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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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Kepners Haus. Die Nachbarin saß immer noch mit dem Baby auf der Veranda und sah zu, wie der Vormittag allmählich in den Nachmittag überwechselte.
    «Wie spät war es zu diesem Zeitpunkt?»
    «Halb vier», antwortete Tony. «Vielleicht ein bisschen später.»
    «Wurde Dennis danach noch einmal gesehen?»
    «Der Polizeibericht ist ziemlich ausführlich. Man hat sämtliche Anwohner befragt, aber es scheint, dass nur seine Mutter Dennis in den Park hat gehen sehen. Niemand sah ihn wieder herauskommen.»
    Tony kannte den Polizeibericht. Natürlich. Wahrscheinlich lagen dem neuen Lieutenant inzwischen auch schon Kopien der anderen Vermisstenberichte vor. Nick hinkte ihm nicht zuletzt auch in dieser Hinsicht hinterher.
    «Was steht sonst noch in dem Bericht?»
    «Dass sich Maggie Olmstead 1990 mit der Polizei von Fairmount in Verbindung gesetzt hat. Sie behauptete, der Fall Dennis Kepner stehe mit dem Verschwinden ihres Sohnes in Zusammenhang.»
    Die Polizei war also in Kenntnis gesetzt worden, hatte aber anscheinend nichts weiter unternommen.
    «Man hat ihr wohl nicht geglaubt», sagte Nick.
    «Nicht wirklich. Trotzdem haben die Kollegen in Fairmount versucht, sich schlauzumachen, und in Perry Hollow angerufen. Sie wollten mit dem Chief sprechen.»
    «Kats Vater?»
    Tony nickte. «Aber der war gerade gestorben, und es gab zu diesem Zeitpunkt noch keinen Nachfolger. Damit erklärt sich wahrscheinlich auch die ganze Schlamperei. Im Revier ging alles drunter und drüber, und so haben die Kollegen in Fairmount nur erfahren können, dass der Fall Charlie Olmstead schon Jahre zuvor als Unfall zu den Akten gelegt wurde. Was den Kepner-Jungen anging, hatte man von Anfang an auf eine Entführung getippt.»
    Nicht so in all den anderen Fällen, wie Nick wusste. Er dachte an Wasserfälle, an tiefe Wälder und stillgelegte Bergbauminen, in denen die Polizei die verschwundenen Jungen vermutet hatte. «Wieso?»
    «Sie haben im Park jeden Quadratzentimeter abgesucht, aber nichts gefunden.» Tony hob den Arm und zeigte in die Runde. «Besonders weitläufig ist das Gebiet ja nicht gerade. Es sind sogar Spürhunde zum Einsatz gekommen, die aber von dem Jungen keine Witterung aufnehmen konnten.»
    Nick schaute nach links auf den Ententümpel. Er war kaum größer als ein gewöhnlicher Swimmingpool und wahrscheinlich nicht besonders tief. «Wurde der da ausgebaggert?»
    «Ausgebaggert nicht gerade, aber mit Gummistiefeln gründlich durchwatet und durchsucht.»
    «Hat man es nicht für möglich gehalten, dass der Junge einfach von zu Hause weggelaufen ist?», fragte Nick.
    «Die gleiche Frage habe ich Sophie Kepner gestellt. Sie sagte, Dennis sei so glücklich gewesen, wie man es als Zehnjähriger überhaupt nur sein könne. Er hatte Freunde. Er kam gut in der Schule zurecht, und das Leben der Familie schien durchaus harmonisch gewesen zu sein.»
    «Es gab also keinen Grund, Reißaus zu nehmen?»
    «Nicht den geringsten», antwortete Tony. «Und du weißt genauso gut wie ich, dass Ausreißer normalerweise älter sind, meist so um die fünfzehn, sechzehn Jahre. Der Junge war erst zehn. Außerdem verschwinden Ausreißer nicht ohne Gepäck. Sie nehmen Kleider mit, Geld, persönliche Gegenstände, an denen sie hängen. Aber laut Mrs. Kepner fehlten in Dennis’ Zimmer nur die Sachen, die er trug, und eine Modellrakete.»
    «Eine Rakete?»
    «Im Polizeibericht ist von einer weiß lackierten Eisenstange die Rede, circa zehn Zentimeter lang. Dennis hatte mit dem Taschenmesser seines Vaters seinen Namen eingeritzt. Eine seiner Lehrerinnen gab zu Protokoll, Dennis habe am Tag seines Verschwindens die Rakete mit in die Schule gebracht. Wegen der Landung von Apollo 12 auf dem Mond, die dann alle Schüler in der Aula vor dem Fernseher mitverfolgen konnten. Normalerweise hat das Ding auf dem Nachttischchen gelegen. Deshalb ist der Mutter aufgefallen, dass es nicht da war.»
    «Wie erklärt sie sich das?»
    «Sie glaubt, Dennis habe es mit in den Park genommen. Dann ist es verschwunden. So wie er.»
    Was er da hörte, brachte Nick auf einen Gedanken, der nicht direkt mit dem Kepner-Fall zusammenhing. «Darf ich fragen, wieso du mir all diese Informationen anvertraust?»
    Tony blieb wieder stehen. Er schaute Nick ins Gesicht und lenkte dann den Blick auf dessen Stock.
    «Weil man dich mies behandelt hat, Nick. Darüber sind sich alle im Klaren. Außerdem bist du der beste Ermittler, den ich kenne, und ich hoffe auf deine Hilfe.»
    «Soll das heißen,

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