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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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Ratsmitglieder darauf anzusprechen, geschweige denn das Thema in der Öffentlichkeit anzuschneiden. Nicht einmal meiner Familie habe ich davon erzählt. Die Ratsmitglieder zeigen sich so gut wie nie auf der Straße, die Mehrheit der Meridianer kennt nicht einmal ihre Namen. Alles was von dem Rat der Neun an die Öffentlichkeit dringt, sind ihre Entscheidungen und ihre Gesetze. Nur ein kleiner Kreis von Bürgern weiß, dass wir seit vielen Jahrhunderten die gleichen Ratsmitglieder haben.“ Als glaubte er sich beobachtet, sah sich Wanar um, und als er weitersprach, verwandelte sich seine Stimme in ein Flüstern. „Man erzählt sich, dass noch eine andere Macht im Spiel ist. Eine Macht, die über dem hohen Rat steht und die tatsächliche Herrschaft über die Stadt ausübt.“
    „Von was für einer Macht sprichst du?“
    „Sie soll so alt sein wie die Stadt selbst. Diese Macht war schon an diesem Ort, als es hier noch Wälder und Wiesen gab, bevor die Menschen fähig waren, solche Gebäude wie die Pyramide zu errichten.“
    „Du sprichst von dem Riesen, dem Erbauer der Stadt, dessen Bildnis die Wände der Ratshalle ziert, nicht wahr?“
    „Ich vermute, dass es der Riese ist, doch weiß ich es nicht genau.“
    Patryous` Blick wurde ernst, als sie Larkyen ansah. „Ein Wan dgemälde zeigt, wie der Riese scheinbar durch seine Berührung tötet. Demnach wäre er ohne Zweifel einer von uns. Doch mir ist kein Unsterblicher mit Namen Meridias bekannt. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sogar behaupten, er war einer der ersten Götter. Diese Stadt ist die älteste der Welt; bereits als ich diese Gegend das erste Mal bereiste, gab es hier schon sehr viele Häuser. Und wenn der Riese wirklich der Erbauer der Stadt ist, muss er älter sein als ich.“
    „Es hieß immer, Nordar sei der letzte der ersten Götter gewesen.“
    „Offenbar haben wir uns geirrt.“
    „Ich erinnere mich noch an eine Erzählung über diesen Riesen“, sagte Wanar. „Als ich noch ein Kind war, erzählte mir mein Vater eine Geschichte, die er wiederum von seinem Vater gehört hatte, und der hatte sie von seinem eigenen Vater erzählt bekommen. Es ist nun schon über hundert Jahre her, da zog einer der stärksten Orkane seit Menschengedenken über die Stadt hinweg. Bäume wurden entwu rzelt, Dächer abgerissen. Ununterbrochener Regen verwandelte die Straßen in Bäche, und der Wind blies unaufhaltsam durch die Häuserschluchten. Die meisten Meridianer versteckten sich in ihren Häusern und Wohnstätten. Vier Knaben waren jedoch äußerst neugierig und furchtlos. Und in der Nacht, als der Orkan am heftigsten wütete, wagten sie sich als einzige Meridianer nach draußen. Sie schlichen durch das Stadtzentrum und beobachteten die zahllosen Blitze, die sich gleißend hell und netzartig am Horizont ausbreiteten. Und plötzlich bemerkten die Knaben, dass sich auf dem Gipfel der Pyramide ein riesiges Wesen erhob. Zweifellos war es menschenähnlich, doch ganz gewiss war es kein Mensch. Es hatte seltsam leuchtende Augen und erspähte die vier Knaben aus größter Entfernung. Anklagend richtete das Wesen den Finger auf sie. So schnell wie die Blitze am Himmel herniederfuhren, bewegte es sich auf die Knaben zu. Und noch ehe die vier Knaben in ihre Wohnstätten hätten fliehen können, hatte das Wesen sie erreicht. Inmitten des Sturms erschien es wie ein Hirngespinst, und es bekam drei von ihnen mit seinen großen langen Fingern zu fassen. Es war, als hätte der leibhaftige Tod die drei Knaben auserkoren, denn sie starben augenblicklich durch die bloße Berührung. Ihre Leiber waren kalt und fahl, noch ehe sie auf der Straße aufschlugen. Der vierte Knabe rannte nach Hause so schnell er konnte, ohne jemals zurückzusehen. Er flüchtete sich in die Arme seiner Mutter und schrie und weinte, bis die Nacht endete.
    Danach erzählte er jedem, den er kannte, von dieser Begegnung und dem, was er gesehen hatte. Nur wenige Tage später fand man den Knaben leblos in der Nähe eines Wasserkanals. Sein Leib wies ke inerlei Wunden oder Verletzungen auf, und ertrunken war er auch nicht. Kein Heilkundiger, kein Schamane und kein Druide konnte die Umstände seines Todes erkunden, doch alle Meridianer, die jener Geschichte gelauscht hatten, wussten, wer der Mörder war. Sie wussten, dass von Zeit zu Zeit in der Stadt der Welt etwas Grauenvolles umging: ein Wesen, das Menschen jagte und ihnen das  Leben stahl. Und viele der Ältesten erzählen sich auch heute noch von

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