam liebt ihn sicher trotzdem.
Rhys Vaughan, einundzwanzig. Könnte Lloyds Zwilling sein. Spermaspuren an vier verschiedenen Orten, darunter – man glaubt es nicht – in einem verknoteten Kondom in einem kleinen Porzellanaschenbecher neben der Matratze. Nett. Zusätzlich noch Speichel und Haare.
» Außerdem«, sagt Jackson und hebt die Hand, um uns zum Schweigen zu bringen, » haben uns die vorhandenen Fingerabdrücke einen weiteren Namen geliefert. Wir hatten die vorläufigen Ergebnisse zwar schon gestern Abend vorliegen, wollten aber die DNA -Analyse abwarten, um das weitere Vorgehen besser planen zu
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