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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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gebrannt in Badehose an südlichen Stränden, der Körper voller Tätowierungen.
    Â»Iiih, krass!«, machte Sophie, als sie diese Fotos entdeckte.
    Mit Männern vor Lastwagen, aus dem offenen Führerhaus der Zugmaschine winkend. Gruppenfoto bei der Hochzeit eines fremden Paares, im Hintergrund die Kirche. Irgendwo in Süddeutschland. Mit Gepäck am Schalter eines Flughafens. An der Reling eines Schiffes. Mit wichtiger Miene am Schreibtisch, in der Hand einen Stift, daneben ein Mann im Anzug. Und wieder im Urlaub, im Hintergrund der Eiffelturm.
    Â»Hat der denn nie eine Freundin gehabt?«, fragte Sophie.
    Â»Wenn ja, hat er die Fotos von ihr weggeworfen«, sagte Lüthje. »Seine letzte Freundin, die er sogar geheiratet hat, sagte mir, dass er ihr nie von der Zeit vor ihr erzählt hätte. Immerhin, seine Eltern durften als Foto in seiner Nähe bleiben.«
    Â»Hey, was ist das denn?«, sagte Sophie und nahm ein Foto vom Tisch. »Das erste Foto, auf dem er glücklich aussieht. Die Gesichter, die er sonst auf den Bildern macht, sind immer schrecklich. Ich dachte schon, er kann nicht anders gucken.«
    Sie legte das Farbfoto vor sich auf den Tisch, damit die anderen es betrachten konnten. Rathke sah stolz und fröhlich wie ein kleiner Junge in die Kamera. Auf seinem linken Arm saß eine Möwe, die er mit irgendetwas fütterte. Sie riss gerade weit den Schnabel auf, wie ein Jungtier, das sich von der Mutter füttern lässt. Ihr linkes Bein war von einem blauen Röhrchen umschlossen. Da es eine Nahaufnahme war, konnte man den Hintergrund nur in großer Unschärfe sehen. Den gefleckten Stamm einer Birke und die Umrisse eines Flachdaches, darunter ein Fensterrahmen, konnte man nur erahnen.
    Â»Eine Silbermöwe«, sagte Lüthje und nahm sich das Foto vom Tisch. »Die Möwe ist beringt. Da kann man ja sogar die Nummer ablesen!« Lüthje war begeistert. »Das ist eigentlich Hillys Fachgebiet. Aber sie fragt mich ein Loch in den Bauch, wenn ich sie deswegen jetzt anrufe. Das schaffen wir auch so. Sophie, hast du hier Internetanschluss?«
    Â»Natürlich, Eric.« Sie ging zu ihrem kleinen Schreibtisch und schaltete ihr Notebook ein.
    Â»Ich ruf erst mal Andrea Bordevig an«, sagte er, zog sein Handy aus der Jackentasche, wählte und stellte auf Mithören.
    Â»Polizeikommissar Schneider.«
    Â»Kriminalhauptkommissar Lüthje hier. Hallo, Herr Schneider. Können Sie mir mal eben Frau Bordevig ans Telefon geben?«
    Â»Einen Moment, sie ist gerade in der Küche und macht uns Kaffee.« Es raschelte.
    Â»Ja, Andrea Bordevig.«
    Â»Hallo, Frau Bordevig. Wir betrachten uns gerade die Fotos, die meine Kollegen bei Ihnen auf dem Dachboden gefunden haben. Dabei ist für uns ein Foto von besonderem Interesse, nämlich das Foto mit der Möwe, die Herr Rathke auf dem Arm hat. Was wissen Sie über das Foto?«
    Â»Fast nichts. Ich sagte Ihnen ja, dass er nie über die Zeit vor mir geredet hat. Als ich ihn nach der zutraulichen Möwe fragte, sagte er nur, dass er sie aufgepäppelt hat. Als ich fragte, wo das war, hat er nur gesagt, er wüsste es nicht mehr. Das war seine Standardantwort für Fragen zu seiner Vergangenheit. Die Männer auf den Fotos kenne ich alle nicht. Ach ja, alte Fotos mit dem Paar, das sind seine Eltern. Aber die sind beide schon nicht mehr.«
    Â»Ja, das wissen wir. Vielen Dank. Tschüss.«
    Â»Tschüss, ich hoffe, Sie finden ihn bald.«
    Â»Ja, wir auch.« Lüthje beendete das Gespräch, behielt das Handy aber in der Hand.
    Â»Okay, Sophie, bist du so weit?«
    Â»Kann losgehen!«
    Â»Such mir die Website der Vogelwarte Helgoland heraus. Ich brauch die Telefonnummer.« Er blickte auf den Bildschirm. Wagner und Malbek standen auf und stellten sich dazu.
    Â»Willst du uns nicht verraten, was du vorhast?«, fragte Malbek.
    Lüthje legte den Finger auf seine Lippen.
    Â»Auf das Institut für Vogelforschung wird verwiesen«, sagte Sophie. »Hier unter ›Kontakt‹ haben wir zwei Telefonnummern. Wilhelmshaven und Helgoland.«
    Â»Wenn ich jetzt wüsste, welche Nummer Hilly sonst immer wegen der Möwen anruft … probier ich einfach Helgoland. Wenn da um diese Zeit überhaupt jemand zu erreichen ist.« Er sah auf die Uhr. Es war kurz vor einundzwanzig Uhr. Er las die Nummer vom Bildschirm ab, wählte und stellte wieder auf

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