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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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wird sicher einmal mit dem Gedanken gespielt haben, ihren Vater zu suchen. Aber das würde sie, gerade jetzt, nachdem er ermordet worden war, nie zugeben. Jede Tochter möchte wissen, wo ihr Vater ist und wie er lebt. Das war nicht nur bei Sophie so gewesen, als er im Gefängnis saß. Und Stine Petersen wusste seit angeblich zwölf Jahren nicht, wo ihr Vater war und was er machte. Und ob er überhaupt noch lebte. Jetzt war sie fünfundzwanzig. Damals war sie also dreizehn gewesen.
    Â»Was ist damals vor zwölf Jahren genau passiert?«, fragte Malbek.
    Â»Er hat meine Mutter geschlagen. Als ich dabei war. Als sie am Boden lag, wollte er auch mich schlagen, aber sie war schneller und hat ihn mit einem Stuhl erwischt. Ein Wunder, dass er damals nicht …«
    Â»Hat Ihre Mutter das angezeigt?«
    Â»Nein. Er ist ja auch nicht wieder aufgetaucht. Er war weg. Für immer.«
    Â»Ich muss Sie jetzt noch fragen: Wo waren Sie vorgestern Abend und in der Nacht?«
    Â»Ich war zu Hause, mit meinem Mann.«
    Â»Danke.« Malbek erhob sich, goss sich etwas Wasser ins Glas und trank es in einem Zug aus. »Jetzt müssen Sie ja nicht mehr Versteck spielen«, setzte er hinzu. Und erschrak über den Satz. Er unterstellte ihr ein Mordmotiv. Er hatte es einfach so dahergesagt. Sie könnte sich dies jetzt als Geschmacklosigkeit verbitten.
    Aber sie sah ihn nur irritiert an und sagte: »Ach so, ja, oh Gott, ja.« Sie hielt sich die Hand vor den Mund. »Daran hab ich ja noch gar nicht gedacht.« Sie sah so aus, als ob sie nicht wüsste, ob sie sich freuen durfte.

8
    Â»Na, Malbek, schon wieder urlaubsreif?«, fragte Lüthje.
    Â»Woher weißt du, dass ich Kopfschmerzen habe?« Malbek hatte Lüthje angerufen, als er wieder hinter dem Steuer saß.
    Er hatte dem Chef vom Dienst nur ein »Alles so weit klar mit Frau Petersen. Es hat sie ziemlich mitgenommen. Schicken Sie sie für heute besser nach Hause« ins Zimmer gerufen, war zum Parkplatz gelaufen, losgefahren und hatte die Freisprechanlage eingeschaltet.
    Â»Ich habe deinen Bericht in der ›Landeslage‹ gestern früh um acht gelesen«, sagte Lüthje. »Wie du sicher inzwischen schon selbst gesehen hast, ist er vom Lagezentrum als WE -Meldung eingestuft worden. Herzlichen Glückwunsch.«
    Die »Landeslage« war ein polizeiinterner Informationsdienst, zu dem alle Polizeibehörden Zugang hatten, offiziell »Landeslagebild« genannt. Es war eine täglich mindestens einmal aktualisierte Übersicht besonderer Meldungen aller polizeilichen Dienststellen in Schleswig-Holstein. Und WE -Meldung hieß »wichtiges Ereignis«.
    Â»Kopfschmerzen sind das Mindeste, was du bei deinem neuen Fall bekommen solltest«, fuhr Lüthje fort. »Ich bevorzuge in so einer Situation muskuläre Verspannungen in Schulter, Rücken und Beckenbereich. Entweder du hast deinen Bericht schon vor sieben Uhr morgens geschrieben, oder …«
    Â»Ich hab dich eigentlich nur angerufen, um dich darüber zu informieren, dass ich mich auf deinem Territorium bewege und der Polizeizentralstation Schleswig einen Überraschungsbesuch abgestattet habe.«
    Â»Ich weiß, dass du ein Meister der Diplomatie bist, obwohl der Dienstweg die einzige Form der Kommunikation ist, die du nicht akzeptierst. Ich verneige mich vor dir, Meister!«, sagte Lüthje.
    Â»Ist da nicht ein dicker Brummton Ironie in deinem Gesäusel? Schalte jetzt aber bitte mal auf den Dienstmodus zurück.«
    Malbek schilderte Lüthje die Befragung von Stine Petersen. Danach war Stille am anderen Ende der digitalen Verbindung. Als Malbek gerade fragen wollte, ob Lüthje noch da war, sagte der plötzlich: »Möglich wäre doch auch, dass die Stine Petersen die Geschichte mit ihrer weisen Großmutter nur arrangiert hat, weil sie einen Geliebten hat. Und ihre Großmutter hat von den geheimen Treffen gewusst und alles gedeckt.«
    Â»Vor wem gedeckt?«, fragte Malbek.
    Â»Vor ihrem Ehegatten natürlich.«
    Â»Und wenn der vor lauter Sehnsucht nach seiner Gattin bei Oma anrief, hat sie ihm gesagt …«, sagte Malbek.
    Â»â€¦Â dass seine Gattin gerade Einkäufe für Oma macht und wohl nicht erreichbar ist, weil sie im Supermarkt ist. Der ist in einem Einkaufszentrum, und …«
    Â»â€¦Â da ist der Empfang immer schlecht. Nee, nee, Lüthje, Oma kann gut stricken, hat

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