Totenklage
können.«
Dieser weitere Name lautet Stacey Edwards. Dreiunddreißig. In ihren Zwanzigern mehrere Male wegen Straßenprostitution verurteilt. Insgesamt ist sie fünfmal bei den Kollegen von der Sitte auffällig geworden. Man nimmt an, dass sie immer noch aktiv ist. Ihre Fingerabdrücke waren über das ganze Erdgeschoss verteilt. » Einschließlich«, sagt Jackson, » an einem Gegenstand, bei dem wir uns gar keine Hoffnungen gemacht haben.« Eine Kunstpause. » Einer Spülbürste.« Gelächter und vereinzelter schleimerischer Applaus.
» Also«, fährt er fort, » kommen wir zum weiteren Vorgehen.«
Jackson ist ein helles Köpfchen. Wir könnten natürlich direkt auf die identifizierten Personen losgehen und versuchen, mit der Brechstange ein Geständnis aus ihnen herauszupressen. Das Problem dabei ist, dass derjenige, der das Haus in der Absicht betreten hat, zwei Morde zu begehen, höchstwahrscheinlich gewisse Vorkehrungen getroffen hat. Selbst wenn die Morde gar nicht geplant waren – und die Verwendung eines Spülbeckens als Mordwaffe lässt auf eine eher rudimentäre Planung schließen, um es mal vorsichtig auszudrücken –, so tut heutzutage jeder halbwegs kompetente Mörder sein Möglichstes, um sich gegen die modernen Techniken der Spurensicherung abzusichern. Was unser Mörder ja auch tatsächlich getan hat. Auf dem Spülbecken fand sich nicht ein Fingerabdruck, obwohl sie auf der Keramikoberfläche besonders gut zu sehen wären.
Vaughan und Lloyd dagegen haben überhaupt keine Vorkehrungen getroffen. Stacey Edwards auch nicht. Nur Leonard könnte möglicherweise versucht haben, seine Spuren zu verwischen, aber ich nehme mal stark an, dass Jackson ihn nicht für den Täter hält. Von allen ist Sikorsky der Einzige, der als Mörder oder zumindest als Komplize in Frage kommt. Der Hauptverdächtige.
Jacksons Schlussfolgerung – die sich mit meiner deckt – ist, dass wir zumindest vier der fünf Personen mit Samthandschuhen anfassen und sie nicht als Mörder, sondern als Zeugen behandeln sollten. Als Informationsquellen. Sicher, ein bisschen Herumschubsen gehört dazu, aber nicht diejenigen Verhörtechniken, in denen Brian Penry zu seinen besten Zeiten höchstwahrscheinlich ein Meister war. Jackson verteilt die Aufgaben, und Hughes schreibt die geplanten Aktivitäten auf die Anschlagtafel.
Der Besprechungsraum leert sich. Ich eile nach vorne, um Jackson abzufangen. Ich bin nicht die Erste in der Schlange, doch ich bleibe hartnäckig. Als er sich einen Weg durch die Menge bahnt, folge ich ihm und betrete in seinem Kielwasser das Büro.
Ich hatte eigentlich eine joviale Einleitung vorbereitet, aber der Boss sieht nicht so aus, als wäre er zum Scherzen aufgelegt. Seine Art, » Ja?« zu sagen, nimmt mir ein bisschen den Wind aus den Segeln. Daher entscheide ich mich für einen anderen Ansatz.
» Stacey Edwards, Sir. Wenn ich mich da irgendwie nützlich machen kann …«
» Fiona, darum kümmert sich bereits Jane Alexander. Sie arbeitet mit …« – er konsultiert seine Notizen – » Davis. Die beiden haben eine Menge Erfahrung mit solchen Dingen. Und Jane Alexander ist eine Frau – falls Ihnen das noch nicht aufgefallen ist –, also bringt sie auch die nötige weibliche Intuition mit.«
Da fällt mir jetzt kein Gegenargument ein. Doch ich will bei dieser Ermittlung unbedingt dabei sein. Warum dieses Verlangen so stark ist, weiß ich auch nicht. Ich versuche es noch mal. » Sir, wenn Sie eine Prostituierte wären, vielleicht sogar eine Freundin von Janet Mancini, und Angst vor der Polizei hätten und dazu im Besitz entscheidender Beweise wären, würden Sie lieber mit Jane und mir oder mit Jane und Jim Davis reden? Diese Mädchen sind …«
» Frauen. Das sind keine Mädchen.«
» Sir, ich weiß nicht, warum mir dieser Fall so viel bedeutet. Aber ich will dazu beitragen. Unbedingt.«
» Aber Sie tragen doch dazu bei. Indem Sie das tun, was man Ihnen gesagt hat. Das ist Ihre Aufgabe.«
» Ich weiß. Ich …«
Ich weiß nicht, was ich sagen soll, also sage ich nichts und stehe nur da.
Was aber irgendwie den gewünschten Effekt erzielt. » Wie weit sind Sie mit dieser Penry-Sache?«
Ich setze ihn schnell ins Bild. Er hört mit halbem Ohr zu und nutzt seine übrige Aufmerksamkeit, um meine Berichte in Groove zu überfliegen. Ich bin mit der Sozialamtsakte viel weiter, als er es erwartet hätte. Er ist sichtlich beeindruckt. Penrys andere Pferde, die mysteriösen SMS oder die Unterhaltung mit
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