Totenkönig (German Edition)
stattdessen mussten sie in einer Schreckenswelt ausharren. Manche Menschen wurden wahnsinnig, und über die Jahre des Krieges hinweg stürzten sich tausende von ihnen in die eigenen Schwerter, nur um diesem Albtraum endlich entfliehen zu können. Und das alles geschah, während ihr ein Leben in Frieden und Reichtum führtet.“
„Bereits meine persönliche Anwesenheit bei der Zusammenkunft des Völkerrates sollte eine Demonstration dafür sein, wie wichtig mir diese Angelegenheit war. Wir Ratsmitglieder verlassen nur äußerst selten unsere Gefilde. Es gibt viele Aufgaben, die unser hoher Rat zu bewältigen hat. Wir sind Herrscher, doch sind wir auch für diese Stadt verantwortlich und können nicht beliebig Truppen in die entl egensten Winkel der Welt entsenden. Wir bieten den Meridianern Sicherheit und unseren Gästen die Höflichkeit, die ihnen gebührt.“
„Sicher habt ihr uns nicht lediglich der Höflichkeit halber zu euch gebeten“, sagte der Unsterbliche.
„Höflichkeit ist ein Wort, das sich beliebig interpretieren lässt. Wir, der Rat der Neun, haben von eurem Konflikt mit der Velorgilde erfahren. Wir wissen, dass sie ihre Waffen zuerst gegen eure Freunde richteten. Doch dienen auch Gilden wie die der Velors letzten Endes den Interessen der Stadt, daher hoffen wir, dass euer Zorn auf diese Gilde erloschen ist.“
„Wenn unsere Freunde sich in Sicherheit wiegen können, gibt es für uns auch keinen Grund, weiter gegen die Velorgilde zu käm pfen.“
„Meridias wird den Majunay ein gutes Zuhause bieten. Doch di ese Zukunft soll an eine Bedingung geknüpft werden.“
In Larkyen stieg Argwohn auf, seine Augenbrauen zogen sich b ereits in einer mürrischen Miene zusammen, doch er wollte den Ratsherrn zuerst anhören.
„Wir verlangen die Übergabe des Majunayweibes mit Namen Zaira.“
„Du wagst es, mir so eine Bedingung zu stellen? Was wollt ihr von ihr? Sprecht rasch.“
„Hoher Herr, diese Bedingung ist ein Akt von Respekt und Hö flichkeit. Übergebt uns Zaira, dann werden alle anderen eurer sterblichen Freunde auf Kosten des Rates ein besseres Quartier in der Stadt beziehen, in dem sie und ihre Nachkommen in Frieden und Wohl-stand leben können.“
„Zaira werdet ihr nicht bekommen“, sagte Larkyen. „Niemals.“ Se ine Stimme war von Verachtung erfüllt. „Wenn ihr Frauen wollt, dann kauft euch eine Hure aus den Bordellen der Velorgilde.“
„Wenn diese Forderung nicht erfüllt wird, dann seid ihr und eure Freunde fortan Feinde von Meridias.“
Patryous lächelte spöttisch über diese Drohung. Sie machte Anstalten, die Halle zu verlassen, aber Larkyen verharrte auf der Stelle, den stechenden Blick seiner Raubtieraugen auf den Rat der Neun gerichtet.
Bereits der Gedanke, dass Zaira, die wunderschöne Tochter Khorgos, den Ratsmitgliedern ausgeliefert werden würde, um mögl icherweise ein Dasein als Sklavin zu fristen, rief Übelkeit in ihm hervor. Und Larkyen zeigte dem Ratsherrn die Gesetze der Wildnis. Einer Raubkatze gleich schnellte er plötzlich nach vorn. Er kam unmittelbar vor dem Ratsherrn zu stehen und umfasste dessen Kopf mit beiden Händen. Sein fester Griff brach ihm den Schädelknochen. Blut schoss dem Mann aus Ohren, Mund und Nase. Der Unsterbliche entzog ihm die Lebenskraft in einem einzigen schrecklichen Moment, der erinnerungswürdiger war als jene früheren Ereignisse, die inmitten der Ratshalle geschehen waren.
Die anderen Ratsmitglieder sprangen erschrocken auf und flüc hteten zusammen mit den Soldaten aus der Nähe der beiden Unsterblichen.
Larkyen und Patryous hätten ihnen folgen können, doch sie ließen die Ratsmitglieder bewusst durch das Tor entkommen.
„Und ein weiterer lüsterner Tyrann geht dahin“, flüsterte Larkyen.
„Es wäre nicht nötig gewesen, diesen Mann zu töten“, sagte Patryous.
„In der Zeit des Strygarerkrieges habe ich für weniger getötet. Für i hre Forderung hätten sie alle den Tod verdient.“
„Sie haben uns zu Feinden der Stadt erklärt. Aber ist denn jede Drohung den Tod jener wert, die sie aussprechen? Du hast überstürzt gehandelt. Seit dem Krieg ist dein Zorn legendär. Du hast den ober sten Ratsherrn, einen der mächtigsten Männer von ganz Meridias, getötet.“
Larkyen verweilte bei dem leblosen Leib des Ratsherrn. Fo rschend blickte er in die leeren Augen, fuhr mit seinen Fingern über die erkaltende Haut. Dann sagte er: „Dieser Mann war kein gewöhnlicher Sterblicher.“
Patryous sah ihn fragend
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