Totenkopf-TV
ließen und die junge Frau von ihrem Sitz nach hinten zogen, hinein in den gefährlichen Nebel.
Er schluckte sie wie eine Wand. Kopf und Oberkörper verschwanden. Zuletzt sah ich noch die strampelnden Beine, dann waren auch sie verschwunden. Zurück blieb ein leerer Platz und ein eingeblendetes Signet.
STÖRUNG!
Ich konnte es noch immer nicht fassen. Sollte das tatsächlich wahr gewesen sein? War ich Zeuge bei einem Mord geworden? Wahrscheinlich, denn kaum jemand konnte etwas so echt spielen. Und wenn es wirklich ein Mord war, waren auch Millionen anderer Zuschauer zu Zeugen geworden. Wie würden sie reagieren? Hielten sie das Ganze vielleicht doch für einen Gag? Ich wollte nicht so recht daran glauben. Klar, es gab bestimmt Zuschauer die sich wunderten oder ärgerten, weil der Film noch nicht begonnen hatte, und ich konnte mir auch vorstellen, wie sie reagierten. Hörer nehmen und anrufen. Die Telefonzentrale des Senders würde belagert sein. Daran dachte ich, als ich zu meinem Apparat ging, denn ich hatte auch vorgehabt, mich näher bei den Verantwortlichen zu erkundigen. Das war kein Scherz mehr, so etwas konnte sich niemand leisten. Hinter dem Vorfall musste mehr stecken. Ich würde mich darum kümmern. Der Sender befand sich zum Glück auf Londoner Gebiet. Ich wusste allerdings nicht genau, wo die Studios lagen, aber das ließ sich leicht herausfinden. Das sollten meine Kollegen übernehmen, während ich im Wagen saß und mir erste Ergebnisse telefonisch übermittelt wurden.
Ich hatte den Hörer noch nicht berührt, als mich das Klingeln erschreckte. Möglicherweise war das schon das Büro.
»Sinclair!«
»Ah, du bist zu Hause.«
»Ja, noch.«
Der Anrufer lachte. Selbstverständlich hatte ich ihn längst erkannt. Es war mein alter Freund und Spezi Bill Conolly, dessen Stimme so unnatürlich hektisch klang.
»Du hast nicht zufällig auf den Bildschirm geglotzt, John?«
»Doch.«
»Auch TTV?«
»Sicher.«
»Shit, dann habe ich nicht gesponnen, sondern es auch gesehen. Die Sache mit der Ansagerin.«
»Natürlich.«
»John!« Bills Stimme klang plötzlich drängend. »Das war verdammt echt. Ich will einen Besen fressen, wenn das gespielt worden war. Dieser Nebel, der erinnert mich an den verdammten Todesnebel, und dann ist die Frau darin verschwunden.«
»Bill, das habe ich alles gesehen.«
»Willst du etwas unternehmen?«
»Du hältst mich davon ab.«
»Wieso?«
»Ich war bereits auf der Fahrt zu den Studios. Leider kenne ich die genaue Adresse nicht. Ich muss sie mir noch…«
»Die weiß ich, John. Und noch etwas. Ich gehe mit dir. Wir müssen uns treffen.«
»Bill, du bist Reporter. Man wird dich nicht reinlassen. Da ist bestimmt der Teufel los.«
»Ich kenne einige Leute dort. Wahrscheinlich kann ich dir durchaus behilflich sein.«
Das mochte stimmen. Bill war kein Schwätzer. Vielleicht öffneten mir seine Beziehungen einige Türen. Aus diesem Grunde pflichtete ich meinem Freund auch bei.
»Okay, du kannst dann kommen.«
»Soll ich zu dir oder…«
»Wo liegen denn die Studios?«
»In Lambeth. Fast schon an der Grenze zu Kennington. Und zwar an der Kennington Road. Dort haben sie ein großes Gelände gekauft und die Bauten errichtet.«
Ich musste über den Fluss. Bill brauchte es nicht. »Wann kannst du dort sein, John?«
»Sagen wir, in einer halben Stunde spätestens.«
»All right. Ich erwarte dich an den Parkplätzen. Da wird sicherlich der Teufel los sein.«
»Hoffentlich nicht.«
»Was sagst du?«
Ich lachte. »Vergiss es, Bill. Bis gleich.« Bei der letzten Bemerkung hatte ich den Hörer schon auf den Apparat gedrückt. Ich warf einen kurzen Blick über die Schulter und auf den Apparat. Er lief noch immer, und die Störung war nach wie vor vorhanden. Ich schaltete den Kasten ab. So hatte ich mir den Ausklang der Arbeitswoche wahrlich nicht vorgestellt. Es war zum Heulen. Wenn ich mich schon einmal auf den Feierabend freute, kam immer etwas dazwischen.
Später kamen mir Zweifel. War es überhaupt korrekt, was ich tat? Konnte der Vorfall nicht tatsächlich ein Scherz gewesen sein, um den folgenden Film auf diese extreme Art und Weise anzukündigen? Ich hätte sogar daran geglaubt, wenn der Film endlich angelaufen wäre, aber das war nicht der Fall.
Nach diesen Überlegungen ging ich davon aus, dass es sich bei diesem Vorfall tatsächlich um ein außergewöhnliches Ereignis handelte, in dem durchaus magische Kräfte die Verantwortung tragen konnten. Schwarze Magie im
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