Totenmal
versprochen, die Fotos in ein Album zu kleben, hat dann aber keine Lust mehr gehabt. Sie hat alles, was noch von ihm im Haus lag, in diesen Karton gepackt und auf den Boden verfrachtet. Dann hat sie ihn irgendwann vergessen.«
»Hört sich plausibel an. Was sind das für Fotos?«
»Unsere Leute sind jedes Foto mit ihr durchgegangen. Die Spurensicherung wird nicht begeistert sein, aber die Fingerabdrücke von Benny Rathke haben wir ja in der Datenbank. Wir bräuchten die eher an einem Tatort. Also, die Fotos sind ausnahmslos gemacht worden, bevor sie sich kennenlernten. Demnach über dreizehn Jahre alt. Sie und unsere Leute können die Orte nicht identifizieren, an denen die Fotos gemacht wurden, und ihr sind die Personen unbekannt, die man neben Rathke darauf sieht. Er hat ihr gegenüber nie über die Zeit vor ihr gesprochen, ist ausgewichen, wenn sie was über ihre Vorgängerinnen erfahren wollte. Die Fotos sind jetzt unterwegs nach Kiel und müssten jeden Moment hier eintreffen.«
»Ich liebe alte Fotos. Er müsste darauf ungefähr so aussehen wie zu Anfang seiner Haftzeit. Na gut. Einen Moment, Lüthje â¦Â« Ein zweiter Anrufer klopfte in seiner Freisprechanlage. Er sah auf das Display.
»Sophie versucht, mich anzurufen. Ich muss erst mal Schluss machen. Ruf mich an, wenn du die Fotos hast.«
»Vielleicht bist du ja dann schon da.«
»Bin noch auf der A  21 hinter Bad Segeberg. Tschüss!«
Malbek schaltete um auf Sophie. An ihrer Stimme hörte er sofort, dass etwas Schlimmes passiert sein musste.
»Papa, das Lesebuch von Oma Malbek, es ist ⦠jemand hat es zerrissen.« Sie schluchzte.
»Zerrissen? Welches Lesebuch?«
»âºDer Goldene Brunnenâ¹. Ihr erstes Schullesebuch. Das sie mir noch geschenkt hat, bevor sie starb. Erinnerst du dich etwa nicht? Hat es etwas mit diesem Mörder zu tun? Es stand doch in der Zeitung, er hat so Kinderreime â¦Â«
»Was ist mit dem Buch? Beschreib es mir!« Malbek beschleunigte das Tempo auf einhundertvierzig Stundenkilometer. Ging auf die Ãberholspur. Bald verengte sich die Fahrbahn wieder auf zwei Fahrbahnen.
»Es fehlen Seiten. Nicht viele. Nur ein paar. Es ist also gar nicht zerrissen. Es ist von einem Stapel Bücher gerutscht, vom Tisch, und dann lag es da. Sonst wär es mir gar nicht aufgefallen. Eine Seite zur Hälfte schräg herausgerissen. Dann hab ich nachgeguckt und hab noch mehr Seiten gefunden, die so herausgerissen waren â¦Â«
»Welche Seiten? Ich meine, die Seitenzahlen!«
»Die fehlen doch! Ach so, ich brauch ja nur die vorherige Seite ⦠also Seite acht ⦠sechzehn ⦠und dreiundsechzig. Mehr finde ich nicht. Wieso willst du das wissen?«
»Ich rufe jetzt die Polizeistation in Schleswig an, damit â¦Â«
»Hab ich schon gemacht, bevor ich dich angerufen habe. Entschuldige, aber ich hab Angst. Ich hab gelesen, dass der Nagelmörder Kinderreime bei den Opfern zurückgelassen hat. Wie kommt der an unser Buch?«
»Ich weià es nicht. Ich bin auf dem Weg nach Kiel. Bei Bad Segeberg bin ich gerade. Ich fahr jetzt direkt zu dir. Bleib, wo du bist. Das ist das Wichtigste. Und mach niemandem auf, auÃer der Polizei.«
»Mach ich. Mia war hier, als ich das gesehen hab. Die ist gleich abgehauen ⦠Papa?«
»Entschuldige, ich versuche gerade, gleichzeitig Lüthje anzurufen, aber da ist besetzt. Wahrscheinlich haben die Schleswiger Kollegen ihn angerufen. Hast du denen erzählt, dass du an den Nagelmörder denkst?«
»Ja, natürlich. Sag jetzt nicht, dass das verkehrt war, ich â¦Â«
»Das war goldrichtig, Sophie, goldrichtig â¦Â«
»Wieso hat der das aus dem Buch rausgerissen? Was haben wir mit ihm zu tun? Oder du?«
»Ich weià es noch nicht genau. Ich hab nur eine Ahnung. Ich höre das Anklopfsignal, ja, Lüthje ruft mich an, bleib dran â¦Â«
»Hallo, Malbek, Schleswig hat gerade angerufen, dass eine junge Frau namens Sophie Malbek sich â¦Â«
»Weià ich schon, ich hab sie auf der anderen Leitung. Es fehlen die Seiten acht, sechzehn und dreiundsechzig beziehungsweise deren Rückseite vierundsechzig. Du weiÃt, was das heiÃt. Diese Seite hat er noch nicht verbraucht, entschuldige den Ausdruck, oder wir haben den dritten Tatort noch nicht gefunden. Ich bin jetzt auf der B  404. Ich
Weitere Kostenlose Bücher