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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta-Maria Heim
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wohin sie fuhren, Hauptsache, die Sache
ging vorbei und der Mann, der sich Diego nannte, verschwand für immer aus
seinem Leben. Doch der Alltag war zurückgekehrt. Als wäre nichts geschehen. Als
säße kein flüchtiger Erpresser in seinem Ferienhaus in der Toskana. Ein
Fremder, den er von irgendwoher kannte. Ludger hatte es aufgegeben, sich
deshalb zu gruseln. Man musste einen kühlen Kopf bewahren, sagte er sich, und
vermutlich war das Déjà-vu-Erlebnis reine Einbildung. Es kam daher, dass er
sich schuldig fühlte. Es kam von seiner Veranlagung, mit der er zu kämpfen
hatte und für die er nichts konnte.
    Ich werde Luca fast zweieinhalb Wochen lang nicht sehen. Der
Gedanke kam plötzlich. Ludger hätte den Jungen gern mitgenommen, die frische
Luft hätte ihm gutgetan, das Baden im kalten See, aber Gina sagte nein. Nein,
das gehe nicht, zwei Wochen seien zu lang und Venetien zu weit weg, Luca würde
Heimweh bekommen. Noé und Lucy seien als Spielkameradinnen doch schon viel zu
alt für ihn. »Er hat ja mich«, hatte Ludger gesagt, und Gina hatte ihn ganz
komisch angesehen.

     
    Die alleinstehenden Frauen sind, da ihnen nicht
der Aufenthalt am häuslichen Herd vorgeschrieben ist, unterwegs. Sie sind
Leichenwäscherinnen, Kupplerinnen, Abtreiberinnen, auch Hexen.
    Michelle Perrot,
    zit. nach Elisabeth Badinter, Ich bin Du

     

Samstag, 10. Mai
    # Zurück zur Machtfrage

     
    In der Nacht zum Pfingstsamstag kamen die
Schmerzen zurück, und Elisa nahm schon vor dem Frühstück zwei Tabletten. Sie
wurde müde und benommen davon und dämmerte vor sich hin. Es war der 10. Mai,
sie hatte noch über zwei Monate Zeit, bis die Bewerbung bei der Filmhochschule
eingehen musste, und es gab keinen Grund zur Panik. Die Woche über hatte sie
gut arbeiten können. Sie kam voran mit ihrem Drehbuch, das ihr aber allmählich
entglitt. ›Das kalte Liebchen‹ würde ein trauriger Film voller nachdenklicher
Bilder werden. Achmed und Maja verselbständigten sich und bekamen ein unheimliches
Eigenleben. Sie lauschten in sich hinein und fanden eine Leere vor, die Elisa
langsam überforderte. Ihre Begegnungen blieben schemenhaft und seltsam
fragmentarisch. Es würde ihnen nicht glücken, einander im Innern zu berühren.
So radikal hatte sie sich das Scheitern der Figuren nicht vorgestellt, als sie
das Exposé einreichte, und vielleicht hätte sie die Förderung für das
pessimistische Machwerk, das sie nun schuf, gar nicht bekommen. Es hatte nichts
mehr von dem gelenkigen Witz, mit dem sie begonnen hatte. Da war nur noch
Düsternis. Sie spürte, die Geschichte lief auf einen dunklen Punkt zu, der in
der ursprünglichen Anlage gar nicht vorgesehen war.
    Margarete kam ins Schlafzimmer und kurbelte die Jalousien
hoch. »Zeit zum Aufstehen, Kleine!«
    Elisa hob mühsam den Kopf und sah, dass es draußen regnete.
Sie setzte sich auf und zog ihren Schlafanzug über den Kopf. An manchen Tagen
konnte sie sich allein anziehen, an anderen nicht. Das Medikament hatte die
Krämpfe gelöst, was ihre Feinmotorik positiv beeinflusste. Gleichzeitig machte
es matt.
    »Ich werde dich nachher massieren«, versprach Margarete,
ruckelte den Rollstuhl zurecht und strich ihr beim Hinausgehen über den Kopf.
»In zehn Minuten gibt es Frühstück.«
    Elisa dachte über das nach, was ihr die Mutter beim
Abendessen erzählt hatte. Dass ein Fremder in Ludgers Hütte hauste, der sich
Diego nannte und behauptete, er sei Schriftsteller. Wenn das stimmte, konnte
sie ihm das Drehbuch vielleicht mal zeigen. Aber Margarete hatte gesagt, es sei
kein offener Mensch, irgendetwas an ihm wirke verkrampft und unzugänglich. Sie
habe in seiner Gegenwart Abwehr gespürt und Unbehagen. Hermann hatte sie dafür
kritisiert. Er hatte gemeint, dass sie immer komischer werde, seit sie in
dieser Abgeschiedenheit lebten, und irgendwann gar keiner Menschenseele mehr
traue. Sie gleiche immer mehr ihrer Mutter. Warum sie den Gast denn nicht zur
Abwechslung mal einlade, sicher sei er einer von Ludgers Freunden, und ein
Schriftsteller sei doch wenigstens interessant. Gerade für sie, wo sie doch
Übersetzerin sei und sich selbst in einem Güllehaufen noch als Intellektuelle
fühle, müsse das doch eine Herausforderung sein, mal mit einem Geistesmenschen
zu sprechen und nicht nur mit einem trockenen Krüppel.
    Margarete hatte die bittere Bemerkung übergangen. Sie
rätselte ausufernd darüber, warum Ludger sie nicht angerufen hatte, um ihnen

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