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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta-Maria Heim
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wenigstens Bescheid zu sagen. Sie waren nicht befreundet, aber sie waren
Nachbarn in einer Einöde, in der man rasch zur Notgemeinschaft wurde. Hatte
Hermann Ludger nicht geholfen, den verdammten Tank auszubessern? Kümmerte er
sich nicht zusammen mit dem alten Toni um die Oliven? Und Ludger bekam umsonst
von dem Öl, ohne einen Finger zu rühren. War er je nach Hause gefahren, ohne
10, 20 Liter davon mitzunehmen? Wenn man es in Stuttgart auf dem Markt
verkaufte, brachte es ein Schweinegeld. Oder man tauschte vor Ort. Ökologisch
erzeugtes, kalt gepresstes, hochwertiges Olivenöl war die toskanische Währung,
mit der sich allerlei begleichen ließ: eine Zahnbehandlung, ein junger Hund,
ein Austauschmotor für den Traktor.
    Hermann mochte es nicht, wenn Margarete rechnete. Es
versetzte ihn in Stress. Es erinnerte ihn an die Kalkulationen in der
Autoindustrie, an die versoffene Karriere als Ingenieur. Er hätte gern nur noch
vor sich hin gewerkelt, ohne darüber nachzudenken, was es kostete. Jeder
Farbeimer kostete, jeder Bohrkopf, jede Glühbirne, jede Kilowattstunde Strom.
Dass sie mit lausig bezahlten Übersetzungen und einer kargen Frührente
ordentlich leben konnten, verdankten sie vor allem Margaretes Geschick, was bei
Hermann aber regelmäßig für Unmut sorgte. Elisa trug, mit Ausnahme des
Stipendiums, überhaupt nichts bei. In Deutschland hatte sie Sozialhilfe
bekommen, in Italien bislang keinen Cent. Woran das lag, verstand Elisa nicht,
weil Margarete auf ihre Fragen ausweichende Antworten gab. Vielleicht waren sie
gar nicht bei den Behörden angemeldet, damit sie keine Steuern zahlten?
    Elisa brauchte eine halbe Stunde, ehe sie endlich vollständig
angezogen an den Frühstückstisch rollte. Sie hatte sich das Gesicht gewaschen
und die dicken braunen Haare gekämmt, die nach allen Seiten vom Kopf abstanden.
Das Licht in der Küche war trüb. Vor dem Fenster fiel dichter Regen. Hermann
hockte in Hemdsärmeln am Tisch und löffelte ein weiches Ei. Er sah kurz auf,
als Elisa hereinkam, und nickte. Vor Margarete stand ein unberührtes Müsli.
»Oma Irmtraud hat gerade eben angerufen.«
    »Fein«, sagte Elisa, die nach einer Brotscheibe griff, sie
aber verfehlte. Beim zweiten Anlauf klappte es.
    »Ich mach mir Sorgen um ihren Gesundheitszustand«, meinte
Margarete. »Der Opa will nichts hören davon, aber ich fürchte ja schon länger,
dass sie eine Altersdemenz entwickelt. Im schlimmsten Fall Alzheimer. Einiges
deutet darauf hin, dass sie sich im Anfangsstadium befindet: diese Unruhe, das
Herumlaufen, das Misstrauen, der Verfolgungswahn, das Theater mit dem genialen
Hund, die Schlafstörungen, die ewige Spioniererei drüben beim Nachbarn. Sie
erzählte natürlich gleich wieder abstruse Neuigkeiten von Ludger. Er sei mit
den Töchtern an den Gardasee gefahren, weil am Haus der Tank undicht sei.«
    »Quatsch«, sagte Hermann. »Da ist nichts undicht. Den haben
wir repariert.«
    »Dieser Diego hat doch gesagt, Ludger sei in New York«,
meinte Elisa.
    Hermann runzelte die Stirn. Er wirkte ziemlich zerknittert.
    »New York«, wiederholte Margarete. »Irmtraud klang irgendwie
durch den Wind, sie war noch wesentlich verwirrter als kürzlich, wollte aber
erst mit der Sprache nicht herausrücken. Sie fragte bloß, ob in Ludgers Hütte
einer wohnt. Und ich sagte, ja, da sei so ein Schriftsteller, der sich Diego
nenne. Dann kreischte sie, wir sollten das Haus nicht mehr verlassen, bis die
Polizei kommt.«
    »Auf die haben wir grade gewartet.« Hermann strich sich über
das Ohr.
    Margarete stand auf und sagte feierlich: »Sie behauptet,
dieser Mann, den ich gestern getroffen habe, sei aus dem Gefängnis
ausgebrochen. Elisa sei vor ihm nicht sicher.«
    »Warum denn das?« Hermann zog an seinem Ohrläppchen.
    »Weil sie spastisch gelähmt ist. Und weil …« Margarete
stockte und sah Elisa an, die mit offenem Mund dasaß und vor sich hin stierte.
    »Und weil?« Hermann ließ nicht locker.
    »Müssen wir das vor dem Kind besprechen?« Margarete schrie
und hatte offenbar komplett vergessen, dass ihre zierliche und zerbrechlich
wirkende Tochter, die aussah wie 12, immerhin 22 war.
    »Sag es mir«, forderte Elisa.
    Margarete schluchzte. »Die Oma behauptet, dass es der ist,
der dich damals getunkt hat. Sie habe ihn am Geruch erkannt. Na ja, jetzt,
letzte Woche erst, nachdem er ausgebrochen ist, als er bei Ludger war oder was
weiß ich.«
    »Die Oma spinnt«, erklärte Hermann

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