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Totenkünstler (German Edition)

Totenkünstler (German Edition)

Titel: Totenkünstler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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einem anderen Mann betrog.
    Janet selbst hatte schon oft mit Frauen geschlafen und tat es immer noch. Sie machte keinen Hehl daraus, aber ihrer Ansicht nach war Bisexualität bei Frauen akzeptabel, bei Männern hingegen nicht.
    Sie kam seit drei Wochen zu ihm und hatte, bei zwei Sitzungen pro Woche, insgesamt bisher sechs Sitzungen gehabt. Die ersten Flirtversuche hatten nicht lange auf sich warten lassen. Ab der zweiten Sitzung hatte sie angefangen, sich aufreizender zu kleiden – kürzere Röcke, tief ausgeschnittene Blusen, Push-up-BHs, sexy High Heels – ihr war jedes Mittel recht, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. An diesem Tag war sie in einem knappen Sommerkleidchen, schwarzen, vorne offenen Ankle Boots von Christian Louboutin und »Ich will dich«-Make-up in die Praxis gekommen. Und ohne Unterwäsche. Als sie sich auf die Couch gelegt hatte, war ihr das Kleid die Oberschenkel hochgerutscht, und sie hatte die Beine auf eine Art und Weise gespreizt, dass absolut nichts mehr der Fantasie überlassen blieb.
    Littlewood liebte Frauen, je nuttiger und perverser, desto besser. Aber er wusste auch, dass es keine gute Idee war, sich auf eine Affäre oder auch nur einen One-Night-Stand mit einer Patientin einzulassen. Solche Dinge blieben nie lange im Verborgenen. In einer Stadt wie Los Angeles reichte ein winziger Funke, und schon brannte alles lichterloh. Gerüchte hatten die Macht, Karrieren zu zerstören. Nein, dafür war Littlewood zu klug. Er holte sich seine Kicks woanders, und er zahlte gutes Geld dafür.
    Littlewood war geschieden. Er hatte mit Mitte zwanzig geheiratet, aber die Ehe hatte nicht mal fünf Jahre gehalten. Die Konflikte waren praktisch gleich nach der Hochzeit losgegangen. Nach viereinhalb Jahren voller Zänkereien, echter Konflikte und sexueller Frustration befand sich ihre Ehe schließlich in einer derartigen Schieflage, dass beide Partner ernsthaften seelischen Schaden davontrugen. Eine Scheidung war der einzige Ausweg gewesen.
    Er und seine Frau hatten einen gemeinsamen Sohn, Harry, der in Las Vegas Jura studierte. Nach seinen bitteren Erfahrungen mit der Ehe und einem langen, zermürbenden Scheidungsverfahren hatte Littlewood sich geschworen, niemals wieder zu heiraten. Und bislang hatte er nicht einmal mit dem Gedanken gespielt, seinen Schwur zu brechen.
    Der Summer auf Littlewoods Schreibtisch ertönte. Er hielt sein Diktiergerät an und drückte den Knopf der Gegensprechanlage.
    »Was gibt’s, Sheryl?«
    »Ich wollte nur fragen, ob Sie für heute noch was brauchen.«
    Littlewood sah auf die Uhr. Es war lange nach Praxisschluss. Er hatte ganz vergessen, dass Janet Stark ihre Termine gerne so spät wie möglich legte.
    »Ach, das tut mir leid, Sheryl, Sie hätten schon vor einer Stunde gehen sollen. Ich habe ganz die Zeit vergessen.«
    »Das macht doch nichts, Nathan.« Littlewood hatte von Anfang an darauf bestanden, dass Sheryl ihn beim Vornamen nannte. »Das ist überhaupt kein Problem. Sind Sie sicher, dass ich nicht noch bleiben soll? Ich mache das gerne, wenn Sie wollen.«
    Sheryl war seit etwas über einem Jahr Littlewoods Sekretärin und Sprechstundenhilfe, und die erotische Spannung zwischen ihnen hätte vermutlich eine Kleinstadt mit Strom versorgen können. Littlewood selbst ignorierte die gegenseitige Anziehung, wie offensichtlich sie auch sein mochte, und legte Sheryl gegenüber dieselbe Zurückhaltung an den Tag wie bei seinen Patientinnen. Sheryl hingegen hätte keine Sekunde gezögert, sich auf ein Signal von ihrem Chef hin die Kleider vom Leib zu reißen und mit ihm in die Federn zu springen.
    »Nein, ich komme schon zurecht, Sheryl. Ich mache mir nur noch ein paar Notizen. Ich bleibe auch nicht mehr lange, maximal noch eine halbe Stunde. Fahren Sie ruhig nach Hause, wir sehen uns dann morgen.« Damit wandte sich Littlewood wieder der Tonbandaufnahme und seinen Notizen zu.
    Er brauchte noch fünfunddreißig Minuten, bis alles zu seiner Zufriedenheit erledigt war. Als er in die Tiefgarage seines Bürogebäudes hinunterfuhr, parkten dort nur noch drei Autos. Sein eigenes stand in der hintersten Ecke unter einer defekten Neonröhre.
    Obwohl seine Praxis gut lief, fuhr Littlewood einen silbernen 1998er Chrysler Concorde LXi. Er bezeichnete den Wagen immer als Klassiker, was ihm den gutgemeinten Spott seiner Freunde einbrachte. Dass ein Auto alt war, so ihre einhellige Meinung, machte es noch lange nicht zu einem Klassiker.
    Er schloss die Fahrertür auf und setzte sich

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