Totenmal
Instinktverhalten«, murmelte Malbek und versuchte, sich auf die Faxblätter zu konzentrieren. Vehrs sagte nichts.
Auf der Innenseite des Aktendeckels war eine Haftnotiz angeheftet. Darauf stand in gut leserlicher Handschrift im Bankerjargon: »Direkte Ãbernahmeanfrage (tel.) betr. notleidender Vertrag Rathke, Benny«. Sollte wohl auf Deutsch heiÃen: Ein potenzieller Kunde hat angerufen und direkt nach den Konditionen für die Verträge Rathke gefragt, deren Raten nicht mehr bezahlt werden. Da klebte wohl was Schlechtes dran, konnte ja nicht gut gehen. Wieso klebte an der Ãbernahme der Verträge von einem Benny Rathke, und so sah es aus, etwas Schlechtes?
Wer war Benny Rathke?
Dann folgte ein gleichlautendes Schreiben an Peter Arens und die Rendsburger Bank, dass der Finanzierungsantrag eingegangen sei und man ihn prüfen werde. Kopie des Vertrages. Der Vertragstext war identisch mit dem, was Malbek in Rendsburg gesehen hatte. Belege über Kontobewegungen. Umbuchungen. Alles Zahlen, die den in den Verträgen genannten entsprachen. Und dann: wieder der Name Benny Rathke. In einem Satz auf dem letzten Blatt der Leasingakte, den Malbek nicht verstand. Es war die Kopie eines Schreibens an Peter Arensâ Rendsburger Hausbank.
»Benny Rathke«, sagte Malbek. Und noch einmal: »Benny Rathke.« Er schüttelte den Kopf. Ein Allerweltsname. Vielleicht kam er ihm deshalb so bekannt vor. »Ãberprüfen Sie den Namen!«, sagte er zu Vehrs.
Er lieà ihn sich buchstabieren und legte los.
Malbek griff zum Telefon und rief Kriminalhauptkommissar Manfred Kistner vom K3, Wirtschaftskriminalität, an. Er war noch nicht lange in der Position, aber sie hatten schon interessante Gespräche in der hintersten Ecke der Kantine geführt, und auÃerdem hatte er auch ein Wohnmobil, mit dem er regelmäÃig in Urlaub fuhr. Das gab Gesprächsstoff für Jahre.
»Hallo, Gerson, sag nicht, du brauchst mich in dieser Nagelmördergeschichte?«, fragte Kistner.
»Nur was Schriftliches, das ist doch dein Metier, oder?«, fragte Malbek.
»Du weiÃt, auch bei uns geht es oft genug blutig zu«, sagte Kistner.
»Deine Klage rührt mich zu Tränen«, sagte Malbek. »Wir vom K1 müssen euch dann immer die Tränen trocknen. Aber bitte verschwende jetzt keine Zeit, indem du dir eine schlagfertige Erwiderung ausdenkst. Bei uns geht es jetzt um jede Sekunde. Wir haben heute Nacht den zweiten Mord des Nagelmörders gehabt, und es gibt keinen Zweifel, dass es sich um denselben Täter handelt.«
»ScheiÃe!«
»Gut gebrüllt, Löwe. Wir haben eine neue brisante Spur gefunden. Wie kannst du mir den folgenden Satz erläutern. Aus dem Schreiben einer Leasingbank an die Hausbank des Kunden. Die Namen brauchst du nicht zu beachten. Es geht um den Bankerjargon. Scheint eine neue Version zu sein, 8.0 oder so. Es geht los. âºDie Leasingverträge Ihres in Konkurs gegangenen Kunden Benny Rathke wurden von Ihrem Kunden Peter Arens übernommen. Ihre Provision wurde wie üblich auf das Verrechnungskonto im Rahmen des diesbezüglichen Clearings überwiesen.â¹Â«
»Das ist höchstens die Version 2.0«, sagte Kistner. »Seit ungefähr zehn Jahren immer wieder mal anzutreffen. Die Hausbank vermittelte einem Kunden das von ihm gewünschte Produkt, hier also den Leasingvertrag. Für die Vermittlung berechnet sie dem Kunden verdeckt eine Provision. Die taucht aber in ihren Kreditkonditionen für den Kunden nicht auf. Die Leasingbank schlägt diese Kosten auf ihren Vertragspreis drauf, kassiert also beim Kunden, und reicht dann das Geld an die Hausbank weiter. Als Dankeschön für die Vertragsübernahme der notleidenden Leasingverträge. Und das läuft über dieses Verrechnungskonto im Rahmen des Clearings.«
»Entschuldige, Manfred, aber ich habe nur Bahnhof verstanden«, sagte Malbek matt.
»Stell dir vor, ein Vermieter verlangt vom Mieter nicht nur eine Mietkaution, was der Banksicherheit entspricht, sondern auch noch eine Vermittlungsprovision für die Vermietung. Das ist rechtswidrig. Damit keiner was merkt, hat er einen als Makler auftretenden Strohmann, der vom Vermieter eine Vermittlungsprovision verlangt. Der Strohmann gibt diese Provision an den Vermieter. War das so mundgerechter für dich?«
»Ein bisschen. Also es wird gemauschelt, damit jeder mehr Kohle bekommt, als ihm
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