Totennacht (German Edition)
Spielzeugrakete noch nichts wissen, ebenso wenig wie von dem Besitzer des Ferienlagers, der jetzt ihr Hauptverdächtiger war.
«Ich habe große Neuigkeiten», sagte er.
«Ich auch», entgegnete Kat. «Ich glaube zu wissen, wer Charlie Olmstead entführt hat. Sein Name ist Craig Brewster.»
Nick musste sich korrigieren. Kat wusste bereits von Craig Brewster. «Wie bist du dahintergekommen?», fragte er.
Ohne den Fuß vom Gas zu nehmen, hörte er Kat zu, die von einem Bunker, Sexfilmen und der Tochter von Mort und Ruth Clark berichtete. Das meiste verwirrte ihn – vor allem die Sache mit dem Sexstreifen –, aber während sie sprach, wurde ihm klar, dass sie beide zu dem gleichen Ermittlungsergebnis gekommen waren. Und das machte Craig Brewsters Schuld doppelt wahrscheinlich.
«Und wie bist du auf ihn gekommen?», fragte sie.
Tatsächlich war Nick nach der Begegnung im Camp noch zwei Mal auf ihn gestoßen – durch Kat nun zum dritten Mal. Bill Mason verdankte er den ersten Hinweis, und als er Tony Vasquez davon in Kenntnis gesetzt hatte, war der Lieutenant mit dem Polizeibericht über Dennis Kepner herausgerückt, den er kurz zuvor ausgegraben hatte. Wie sich herausstellte, hatte Mr. Brewster auch in Fairmount gewohnt, in unmittelbarer Nachbarschaft der Kepners.
«Fährst du nach Camp Crescent?», fragte Kat im Anschluss an Nicks Ausführungen.
«Ich bin schon so gut wie da.»
Nick hatte sich mit Tony am Eingang zum Ferienlager verabredet und hoffte auf Polizeiverstärkung, die das Lager durchsuchen und ihm Craig Brewster zur Vernehmung vorführen würde, denn er selbst wollte sein Knie schonen. Falls der Alte geständig sein würde, wären alle sechs Vermisstenfälle schon am Abend aufgeklärt.
«Was kann ich tun?» Die Frage war typisch für Kat. Sie hasste es, untätig zu sein.
«Du kannst im Augenblick nur abwarten», antwortete Nick. «Ich rufe dich an, sobald Tony unserem Mr. Brewster Handschellen angelegt hat.»
Er steckte das Handy weg und schaute nach vorn. Vor der Abzweigung, die nach Camp Crescent führte, stand ein Streifenwagen der State Police und versperrte die Zufahrt. Darin saß ein Polizist mit zusammengebissenen Zähnen und Pilotenbrille. Er winkte Nick durch, nachdem dieser seinen Namen genannt hatte.
Nick kam an zwei weiteren Streifenwagen vorbei, die an der Schotterpiste zum Camp postiert waren. Sie sollten Unbefugten die Zufahrt versperren und, wichtiger noch, Craig Brewster daran hindern, Reißaus zu nehmen.
Vor dem Eingang standen insgesamt sechs Streifenwagen sowie das unmarkierte Fahrzeug von Tony und ein Mannschaftsbus der schnellen Eingreiftruppe SWAT. Es wimmelte nur so von bewaffneten und mit Schutzwesten ausgestatteten Polizisten. Fünf von ihnen umringten ein Mitglied des SWAT-Teams, das sich mit einer Flex am Metalltor zu schaffen machte.
Nick parkte in sicherer Entfernung und stieg aus. Sekunden später war Tony bei ihm.
«Wir müssen uns beeilen», sagte er und schnallte seine Kevlar-Weste enger um die Brust. «Du bleibst hier. Ich melde mich, sobald wir den Mistkerl im Sack haben.»
Nick folgte ihm. «Ich komme mit. Ich bin der Einzige, der schon mal hier war. Ich kenne das Gelände. Brewster hat mich heute Morgen rumgeführt.»
Tony schüttelte den Kopf. «Tut mir leid, Nick. Gloria macht mir die Hölle heiß, wenn ich dich mitkommen lasse.»
«Verstehe», sagte Nick. «Ich hätte euch zeigen können, wo sich Brewster möglicherweise versteckt hält. Aber wie ich sehe, seid ihr gut gerüstet für den Fall, dass er euch mit seiner Flinte begrüßt.»
Wortlos ging Tony auf den Mannschaftsbus zu und flüsterte dem Teamleiter etwas ins Ohr. Als er sich umdrehte, hielt er eine Kevlar-Weste in der Hand, die er Nick zuwarf.
«Du bist eine echte Nervensäge, Donnelly.»
Nick lehnte seinen Stock an den Wagen und legte die Weste an. «Ich weiß.»
«Was willst du eigentlich?», fragte Tony, der ihm dabei zusah, wie er die Klettbänder an der Seite befestigte. «Dir müsste doch klar sein, dass der Polizeidienst für dich keine Alternative mehr ist.»
«Ich tu’s nicht für mich», entgegnete Nick. «Sondern für Charlie Olmstead.»
Kat konnte nicht warten. Weder auf Flughäfen noch in Arztpraxen. Am allerwenigsten auf einen Anruf, der ihr die Festnahme eines Mannes meldete, dem möglicherweise sechs Jungen zum Opfer gefallen waren. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Um sich abzulenken, surfte sie im Internet und stolperte über eine unliebsame
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