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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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die.»
    «Die State Police?» Der Bürgermeister schien verblüfft, was Kat ein wenig milder stimmte. «Was sind das für Anhaltspunkte?»
    «Dazu kann ich mich nicht äußern. Aber Sie könnten mir sagen, was Ihnen zum Verschwinden von Charlie Olmstead in Erinnerung geblieben ist.»
    «Nichts», antwortete Burt. «Die Sache liegt Jahrzehnte zurück.»
    Kat hatte den Eindruck, dass der Bürgermeister die Unwahrheit sagte. Er schien sich zu winden, was einer Polizistin gegenüber nicht besonders klug war. Polizisten rochen den sprichwörtlichen Braten.
    «Ja, aber Sie lebten damals bereits hier. Wie alt waren Sie 1969? Siebzehn? Achtzehn?»
    «Neunzehn», korrigierte der Bürgermeister. «Und ich erinnere mich nur daran, dass der Junge aller Wahrscheinlichkeit nach im Fluss ertrunken und nie wieder aufgetaucht ist.»
    «Andere erinnern sich an mehr», sagte Kat. «Deshalb werde ich weiter ermitteln, ob Sie es wollen oder nicht.»
    «Sie sind der Chief», entgegnete Burt mit spöttischem Unterton. «Aber seien Sie gewarnt. Fallen Sie den Santangelos nicht noch einmal zur Last.»
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, legte er auf. Kat hatte noch das stumme Handy am Ohr, als Eric das Revier betrat.
    «Das Bild kommt mir bekannt vor», sagte er. «Ich habe bis vorhin ebenfalls am Telefon gehangen, immer wieder, eine geschlagene Stunde lang.»
    «Und du hast deinen Vater nicht erreicht, nehme ich an.»
    Eric schüttelte den Kopf und kam näher. Er wirkte ruhiger als bei ihrem letzten Treffen und zeigte sich entschlossen.
    «Ich wollte dir sagen, wie ich mich entschieden habe, was Charlies Gedenkstein auf dem Friedhof angeht.»
    «Und?»
    Eric deutete ein trauriges Lächeln an. Er schien sich in seiner Rolle nicht wohl zu fühlen, nahm sie aber an.
    «Wir graben aus, was immer sich darunter verbirgt.»

16
    Einen weiteren Park aufzusuchen war das Letzte, worauf Nick Lust hatte, zumal das neue Ziel an die hundert Mal größer war als der kleine Grünfleck in Fairmount. Ein riesiges Terrain voller Bäume und Pfade. Er würde schrecklich weite Strecken zurücklegen müssen.
    «Können wir?», fragte Tony, als Nick aus dem Wagen ausstieg.
    «Nein.»
    Die Fahrt zum Lasher Mill State Park hatte nur eine knappe Viertelstunde gedauert, zu kurz, als dass sich Nicks Bein hätte erholen können. Sein Knie, das in den vergangenen zwei Tagen stärker beansprucht gewesen war als in der Zeit davor, schmerzte höllisch. Es half nichts, er musste die Zähne zusammenbeißen.
    Tony stimmte mit ihm überein, dass Dennis Kepner aller Wahrscheinlichkeit nach im Gebüsch überwältigt und in ein Auto gezerrt worden war, das an der Straße hinter dem Park bereitgestanden hatte. Nick hoffte, im State Park ähnliche Umstände anzutreffen, die das spurlose Verschwinden von Noah Pierce erklärt hätten.
    Doch dem war nicht so.
    Den rechteckigen Parkplatz umschloss ein breiter, frei einsehbarer Wiesengürtel, auf drei Seiten bestückt mit fest verankerten Bänken, Tischen und Feuerstellen, wo sich an diesem Nachmittag allerdings niemand aufhielt. Die vierte Seite der offenen Grasfläche senkte sich auf einer Länge von mehreren hundert Metern zum Ufer eines weiten Sees mit Anlegestelle, vor der allerdings kein Boot lag. Weiter rechts ragte ein halb verfallenes Gebäude auf, das früher einmal rot gestrichen gewesen sein mochte, jetzt aber von verwittert rostiger Farbe war.
    «Eine ehemalige Getreidemühle», erklärte Tony im Tonfall eines Reiseführers. «Dazu gehörte das ganze Gelände hier. Während der letzten Wirtschaftskrise wurde der Betrieb eingestellt und das Gelände in einen Park umgewandelt. Daher der Name.»
    Sie verließen den Parkplatz und machten sich auf den abschüssigen Weg ans Seeufer. Um die Schmerzen im Knie aushalten zu können, lenkte sich Nick mit der Vorstellung einer tief verschneiten Umgebung ab. Wohl ein hübscher Anblick, wenn man dafür etwas übrighatte. Weiße Baumkronen. Darunter die weite Eisfläche des zugefrorenen Sees. Und dieser Abhang, der seinem Knie zwar eine Qual war, aber jedem Kind mit Schlitten ein Vergnügen wäre.
    «Der Tag, an dem Noah verschwand, war ein Freitag», sagte Tony. «In der Nacht zuvor hatte es geschneit, so sehr, dass schulfrei gegeben wurde. Es waren wahrscheinlich jede Menge Kinder hier zum Schlittenfahren.»
    Nicks imaginäre Winterlandschaft bevölkerte sich mit Kindern und deren Eltern, die auf Schlitten den Hang hinunter- und bis auf den zugefrorenen See hinaussausten – ein Traum für

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