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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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ich könnte so tun, als würde ich betrunken werden.“ Larkyen lachte und Khorgo stimmte in das Lachen ein.
    Der Unsterbliche ergriff einen Kelch, und gemeinsam stießen sie an und tranken. Sie teilten Erinnerungen, und Larkyen erzählte von den vielen Ländern und Gegenden, die er bereist hatte, von Me nschen und Unsterblichen, denen er begegnet war. Und auch von jenem Tag erzählte er, an dem er die Krone des Reiches Kentar an sich riss.
    Khorgo lauschte dem Unsterblichen lange Zeit so gebannt wie Kinder einem spannenden Märchen lauschen. Doch noch immer ha tte Larkyen kein Wort über den Krieg gegen die Strygarer in Ken-Tunys verloren. Er versuchte, sich auf die angenehmeren Erlebnisse seiner Reisen zu konzentrieren, wenngleich in seinen Gedanken die Finsternis Strygars seine ganze Vergangenheit zu verdunkeln drohte. Und irgendwann vermochte Larkyen diese Finsternis nicht länger zu ignorieren. Dann erklang wieder das Tosen der Schlacht in seinen Ohren, der Geruch von Blut umnebelte ihn, und schlimmste Erinnerungen suchten ihn mit Reißzähnen und Klauen heim.
    Und als würde jene Finsternis auch auf Khorgo übergreifen, um den Zeitpunkt ihres Wiedersehens zu trüben, sprach der Majunay j ene Ereignisse an, die Larkyen in seinen Erzählungen bewusst gemieden hatte.
    „Die ganze Welt hat sich verändert“, seufzte Khorgo. „Ich habe gehört, was im Westen geschehen ist. Das einstige Königreich Ken-Tunys liegt seit mehreren Jahren in einer unnatürlichen Finsternis verborgen. Seine großen Städte Durial und Eisenburg wurden vom Erdboden getilgt. Seine goldenen Felder sind verdorrt, und die Erde ist mit Blut getränkt. Und ich weiß auch, dass du dort gewesen bist, auf diesen dunklen Schlachtfeldern. Du hast mit eigenen Augen g esehen, was geschehen ist.“
    „Ja, ich war dort.“ Seine Stimme bebte. So gern Larkyen seinen alten Freund auch vor dem Grauen jener Erinnerungen bewahrt hätte, und so widerwillig er sie auch in allen schrecklichen Einzelheiten mit anderen teilte, so wusste er dennoch um die Wichtigkeit einer so lchen Erzählung. Die Menschen durften das Grauen Strygars nicht vergessen. Als Warnung an die Welt musste es sich in das Gedächtnis vieler Generationen einbrennen, damit niemals wieder etwas Vergleichbares geschehen konnte. Und nach einem kurzen Moment des Schweigens begann er wieder zu sprechen. „Meine Reise nach Westen führte mich in einen Krieg, der anders war als alle Kriege zuvor. Wir kämpften gegen Hunderttausende von Bestien.“
    „Strygarer“, flüsterte Khorgo. „Es heißt, die tiefste Finsternis hat sie ausgespien. So viele Männer erzählen sich verängstigt wie kleine Kinder von diesem Krieg, doch du bist wirklich und wahrhaftig dort gewesen, du hast alles miterlebt. Du kannst von der Finsternis b erichten.“
    „Es gibt die Finsternis der Nacht und die Finsternis Strygars. Und letztere ist so tiefschwarz, auf unbeschreibliche Weise so verstörend und von einer bösartigen Macht durchdrungen, wie du es dir nicht vorstellen kannst. Beinahe drei Jahre habe ich in dieser Finsternis g elebt, es gab keinen Tag mehr, keine Sonnenstrahlen, sondern nur tiefste, sternenlose Finsternis und den Krieg. Allgegenwärtig waren das Brüllen und Geifern der Strygarer, das Klirren des Stahls, die Schreie sterbender Menschen und das Geräusch, das erklingt, wenn Fleisch und Knochen zerfetzt werden. Und der Geruch verbrannten Fleisches, oh ich habe ihn so oft gerochen, dass er mir mittlerweile nur allzu vertraut ist. Wir alle kämpften in einem Krieg, den wir niemals wieder vergessen können. Jeder Krieger, der gegen die Strygarer focht, wurde dadurch ein anderer. Und es ist, als tragen wir seitdem einen Teil der Finsternis in uns.“
    Schweißperlen begannen sich auf Khorgos Stirn zu sammeln. Lang und tief atmete der Majunay aus. Mit leiser Stimme sagte er: „Wenn ich dir gegenübersitze, in deine Augen blicke und deiner Stimme lausche, dann spüre ich, wie sich die Welt auch für mich einmal mehr verändert. Böse Kräfte streben danach, die Welt zu b eherrschen oder sie zu zerstören, und das scheinbar jeden Tag aufs Neue.“
    Larkyen sah dem Sterblichen an, dass er sich schwer tat, die G eschichten einer Gottheit zu verarbeiten. Geschichten über Bestien, die in der Finsternis lauerten, über kämpfende Götter, Ungeheuer und Magie. Solche Ereignisse würden sich im Verlauf eines für die Ewigkeit bestimmten Lebens wiederholen, selbst nachdem Äonen vergangen und Khorgo und die Enkel

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