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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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hinab. Sie drückte Ginger die Taschenlampe in die Hand und sagte: «Leuchte mir. Ich geh mal runter.»
    «Das ist doch wohl nicht dein Ernst.»
    «Und ob.»
    Kat stieg auf die erste Sprosse und überzeugte sich von deren Festigkeit. Nach dem Beinaheunfall auf der Brücke vom Vortag wollte sie diesmal kein Risiko eingehen. Vorsichtig setzte sie den Fuß auf die nächste Sprosse, verlagerte ihr Gewicht darauf und stieg so, Schritt für Schritt, tiefer hinab.
    Ihr war, als beträte sie einen Gefrierschrank, so kalt war es in dem Loch. Und ebenso dunkel. Kat sah die Hand vor Augen nicht.
    «Wirf mir die Lampe runter», rief sie nach oben und hob beide Hände über den Kopf. «Ich brauche Licht.»
    Kat fing die Lampe auf und fand sich in einem zylindrischen Hohlraum mit einem Durchmesser von circa drei Metern wieder. Die gewölbte Decke war mit Eisenträgern verstärkt, die sich vom Scheitelpunkt aus strahlenförmig ausbreiteten. Mehrere leere Regale hingen an der Wand, gehalten von Drahtseilen, die an den Trägern befestigt waren. Darunter stand eine lange Bank, und daneben schwebten, ebenfalls an Drahtseilen und übereinander angeordnet, drei Paletten vor der Wand. Sie hatten wohl als Feldbetten dienen sollen. Matratzen gab es nicht, aber Kat konnte sich vorstellen, wie es aussehen würde, wenn sie auf den Paletten lägen und bezogen wären. Wie in einem engen Liegewagenabteil. Nicht gerade gemütlich, aber im Ernstfall sicher.
    Wieder auf dem Weg nach oben, malte sich Kat aus, zusammen mit James in einem solchen Verlies eingepfercht zu sein. Nicht selten gerieten sie schon in der gemeinsamen Wohnung aneinander, obwohl man sich dort ganz gut aus dem Weg gehen konnte. Zu zweit auf so engem Raum beschränkt zu sein würde sie beide wahrscheinlich in den Wahnsinn treiben. Kaum vorstellbar, dass hier nicht weniger als drei Personen hätten unterkommen sollen.
    Kat hielt inne und blieb auf der dritten Sprosse stehen. Mort Clark hatte den Bunker laut Ginger in den Fünfzigern bauen lassen, als die Angst vor einem Atomkrieg oder Außerirdischen ihren Höhepunkt erreicht hatte. Falls das Undenkbare Wirklichkeit geworden wäre, wollte er sich und seine Frau an einem sicheren Ort wissen.
    Aber der Bunker war für drei Personen eingerichtet. Nicht nur für zwei. Mort hatte sich also für noch jemanden verantwortlich gefühlt. Wie wäre sonst das dritte Bett zu erklären? Auf die Frage aber, wer dieser Jemand gewesen sein sollte, wusste Kat keine Antwort.
    Sie verließ den Schacht, warf die Klappe zu und dankte Ginger für die Besichtigungstour.
    «Ganz hübsch alles, aber ich glaube, nichts für mich.»
    Ginger runzelte die Stirn. «Gefällt dir das Haus denn nicht?»
    Doch, erwiderte Kat, aber ein Kauf komme für sie nicht in Frage. Abgesehen davon gefiel ihr das Haus durchaus, nicht aber die Tatsache, dass sie von seinen ehemaligen Bewohnern so gut wie nichts wusste.

    Fürs Mittagessen besorgte sich Kat eine Pizza vom Billigbäcker neben Shop-and-Save und nahm sie mit aufs Revier, wo sie sich zu Lou an den Schreibtisch setzte und den Fladen viertelte. Die Peperoni waren knapp bemessen, dafür triefte er vor Fett, was Kat aber nicht weiter störte. Sie war so hungrig, dass ihr auch Pappe mit Ketchup wie ein Festmahl vorgekommen wäre.
    «Was weißt du über die Clarks?», fragte sie Lou mit vollem Mund.
    «Nicht viel. Mort hat für das Sägewerk gearbeitet, und Ruth war bekannt für ihr sauleckeres Zitronenbaiser.»
    «Das sind nicht wirklich die Informationen, die ich brauche.»
    «Hast du schon einmal Zitronenbaiser gemacht?», fragte Lou. «Ist nicht so einfach, wie man meint.»
    «Ich hatte gehofft, du wüsstest mehr über sie.»
    «Immerhin weiß ich, wer dir ausführlich Auskunft geben könnte. Bis eben haben sie drüben im Diner gesessen. Wie immer.»
    Lou sprach von einer Gruppe älterer Herrschaften, die an jedem Wochentag morgens in einer Ecknische des Perry Hollow Diners zusammentrafen. Die sogenannte Coffee Crew . Ob sie sich den Namen selbst gegeben hatten oder von der Bedienung so bezeichnet wurden, wusste Kat nicht. Bestehend aus Rentnern und ehemaligen Angestellten des Sägewerks, wechselte die Zusammensetzung immer wieder aufgrund von Todesfällen und Neuzugängen. Nur einer war von Anfang an dabei gewesen und darum so etwas wie der Sprecher der Gruppe, der die Gesprächsthemen vorgab, sei es das Wetter oder Beschwerden, was die Arbeit der Regierung anging.
    «Norm Harper?», fragte Kat.
    «Genau der»,

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