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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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Internetseite. Polizeiobermeisterin Stine Petersen schien also vom Tod ihres Vaters nichts zu wissen. Der Chef vom Dienst hatte Malbek noch schnell berichten wollen, was ihm aus der Personalakte von Petersen bekannt war, Malbek hatte aber abgelehnt.
    Als er den Raum betrat, erhob sie sich unsicher. Ihre Hand zitterte und war feucht. Vielleicht glaubte sie, dass man sie wegen eines dienstlichen Vergehens vernehmen wollte, das ihr selbst nicht bewusst war.
    Sie sah ihrer Großmutter sehr ähnlich. Sie hatte ihre großen Augen und das volle Haar, das statt eines Dutts hinter dem Kopf zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war. Nur dass die Haare dunkelbraun waren. Malbek zog seine Lederjacke aus, hängte sie über die Stuhllehne und nahm ihr gegenüber Platz. Ihre Augen verfolgten jede seiner Bewegungen. Sie saß im Gegenlicht der großen quadratischen Fenster, aber die Wände des kahlen Raums reflektierten genug Licht, um ihr Gesicht während der Befragung studieren zu können. Eine gnädige Seele hatte ihnen eine Flasche Mineralwasser und zwei Gläser spendiert, die auf dem Tisch zwischen ihnen standen. Sie hatte ihr Glas halb geleert.
    Â»Sie sind Frau Stine Petersen?«, fragte Malbek und füllte sein Glas zur Hälfte. Vielleicht hatte sie ja ihr Glas auch nur zur Hälfte gefüllt und keinen Schluck getrunken.
    Sie nickte.
    Â»Ich bin Kriminalhauptkommissar Malbek, ich leite das K1 in Kiel, Kapitaldelikte. Ich habe vor ungefähr einer halben Stunde erfahren, dass Sie einen Vater haben, der Peter Arens heißt. Und eine Großmutter väterlicherseits, Lisbeth Arens. Ist das zutreffend?«
    Â»Ja, das ist richtig, was ist denn passiert?« Ihre dünne Stimme überschlug sich.
    Â»Ihr Vater wurde gestern auf einem Campingplatz in Eckernförde tot aufgefunden. Nach unseren Ermittlungen wurde er von hinten in seinem Wohnwagen erschlagen.« Den Rest ließ Malbek erst mal weg.
    Â»Tot? In Eckernförde?«, fragte sie.
    Â»Wussten Sie das nicht?«
    Â»Nein. Ich habe seit ungefähr zwölf Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. Woher sollte ich das denn wissen?«
    Â»Sie wussten also nicht, dass er in Eckernförde in einem Wohnwagen lebt?«
    Â»Nein! Wann ist das passiert?«
    Â»Vorgestern Nacht.«
    Â»Vorgestern Nacht?« Stine Petersen sah suchend auf dem kahlen Besprechungstisch herum, als hätte sie dort etwas verloren.
    Â»Haben Sie Kontakt zu Ihrer Großmutter Lisbeth Arens?« Malbek hoffte, dass diese Frage sie wieder zu ihm zurückholen würde.
    Â»Ã„h, ja, manchmal.« Sie wischte sich mehrmals mit beiden Händen über das Gesicht.
    Â»Was heißt das, manchmal?«
    Â»Nicht oft. Und nie an Feiertagen.« Sie vermied, ihm in die Augen zu sehen.
    Â»Wieso nie an Feiertagen?
    Â»Weil … ach, das ist kompliziert … ich …« Sie brach in Tränen aus und suchte vergeblich in den Taschen ihrer Uniform nach einem Taschentuch. Malbek fand eine Packung Papiertaschentücher in seiner Umhängetasche, die er auf den Tisch gelegt hatte, und reichte sie ihr.
    Stine Petersen fasste sich. Sie tupfte sich die Augen trocken, griff sich in die Haare, als ob sie Angst hätte, dass der Pferdeschwanz aufgegangen wäre.
    Â»Wussten Sie, dass Ihre Großmutter Kontakt zu Ihrem Vater hatte?«
    Â»Ja.« Sie schnäuzte sich.
    Â»Und? Hat sie Ihnen nie erzählt, wo Ihr Vater lebt? Und wann er zu Besuch kommt?«
    Â»Meine Großmutter hat verstanden, dass ich ihn nicht mehr sehen wollte. Und dass ich nichts von ihm hören wollte. Aber dass ich sie trotzdem weiter besuchen wollte.«
    Â»Warum wollten Sie Ihren Vater nicht mehr sehen?«
    Â»Er hat immer nur gelogen und mein Leben durcheinandergebracht. Erst als ich die Trennung vollzogen hatte, kam ich wieder klar. Und dann bin ich Polizistin geworden.«
    Â»Können Sie das konkreter beschreiben?«
    Â»Er hat jede Freundschaft zu seinem Vorteil ausgenutzt, bis er keine Freunde mehr hatte und allein dasaß. Ich weiß nicht, was er die letzten zwölf Jahre gemacht hat, und ich will es auch nicht wissen.«
    Â»Hat er Sie missbraucht?«
    Sie sah nach unten.
    Â»Wann ist das geschehen?«, fragte Malbek.
    Â»Er ist tot! Was soll das jetzt noch!«, rief sie.
    Â»Sie brauchen nicht darüber zu sprechen. Sie sind ihm also mit Hilfe Ihrer Großmutter, seiner Mutter, aus dem Weg gegangen? Ihre Großmutter

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