Totenmal
Vielleicht kennen Sie jemanden in Eckernförde, der Ihnen davon berichtet hat.«
»Ja, ich kenne Leute in Eckernförde. Aber es weià doch niemand, dass er mein Vater ist.«
»So genau können Sie das doch gar nicht wissen«, sagte Malbek.
»Wieso?«
»Sie wissen nicht, wem Ihr Vater alles von Ihnen erzählt hat. Vielleicht hatte er sogar herausbekommen, wo Sie wohnen und arbeiten â¦Â«
»Oh Gott! Hat er �«
»Ich spekuliere nur. Er könnte Sie beobachtet haben. Nur um Ihnen nahe zu sein. Ich will Ihnen keine Angst machen, aber verstehen Sie mich bitte: Wir müssen nicht nur Spuren am Tatort lesen, sondern auch Spuren der Seele deuten. Also, was ging im Kopf Ihres Vaters vor, in den Stunden, Tagen, Wochen vor seinem Tod. Und deshalb stelle ich, aus Ihrer Sicht, merkwürdige Fragen. Könnte es jemanden in Eckernförde geben, der eine wie auch immer geartete Beziehung zu diesem Campingplatz an der B  76 gehabt hat?«
»Nicht, dass ich wüsste. Ist das der Campingplatz an der Stadtgrenze?«
»Der Campingplatz heiÃt âºEckernförder Kliffâ¹. Gegenüber der Abzweigung nach Gut Altenhof.«
»Ja, das Schild kenn ich.«
»Woher kennen Sie das?«
»Ich habe von einer Kollegin mal gehört, dass sie dort manchmal Einsätze hat. Wegen Schlägereien. Oder Sachbeschädigung.«
»Verstehen Sie jetzt, was ich meine? Es könnte sein, dass Ihre Kollegin mal Ihrem Vater begegnet ist. Einer der unwahrscheinlichen Zufälle. Aber wir müssen in alle Richtungen ermitteln, wie es so schön heiÃt. Wie hieà die Kollegin in Eckernförde?«
»Marlies Richter. Aber wollen Sie ihr etwa erzählen, dass mein Vater �«
»Nein, im Moment will ich gar nichts in dieser Richtung tun. Nur falls eine Spur in diese Richtung weist. Aber dann würde ich noch mal mit Ihnen Kontakt aufnehmen.«
Er nahm einen Schluck Mineralwasser. »Frisch perlend«, stand auf der Flasche. Bisher hatte sie nicht einen Schluck genommen. Vielleicht war das der Grund.
»Sie sprachen eben von Details des Mordes, was meinten Sie damit?«, fragte sie.
Darauf hatte Malbek gewartet. Er wollte ihr das Thema nicht aufdrängen, aber doch wissen, wie sie darauf reagieren würde. Jetzt hatte sie und nicht er das Thema auf den Tisch gebracht.
»Es gibt ein paar auÃergewöhnliche Details. âºModus Operandiâ¹, sagt man. Eine bestimmte Arbeitsweise des Täters bei der Begehung.«
Sie nickte.
»Ihrem Vater ist von hinten mit einem stumpfen Gegenstand der Schädel eingeschlagen worden. In seiner rechten geöffneten Hand steckte ein groÃer Nagel, der in den Boden seines Wohnwagens getrieben war. Auf dem Nagel steckte ein Zettel. Auf dem Zettel stand ein Kinderreim und eine Zahl.«
Sie hatte ihm mit immer gröÃerem Entsetzen zugehört. Sie stand auf und sah aus dem Fenster.
Malbek wartete. Sie atmete heftig.
Erst nach fast einer Minute drehte sie sich heftig um. »Was für ein Kinderreim?«
»Wollân wir mal das Leben wagen? Wollân wir mal den Hasen jagen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das kommt mir bekannt vor, aber ⦠das ist auch alles.«
»Und die Zahl Sechzehn?«, fragte Malbek.
Wieder dachte sie nach und schüttelte schlieÃlich den Kopf. »Nichts. Nur das Ãbliche. Mit sechzehn wohnte ich schon jahrelang allein mit meiner Mutter. Sie wohnt jetzt in Stuttgart, hat einen Freund und einen Job. Ich telefoniere manchmal mit ihr.«
Sie ging wieder zum Fenster und hielt sich die Hände vor das Gesicht. Er würde vielleicht später noch einmal nachfragen.
»Bitte behalten Sie die Details der Tat für sich.« Ob sie es tun würde? »Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen? Dann ist für heute Schluss.«
Sie nickte, ohne sich zu ihm umzudrehen.
»Haben Sie irgendwann einmal in Ihrer Zeit als Polizistin versucht, an Daten zu kommen, die Ihren Vater betreffen? Ich meine zum Beispiel einen erweiterten Auszug über Vorstrafen oder â¦Â«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nie! Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich mich dafür nicht interessiere!«
Sie reagierte zu aufgeregt auf seine Frage, als dass Malbek ihr glauben konnte. Wie vorhin, als er ihr den ungefähren Zeitpunkt des Todes ihres Vaters genannt hatte. Vorgestern. Sie hatte ein paar rote Flecken im Gesicht bekommen. Sie
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