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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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Patryous.
    „Dein Wissen ehrt unsere Stadt, hohe Herrin. Laut jener Sage le bte auf der Welt einst das Geschlecht der Riesen, und es heißt, dass einer von ihnen den Menschen besonders zugetan war und ihnen half, eine Stadt zu erbauen. Dieser Riese trug den Namen Meridias, und so sollte auch jener Ort heißen, der eines Tages zur größten Stadt der Welt wurde. Doch diese Geschichte ist schon lange nicht mehr auf den Straßen erzählt worden, lediglich einige der ältesten Meridianer kennen sie noch und erzählen sie manchmal, doch die meisten Jüngeren interessieren sich nicht für solche Dinge. Viel zu viele von ihnen schließen sich den Gilden an, ein sicherer Weg um Macht und Einfluss zu erlangen, oder aber um tot in der Gosse zu enden. Doch so sind die Zeiten nun mal, nur wenige lernen diese bedeutendste aller Sagen um unsere Heimat kennen. Und ich selbst lernte sie auch nur durch meinen Dienst bei den Wachmannschaften kennen.“ Dann versteifte sich Wanars Körperhaltung, deutliche Anspannung spiegelte sich in seinem Gesicht wider.
    Neun große Stühle, ein jeder einem Throne gleich, standen in e inem Halbkreis auf einem Podest. Vier Frauen und fünf Männer saßen auf ihnen. Die meisten davon waren im gehobenen Alter und trugen blutrote Gewänder mit spitzen Kapuzen. Vor der Wand gegenüber erhob sich ein riesenhafter Thron, der pompöser gestaltet und ganz offensichtlich für eine Gestalt gebaut worden war, die einen Menschen an Größe weit überragte.
    „Inmitten dieser Halle erscheint mir die Sage um die Stadtgrü ndung viel eher als eine Tatsache“, sagte Larkyen.
    „Der Thron dient nur der Ehrerbietung und der Erinnerung an u nsere Sage“, erklärte Wanar leise. Dann sah er zu dem Podest auf und rief: „Hoher Rat der Neun, hiermit geleite ich die Götter Larkyen und Patryous zu euch.“
    Aus der Mitte der neun Ratsmitglieder erhob sich ein alter Mann mit langem Bart. Er war von korpulenter Statur, sein Bauch wölbte sich weit nach außen und dehnte den Stoff seines Gewands. „Wir sind der Rat der Neun und heißen euch in Meridias willkommen“, sagte er. „Ich bin Granyr, der oberste Ratsherr.“ Daraufhin erhoben sich auch die anderen Ratsmitglieder von ihren Stühlen, und gemei nsam knieten sie vor den Unsterblichen nieder.
    Nachdem sie wieder auf ihren Stühlen Platz nahmen, richtete Granyr sein Wort an den Oberbefehlshaber der Wachmannschaften. „Wanar, der Rat dankt dir für deine Mühe. Bitte lass uns nun allein und warte vor den Toren.“ Wanar tat wie ihm geheißen.
     
    Granyr holte tief Luft, bevor er wieder zu sprechen begann, eine gewisse Anspannung zeichnete sich in seinem Gesicht ab. „Larkyen, Patryous! Wir sind uns der Bedeutung eurer Ankunft bewusst, und uns ist auch klar, dass wir leibhaftigen Göttern gegenüberstehen. T otenkönig von Kentar, nach dem Ende des Strygarerkrieges begegneten wir uns bereits in Bolwarien. Du warst anwesend, als in der Festung Wadis-Lafyr der Völkerrat zusammentrat. Umso mehr erfreut es mich, dich zu Gast in dieser Stadt zu wissen.“
    Larkyen erinnerte sich an die Zusammenkunft des Völkerrates und wie Granyr im Namen der Stadt Meridias eisern geschwiegen hatte, als ein offenes Bündnis zwischen den Völkern des Westens vereinbart wurde. Somit hatte sich die größte Stadt der Welt an ke inem Bündnis beteiligt. Und Larkyen erkannte die Heuchelei über die Freude des Wiedersehens in Granyrs Worten – die Heuchelei eines Politikers.
    „Wie hätte ich dich vergessen können, Ratsherr Granyr“, sagte Larkyen.
    Granyr lächelte, es war ein falsches Lächeln. „Sicherlich können die hohe Herrin Patryous und du viele ruhmreiche Geschichten aus der Zeit des Krieges berichten. Wie gern wir diesen Geschichten lauschen würden, wenn wir nur die Zeit dazu hätten. Doch sei dir gewiss: Jeder Krieger, der in der Finsternis kämpfte, ist für uns ein Held.“
    „Ich habe eine Geschichte für euch. Während ihr Ratsmitglieder in Wohlstand und Sicherheit lebtet, kämpften die Heere anderer Lä nder auch für euch. Die Sterblichen bewachten zu Beginn des Krieges die Landesgrenzen, dann die Ruinen der gefallenen Städte und Festungen, und sie gaben mir Deckung, während ich in das Herz der Finsternis vorstieß. Sie zahlten einen hohen Preis für ihre Kampfbereitschaft und Tapferkeit. Unsere Verbündeten aus Tharland, Bolwarien, Atland und Wotar ertrugen die niemals endende Finsternis nur schwer. Sie waren es gewohnt, dass auf jede Nacht ein Tag folgte, doch

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