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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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in der Zelle, in der auch der Papiermüll, also auch alte Briefumschläge, landeten. Diesen Eimer mussten wir während der Aufschlusszeiten selbst leeren, und zwar in der sogenannten Spülzelle. Dort waren neben einem großen Waschbecken auch Müllsäcke für die Mülltrennung. Man musste also nur den Müllsack für den Papiermüll durchwühlen, und schon hatte man lauter Briefumschläge mit Absendern, auch meinen. So einfach war das. Können Sie uns folgen, Frau Wagner?«
    Frau Wagner sah Malbek mit großen Augen an. Ein Kriminalhauptkommissar, der in Haft war?
    Â»Nein, ich kenne den Fall ja nicht so genau, aber ich bin fasziniert. Machen Sie bitte weiter«, sagte Wagner mit etwas ironischem Unterton.
    Â»Okay«, sagte Lüthje. »Nächste Frage: Wie hat er Peter Arens’ Aufenthaltsort in seinem Wohnwagen in Eckernförde herausgefunden? Ich weiß nicht, ob der da gemeldet war.«
    Â»Denk mal nach, Lüthje«, sagte Malbek. »Der Ollie, von dem ich dir erzählte, Harders Informant, der war doch als langjähriger Bewohner des Campingplatzes über alle Mitbewohner, einschließlich der Neuzugänge und Abgänge, informiert. Und Harder interessierte sich für ehemalige Knackis. Das ist die Verbindung. Ich vermute, dass wir Ollie und Harder in den Schwitzkasten nehmen müssen.« Er sah den erschrockenen Blick Wagners und Sophies große Augen. »Womit ich meine, dass wir sie gründlich verhören müssen.«
    Â»So ähnlich hatte ich mir das auch schon gestrickt. Hört sich nach Strafvereitelung an. Bis zu fünf Jahre Haft. Super«, sagte Lüthje grinsend.
    Â»Und Dr. Kleemann hat er ganz einfach im Telefonbuch gefunden«, sagte Malbek.
    Â»Und sich telefonisch mit ihm verabredet. Die Verbindungsanfragen laufen noch«, sagte Lüthje. »Ich schlage vor, dass wir uns zunächst die Fotos ansehen, ob wir Anhaltspunkte für Rathkes Versteck finden. Das ist jetzt das Wichtigste. Sophie und Frau Wagner sollten bitte dazu auch spontan ihre Gedanken äußern.«
    Die Fotos waren von einem Mitarbeiter der Spurensicherung in Kiel in kleine Klarsichthüllen gesteckt worden. Lüthje ordnete sie in der Nähe des Buches auf dem Tisch in einer beliebigen Reihenfolge nebeneinander an.
    Inzwischen hatten sich alle auf die vier Stühle am Tisch gesetzt, das Buch in der Mitte des Tisches. Wie eine Séance zur Beschwörung eines Geistes, dachte Malbek. Sophie schob eine Stehlampe an den Tisch und knipste sie an. Der Rest des Raumes blieb im verlöschenden Licht, das die »blinzelnde« Sonne durch die Bäume des Schlossparks auf der gegenüberliegenden Seite der Straße warf.
    Malbek ging zum Fenster. Sein Blick wanderte von den Streifenwagen vor dem Haus hinüber auf die andere Straßenseite. Jenseits des Bürgersteiges begann der Schlosspark. Im Halbdunkel der Bäume könnte sich jetzt Rathke unbemerkt aufhalten und mühelos unbemerkt die Wohnung beobachten, obwohl die Polizei vor der Haustür stand. Aber woher sollte Rathke wissen, dass Sophie jetzt hier im zweiten Stock in einer Wohngemeinschaft wohnte, hinter den beiden Fenstern, die zur Straße gingen, hinter denen Malbek jetzt stand und zum Park hinübersah? Rathke konnte hinter jeder Straßenecke lauern.
    Â»Das könnten seine Eltern sein!«, hörte er Sophie sagen.
    Malbek wandte sich vom Fenster ab und ging zum Tisch zurück. Sophie hatte das Foto zu sich herangezogen. Die anderen beugten sich zu ihr hinüber. Es war ein Schwarz-Weiß-Foto, dreißig mal achtzehn, vom Fotografen gemacht. Die Frau schick gemacht, helles Kostüm und hochtoupierte Frisur. Auf ihrem rechten Arm hielt sie einen großen Blumenstrauß. Der Mann im dunklen Anzug mit Fliege, Haare streng nach hinten gekämmt, mit Haarcreme gebändigt. Wahrscheinlich nach einer standesamtlichen Trauung. Obwohl man dem Paar die Aufregung ansah, erkannte Malbek deutlich die Gesichtszüge ihres Sohnes bei Mutter und Vater.
    Sophie drehte das Foto um. Ein Datum stand nicht drauf. Es war als Postkarte zu benutzen, das Adressfeld und der Platzhalter für die Briefmarke waren eingedruckt.
    Sophie legte das Foto zurück. Jeder nahm sich ein Foto, das er betrachtete, nach Spuren suchend, die auf Aufenthaltsorte oder wichtige Lebensinhalte hinwiesen. Kinderfotos von Rathke waren nicht dabei. Dafür jede Menge Urlaubsfotos, Rathke braun

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