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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta-Maria Heim
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Fälle mit dem König in Verbindung zu
bringen, um ihn anhand der Faktenlage zu überführen und mit der Auflösung die
eigene Karriere zu fördern? Oder betätigte der Großvater sich als Pionier des
heutigen Fallanalytikers? Kreierte er eine neue Form von Polizist, lange bevor
der Profiler erfunden war? Wahrscheinlich traf all das mehr oder weniger zu.
Man hätte diesen ehrkäsigen Eifer nicht verstanden. Und man hätte dem
fanatischen Ermittler leicht vorwerfen können, dass er sich an den Taten des
Königs ergötzte. Dass er sich an den Mädchenmorden aufgeilte. Ich verstand,
dass der Opa das Material nicht zu Hause aufbewahren konnte. Er durfte es auch
nicht bei der Dienststelle lassen. Also deponierte er es bei Josfi.
    Während ich mich als Zwölfjähriger durch Hunderte von Seiten
fraß, dämmerte mir langsam, wie ein Bub sein musste, damit mein Großvater sich
für ihn interessierte.

     
    *

     
    Hahnke spürte, dass er beobachtet wurde. Erst
war es nur ein diffuses Gefühl, eine vage Ahnung, ein nervöser Druck, der von
der Magengegend aufstieg. Zunächst dachte er, er bilde sich das alles nur ein,
aber am Samstagmittag flog über das Haus weg im Tiefflug ein Helikopter. Im
schlimmsten Fall bedeutete das, dass sie ihn bereits festgesetzt hatten, dass
die Heckenschützen sich formierten und die Straße weiträumig abgesperrt war.
Vielleicht lag schon ein maskierter Gorilla mit entsicherter Maschinenpistole
auf dem Dach und wartete auf den Zugriff der Spezialeinheit.
    Hahnke lief hinaus auf die Terrasse, sah hinauf in den Himmel
und erkannte, dass es sich um einen Rettungshubschrauber handelte. Sachs hatte
ihm erzählt, Antonio Santoni, der alte Olivenbauer, der ihm das Gras mähte, sei
ebenso herzkrank wie sein Stuttgarter Nachbar; überhaupt, wer habe es
heutzutage nicht auf dem Herz. Santoni. Möglicherweise wurde er eben in die
Notaufnahme eines Krankenhauses gebracht. Hahnke winkte dem Helikopter zu,
rannte hinter ihm her und stolperte keuchend den Berg hinauf durchs Gestrüpp,
am Wassertank vorbei bis zur Höhe, wo er sich umdrehte und sah, dass niemand
auf dem Hausdach kauerte. Auch sonst war nirgendwo ein Mensch. Hahnke schnaufte
schwer und blickte sich um, ob er irgendwo hinter den Hecken eine Gestalt
ausmachen konnte. Da war nichts. Auch in der Ferne war keine Bewegung zu
vernehmen, kein Schnurren eines Motors. Nicht ein Vogel sang, nicht eine
Zikade. Die Landschaft lag da in einem verwaschenen Graugrün, unter der grauen
Glocke des regenschweren Himmels. Der Helikopter hatte dort eine Leere
hinterlassen, und in der Luft hing noch immer ein Ton, ein beunruhigendes
niederfrequentes Brummen. Es zog, und einzelne Regentropfen peitschten. In
Kürze würde ein großartiges Unwetter losbrechen.
    Ein wenig hinkend ging Hahnke zum Haus zurück. Zum ersten
Mal, seit er aus dem Gefängniskrankenhaus ausgebrochen war, fühlte er die
Erschöpfung, und er musste sich eingestehen, dass sein Bein immer noch
schmerzte. Die Euphorie, die bei der Flucht von ihm Besitz ergriffen hatte, war
verflogen. Nach einer Woche in Freiheit merkte er, welche überragenden Kräfte
er mobilisiert hatte, um zu entkommen. Nun hatte er auf einmal keine Energie
mehr, und in ihm staute sich eine gewaltige Depression. Eine erneute Flucht
würde er nicht lange durchstehen.
    Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, fing es
draußen an zu schütten. Hahnke stellte sich ans Fenster und sah zu, wie der
gemeine Platzregen in heftige Hagelschauer überging. Auf einmal wurde ihm seine
haltlose Situation bewusst. Er wunderte sich, wie leicht er die Dinge zunächst
genommen hatte, wie selbstverständlich ihm sein Schicksal vorgekommen war, das
ihn zufällig hierher geführt hatte. Er hatte überhaupt nichts von langer Hand
geplant. Den ganzen Sonntag war er auf dem gestohlenen Peugeot-Rad durch Felder
und Wälder geradelt, an den zerfaserten Rändern von Siedlungen entlang, auf der
Suche nach Bargeld, nach Nahrung und einer Gelegenheit. Er hatte kaum etwas im
Magen, und als es Nacht wurde, sah er sich nach einem Schlafplatz um. Der
Geräteschuppen erschien ihm der geschützten Lage wegen geeignet, und als er den
zerhackten Rechner mit dem gespaltenen Bildschirm sah, wurde er aufmerksam. Er
wartete, bis im Haus die Lichter ausgingen, aber mitten in der Nacht war das
Wohnzimmer noch erleuchtet. Er näherte sich leise und stellte sich neben das
Fenster. Als er durch die Scheibe hindurch

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