Totenklage
Keighley lasse ich unerwähnt. Ich halte alles so unkompliziert wie möglich. So, wie es die gute DC Griffiths tun würde. Höchstwahrscheinlich.
Er wendet sich vom Bildschirm ab und schiebt die Tastatur mit einer verärgerten Fingerbewegung von sich. Dann geht er zur Tür und ruft nach Davis und Alexander. Sie sind gerade irgendwo anders, und andere Untergebene beeilen sich, ihnen Bescheid zu geben.
Er setzt sich wieder. » Wenn Sie das vermasseln, sitzen Sie so richtig in der Scheiße, und Sie werden nie wieder einen derartigen Auftrag von mir bekommen.«
» Jawohl, Sir.«
» Ich werde Jane Alexander um einen detaillierten Bericht über Ihr Verhalten Stacey Edwards gegenüber bitten. Alexander stellt die Fragen. Sie machen die Notizen. Sie trifft die Entscheidungen. Sie holen Tee.«
» Jawohl, Sir.«
Er funkelt mich ein paar Sekunden lang unter seinen buschigen Augenbrauen an.
» Dafür haben Sie sicher ein paar Überstunden gemacht«, sagt er und deutet auf den Bildschirm.
Ich nicke. Ein weiteres » Jawohl, Sir« wäre zu viel für meinen leidgeprüften Unterordnungsmuskel, und ich gönne ihm eine Pause.
Unser Gespräch wird von Davis und Alexander unterbrochen, die in der Tür erscheinen.
» Kommt rein. Jim, wir werden ein rein weibliches Team auf Edwards ansetzen. Jane, Sie übernehmen die Führung. Fiona wird Sie unterstützen. Jim, Sie holen sich bei Ken Hughes einen neuen Auftrag. Alles klar? Okay, dann legt los. Raus hier.«
Als wir das Büro verlassen, wirft mir Davis einen der finstersten Blicke zu, die ich je gesehen habe. Während er losstapft, um Hughes zu suchen, murmelt er etwas. Das einzige Wort, das ich verstehe, ist » beschissene«. Keine Frage, diesmal war ich gemeint. Davis hat mitbekommen, dass ich ihn aus einer Schlüsselaufgabe in diesem Fall verdrängt habe – ob das Jackson wohl absichtlich arrangiert hat?
Jane starrt Davis hinterher. Offenkundig ist sie von der Heftigkeit seiner Reaktion überrascht. Als sie sich mir zuwendet, beeilt sie sich, ein freundlich-kompetentes Gesicht zu machen. Die perfekte Vorgesetzte. Aber in der kurzen Zeit zwischen dem Schock über Davis’ Feindseligkeit und der Neuausrichtung ihrer Miene verriet ihr Gesichtsausdruck noch etwas anderes. Eine winzige Gefühlsregung, die zu schnell wieder verschwunden war, als dass ich sie richtig hätte einordnen können. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass sie nicht besonders begeistert davon ist, mich als Partnerin zu haben. Na toll. Genau das wollte ich erreichen.
» Gehen wir und …«
Sie deutet an, dass wir uns an ihrem Schreibtisch weiter unterhalten sollen. Einzelbüros haben wir ja nicht.
» Jawohl, Ma’am«. Ich versuche, das » Ma’am« locker und lustig und gleichzeitig respektvoll und ehrlich rüberzubringen. Ich weiß nicht, ob mir das gelingt, sie vergibt ja schließlich keine Haltungsnoten.
Dann sitzen wir an ihrem Schreibtisch – sie auf ihrem Bürosessel, ich auf einem Stuhl gegenüber. » Soll ich ein paar Fragen vorbereiten? Mal sehen, ob ich über Edwards Material zusammentragen kann?«
Darauf wäre sie nicht gekommen. Jim Davis wäre die ganze Sache sicher anders angegangen.
» Material? Glaubst du, da gibt’s Material?«
» Sie ist fünfmal bei der Sitte auffällig geworden, da kennt sie bestimmt jemand näher. Vielleicht hat sie auch jemanden von StreetSafe kontaktiert – diese Hilfsorganisation, die sich um die Prostituierten kümmert. Die helfen uns sicher, wenn wir ihnen klarmachen, dass Edwards keine Verdächtige ist.«
» Okay, aber es ist schon Freitagnachmittag. Wir müssen uns beeilen. Jackson wird …«
» Dann gehe ich gleich die Akten der Sitte durch. Heute Abend könnte ich mit den StreetSafe-Leuten reden – die arbeiten ja sowieso nur nachts. Später kann ich dann noch meine Notizen zusammenschreiben und sie morgen früh mit der Sitte abgleichen. Morgen Mittag sind wir dann einigermaßen vorbereitet, um mit Edwards zu reden. Vorher brauchen wir es sowieso nicht zu versuchen.«
Alexander hebt ihre Augenbrauen zu einem » Warum?«.
» Weil sie eine Nutte ist. Die arbeiten doch nachts, oder? Wahrscheinlich ist mittags noch zu früh.«
Alexander hört mir mit einer Mischung aus Erstaunen und Belustigung zu.
» Bist du immer so?«, fragt sie.
» Wie denn?« Habe ich jetzt schon Scheiße gebaut? Wenn ja, dann ist das ein neuer Geschwindigkeitsrekord. Ich setze eine demütige und ängstliche Miene auf, und genauso fühle ich mich auch.
» Na ja, so
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