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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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jenem Wesen, und sie behaupten, es trage den Namen Meridias. Als die Stadt noch nicht so groß wie heute war, konnte man von der Spitze der Pyramide aus jeden Winkel überblicken. Der Schöpfer, Meridias, soll von dort aus die Stadt überwacht haben. Seine Augen konnten weiter sehen als die eines Menschen. Nichts sei ihm entgangen, so heißt es. Und er erwählte von hier auch bestimmte Opfer, die ihm gefielen. Und wen immer er auserkoren hatte, der wurde von den Soldaten hierhergebracht. Meridias soll seine Opfer im Beisein des hohen Rates getötet haben.“
    Es war für Larkyen nicht schwer, sich vorzustellen, welches Grauen die Menschen dieser Stadt einst hatten erleiden müssen. Di ese Pyramide roch nach Tod und Verzweiflung. Und Larkyen kannte diesen Geruch nur zu gut, hatte er doch selbst so viele Leben beendet und in die Augen der Todgeweihten geschaut. Er hatte ihrem letzten Herzschlag gelauscht, wie den Schlägen einer Trommel, die immer leiser wird, er war Zeuge ihres letzten Atemzuges geworden. Weit draußen in der Wildnis waren solche Taten etwas ganz Gewöhnliches, und die Beute hatte für ihn nie einen Namen gehabt, doch inmitten dieser Saals, der im Grunde einem Schlachthaus gleichkam, widerten sie ihn an.
    „Also können wir davon ausgehen, dass Meridias die Macht ist, die den Rat kontrolliert. Meridias lebt!“
    „Jene Macht hält angeblich alles Unheil von dieser Stadt fern. Einst versuchte die Gilde der Kalymshar mit tausend Kriegern das Stadtzentrum zu erobern, doch binnen einer einzigen Nacht wurden sie alle ausgelöscht. Man fand nur noch ihre leblosen Körper auf den Straßen, nicht ein Tropfen Blut wurde vergossen. Und ähnlich erging es den Barbaren des Helyargebirges, die es gewagt hatten, Meridias zu überfallen. Auch von ihnen starben die meisten in einer Nacht. Alle Feinde von Meridias wurden stets vernichtet.“
    „Wir müssen zurück zum Wirtshaus, sofort. Unsere Freunde sind in großer Gefahr, besonders Zaira.“
     
    Sofort verließen die beiden Unsterblichen die Ratshalle und rannten durch den Gang zurück. Wanar folgte ihnen so schnell er konnte. Kein Mensch war der Schnelligkeit der Unsterblichen gewachsen. Larkyen und Patryous ließen ihn ohne weiteres hinter sich zurück.
    Während sie die Pyramide verließen und die Treppen unter dem Vorbau in einem Satz hinabsprangen, fühlte Larkyen, wie die Bestie in ihm von jener Art Zorn genährt wurde, die er empfand, wenn er gegen besonders niederträchtige Feinde in den Kampf zog. In Momenten wie diesem sehnte er sich danach, seine Muskeln arbeiten zu lassen, um Knochen zu zerbrechen, Fleisch zu zerreißen und eine Salbung durch Feindesblut zu erfahren.
    Unaufhaltsam suchten sich die beiden Unsterblichen ihren Weg durch die Stadt. Für manche Meridianer, deren Wege sie kreuzten, waren sie nicht mehr als ein flüchtiger Luftzug oder ein Schatten.
     
    Die Unsterblichen konnten bereits den Gestank von frisch vergoss enem Blut riechen. Vor der Tür des Wirtshauses zum wilden Eber lagen zwei Majunaykrieger und ein Meridianer, die Leiber bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt. Zerborstene Knochen ragten in bleichen Spitzen aus dem dunkelroten Fleisch hervor. Der Tod musste sie unsagbar schnell ereilt haben, die Krieger hatten nicht einmal mehr ihre Säbel ziehen können.
    Zu seiner Überraschung begegnete er weder den stationierten Sold aten, noch Schaulustigen oder Reitern und Fußgängern. Die Straße vor dem Wirtshaus war wie leergefegt. Selbst die angebundenen Pferde bei den Stallunterkünften waren fort. Larkyen sah sich nach seinem Hengst Alvan um, vergeblich.
    Vom Ufer des nahegelegenen Wasserkanals aus führten große nasse Fußabdrücke auf das Gebäude zu. Es waren die Abdrücke e ines Riesen, kein Mensch hätte jemals so groß sein können. Schon in wenigen Augenblicken würde die Sommerhitze sie getrocknet haben. Der Riese hatte das Wirtshaus durch den Haupteingang betreten. Larkyen folgte seiner Spur, während Patryous die Hintertür sicherte.
    Wenngleich Meridias in Wanars Geschichten immer vermieden hatte, Blut zu vergießen, so hatte er an diesem Ort auf das besti alischste gewütet. Larkyen stieß auf weitere Leichen, sie waren ähnlich zugerichtet. Auch der Wirt und seine Frau waren unter ihnen. Sie mussten beim Zubereiten des Mittagessens überrascht worden sein. Sie trugen noch immer ihre Schürzen. Die Augen in ihren Gesichtern waren weit aufgerissen, der Ausdruck darin kündete von abgrundtiefem Schrecken. Der Geruch von

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