Totenkönig (German Edition)
„Komm Zaira, lassen wir alte Freunde allein, sie haben sich viel zu erzählen.“
Noch einmal sah Zaira ihren Vater und Larkyen an, dann ließ sie sich von Patryous zu den anderen Majunay geleiten.
„Auf eine Unsterbliche hört sie eher als auf mich“, murrte Khorgo. „Oh, manchmal ist Zaira so dickköpfig.“
„Sie erinnert mich an dich.“ Larkyen lachte, Khorgo stimmte in das Lachen ein, verstummte jedoch gleich wieder und sah seiner Tochter kurz nach.
„Zaira ist eine tapfere Frau“, sagte der Majunay. „Sie hat viel durchmachen müssen. Sie lebte lange Zeit mit ihrem Mann in Dakkai, musst du wissen, doch die Hauptstadt Majunays veränderte sich, je mehr Macht Sandokar an sich riss. Heute ist es ein Heerlager, das Geräusch schwerer Schmiedehämmer hallt Tag und Nacht durch die Straßen. Zairas Gemahl war ein Kaufmann, doch er wurde eingezogen, um seinen Kriegsdienst zu leisten. Er fiel irgendwo in der Wüste Zhymaras. Sie erfuhr von seinem Tod, kurz bevor ich nach Dakkai kam. Der Verlust brach ihr das Herz.“
„Doch sie besitzt auch die Stärke ihres Vaters“, fügte Larkyen hinzu.
Khorgo nickte und sagte: „Sie hatte viele Tage Zeit, um über ihren Verlust hinwegzukommen, doch so etwas braucht Zeit, das wissen wir alle. Sie gibt sich hart und unbekümmert bei Tag, aber manchmal im Schlaf höre ich sie schluchzen. Sie will nicht darüber sprechen, mit niemandem.“
„Die Zeit wird kommen, in der sie bereit ist, ihren Schmerz zu teilen. Und wenn es soweit ist, dann beginnt ein neues Kapitel ihres L ebens.“
„Es ist hart für einen Vater, die eigene Tochter so leiden zu sehen. Ich wünsche ihr, dass sie eines Tages eine neue Liebe finden wird, sie ist noch so jung. So viel liegt noch vor ihr.“
„Es wird so geschehen, mein Freund. In einem Herz voller Stärke ist auch genug Platz für Liebe.“
„Aye, so wie in deinem Herz.“ Der Majunay lächelte. „Ich sehe de ine Liebe zu Patryous.“
„Deine Augen sehen gut.“
„Ich mag zwar alt sein, aber blind bin ich noch lange nicht.“
„Mein Freund, erzähle mir nun, wie es dir ergangen ist, seitdem sich unsere Wege trennten. Ich will erfahren, wie das Leben zu dir war.“
„Der Krieg nimmt seinen Lauf“, seufzte Khorgo. „Die Freiheit, der Frieden, alles ist fort. Majunay gleicht einem Heerlager. Durch die Steppe reiten Soldaten. Sie wollten dass ich für sie kämpfe, dass ich für meine Heimat kämpfe, wie einst. Aber der Krieg gegen Zhymara ist nicht derselbe wie damals. Als ich noch Soldat war, erhoben wir die Waffen, um uns zu verteidigen, aber Sandokars Feldzug im Süden dient nur seiner persönlichen Machtgewinnung. Und die Verbrechen, von denen man sich erzählt, widern mich an. Unsere Truppen plündern und brandschatzen im Süden, sie vergewaltigen die Frauen, töten die Männer, versklaven die Kinder. Diesen Krieg kann ich nicht unterstützen, niemals. Sandokar hat unser Volk in das verwandelt, was wir einst zu bekämpfen versuchten. Deshalb bin ich geflüchtet und nahm meine Tochter mit.“
„Vielleicht hätte ich damals länger bei euch bleiben sollen. Mö glicherweise hätte ich etwas ausrichten können.“
„Du bist deinen Weg gegangen, das musstest du. Und es war gut, dass wir getrennte Wege gingen. Als wir uns das erste Mal begegn eten, wusste ich noch nicht, wer und was du bist. Ich brauchte Zeit, um zu begreifen, dass du eine Gottheit bist. Ich fürchtete mich vor dir, vor deiner Macht, vor dem, was du vollbringen kannst. Du bist mächtig genug, um alte Welten zu zerstören und neue zu erschaffen. Dennoch erbitte ich das nicht von dir.“
Khorgo ließ sich zwei Kelche mit Wein und einen Teller mit einer Hammelkeule bringen. „Ich würde gern den Kelch mit dir auf unser Wiedersehen erheben, doch du trinkst für gewöhnlich nicht vom Wein wie wir Menschen, geschweige denn isst du vom Fleisch.“ In Khorgos Gesicht zeichnete sich eine Spur von Entsetzen ab, und er sprach weiter: „Es fällt mir noch immer schwer, mich damit abzufi nden, dass du von den Leben der Menschen zehrst, dass du sie schon durch deine Berührung töten kannst. Doch verzeih mir, mein treuer Freund, verzeih einem Sterblichen sein Gerede.“
„Ich kann essen und trinken, wann immer ich will, doch wird mich das Fleisch weder sättigen, noch wird mir der Wein zu Kopf ste igen.“
„Du kannst genießen, aber nicht betrunken werden.“
„In einer Nacht wie dieser würde ich mich auch nicht betrinken wollen. Doch wenn es dich beruhigt,
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