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Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan

Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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grüne Cordhose, einen pinkfarbenen Angoraschal und eine dazu passende Mütze. Ich war mir sicher, dass sie in ihrer Handtasche auch noch flauschige rosafarbene Fäustlinge zur Komplettierung ihres Accessoire-Ensembles hatte. Ich wusste, wie sie dachte. »Winter-Chic.«
    Obwohl Anne in Alabama geboren und in Mississippi zur Schule gegangen war, kam sie nicht zum ersten Mal in den Norden und besaß, wie viele aus dem Süden, zumindest ein theoretisches Verständnis vom Konzept der Kälte. Aber der Verstand ist eine überfürsorgliche Mutter. Was er nicht mag, versteckt er. Wie viele, die aus den Subtropen kamen, hatte Anne die Realität von Minusgraden einfach verdrängt.
    Wir befanden uns in Quebec. Anne war angezogen für herbstliche Kühle in den Blue Ridge Mountains.
    Als wir das Terminal verließen, hörte ich, wie Ms. Winter-Chic der Atem stockte. Lächelnd lief ich mit ihr zu meinem Auto. Eigentlich konnte ich es Anne nicht verdenken. Obwohl ich regelmäßig zwischen Charlotte und Montreal pendle, schafft der erste Eiseshauch des Winters sogar mich immer noch.
    Auf dem Weg ins Centre-ville sprang Anne von einem Thema zum anderen. Ihre Katzen Regis und Kathie Lee. Die Zwillinge Josh und Lola. Ihr jüngster Sohn Stuart, der sich zum Fürsprecher der Schwulenrechte entwickelt hatte. Zwischen den einzelnen Ausbrüchen verstummte sie immer wieder, und ein trübsinniges Schweigen füllte den engen Raum um uns herum.
    Okay, alte Freundin. Erzähl mir die Geschichte, wenn du so weit bist.
    Eineinhalb Stunden später begann Anne, sich durch eine Erklärung zu winden. In ihren Worten hörte ich eine gewisse Unschlüssigkeit, als wollte sie im Reden ihre Gedanken testen.
    Wir waren zu mir nach Hause gefahren, um Annes Sachen abzustellen, und saßen jetzt in der Trattoria Trastevere an der unteren Crescent. Ich trank Perrier. Anne war bei ihrem dritten Chardonnay.
    Und der zeigte Wirkung.
    »Ich bin sechsundvierzig Jahre alt, Tempe. Wenn ich jetzt nicht nach einem Sinn in meinem Leben suche, gibt’s später da draußen nichts mehr, was ich noch finden könnte.« Sie tippte sich mit manikürtem Nagel auf die Brust. »Oder hier drinnen.«
    Wieder dachte ich an meine Schwester. Harry war auf der Suche nach innerem Frieden nach Montreal gekommen. Sie hatte sich mit apokalyptischen Spinnern eingelassen, die sie auf eine Reise zum ewigen Frieden schicken wollten. Im Sinne von Tod. Annes Sätze klangen wie Treibgut auf genau demselben Selbsthilfe-Psychogewäsch-Rinnsal.
    »Und den Kindern geht’s gut?«
    »Alles bestens.«
    »Tom hat nichts getan, was dich sauer gemacht hat?«
    Der Nagel deutete auf mich. »Tom hat überhaupt nichts getan. Noch nie. Außer man versteht unter tun, Arschlöcher von Spekulanten zu verteidigen, die die Welt von Bäumen befreien wollen, und ansonsten den Heiligen Gral eines Ass auf dem Golfplatz zu suchen. Schätze, ich bin selber schuld, wenn ich jemanden mit einem Namen wie Turnip heirate.«
    Tom-Teds Familienname, der »Weiße Rübe« bedeutete, war im Lauf der Jahre Anlass für viele Witzeleien gewesen.
    »Die Rübe ist gezogen.«
    »Du hast ihn verlassen?« Ich konnte es nicht glauben.
    »Ja.«
    »Nach vierundzwanzig Jahren und drei Kindern?«
    »Die Kinder geht das nichts an.«
    Meine Gabel blieb mitten in der Luft stehen. Anne und ich starrten uns an.
    »Du weißt, dass ich es nicht so meine«, sagte sie. »Die Kinder sind erwachsen. Josh und Lola haben schon ihren Collegeabschluss. Stuart ist unterwegs und macht, was Stuart eben macht.«
    Sie stach nach einem Salatblatt. »Sie leben ihr Leben, und mir bleibt nichts anderes mehr zu tun, als Immobilien zu verkaufen und verdammte Azaleen zu züchten.«
    Nach meiner Promotion an der Northwestern ging Pete zu einer Anwaltskanzlei in Charlotte, und ich bekam eine Stelle an der UNCC. Ich war damals sehr froh, Chicago verlassen und in mein geliebtes North Carolina zurückkehren zu können. Aber der Umzug hatte auch seine Kehrseite.
    Tagsüber war ich umgeben von Akademikern. Engagiert. Mitfühlend. Intelligent. Und gesellschaftlich so kultiviert wie eine Sonderausgabe von Homes & Gardens. Katy war damals noch ein Kleinkind. Meine Kollegen waren kinderlos und völlig ahnungslos in Bezug auf die Anforderungen, die das Muttersein mit sich brachte.
    Jeden Abend holte ich mein Baby aus der Kinderkrippe ab und tauchte dann ein in ein Musterbeispiel des Country-Club-Lebens. Manikürte Rasenflächen. Autos der Oberklasse. Gattinnen wie die Klone aus den

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