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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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ist, bis
auf den Kopf mit den gelben Zähnen, den ich noch in meinem Rucksack habe.
Ironie des Schicksals. Ich stelle mich vor, erzähle ihm, dass ich auch auf der
Party war, und beglückwünsche ihn zu seinem grandiosen Kauf. Inzwischen hat
mein Erscheinen eine ziemliche Aufregung in der Gruft ausgelöst. Die Einheimischen
gestikulieren mit Händen und Füßen herum, während Sigmund Altmann mit dem ägyptischen
Leiter der Ausgrabung spricht und immer wieder zu mir herüberblickt. Ich tue
so, als bemerke ich es nicht. Ich ignoriere den offenen Sack, der in einer Ecke
steht und aus dem ein paar Skulpturen herausschauen. Auch die an die Wand
gelehnten eingewickelten Mumien versuche ich nicht zu bemerken. Anscheinend
wird hier ein heimlicher Handel abgeschlossen. Vielleicht ein Ersatz für die
entwendete Mumie, die 20 000 Pfund
einbringen sollte?
    Nach einem längeren Gespräch mit Herrn Altmann, der deutscher Herkunft ist, stellt
sich heraus, dass er ebenso wie ich Apotheker ist. Ich stelle mich allerdings
nur als Kunstsammler vor und zeige mich interessiert an illegalen Käufen von
Schätzen aus Grabkammern.
    30. Juni
    Ein Fieber hat mich zwei Tage lang geschüttelt. Es haben sich zwei große Beulen auf
der Wange gebildet. Nach Aufsuchen eines Arztes erklärt er mir, dass ich an der
Hautkrankheit »Aleppo« erkrankt bin, die sich normalerweise nur bei
Einheimischen in der frühesten Kindheit entwickelt, selten bei Erwachsenen.
Aleppo ist eine verwandte Form des Saharageschwürs. Bevor sich das Geschwür in
meinem Gesicht ausbreitet und es mich in einer fürchterlichen Weise entstellt,
wie man mir prophezeit, reise ich zurück in die Heimat.
    Hier hörte der Reisebericht auf. Die folgenden vergilbten
Seiten waren leer. Lediglich in den hinteren Teil waren ein paar Fotos lose
hineingelegt worden, die leicht zusammenklebten. Sie zeigten ihren Großvater an
der Seite zweier Männer in sportlicher, heller Kleidung, in deren Mitte eine
aufrecht stehende ausgewickelte Mumie an die Mauer gelehnt stand. Ihren
Großvater in einem weißen Beduinengewand neben einem Kamel, ihren Großvater mit
einem Mann, der einen halben Kopf größer war als er selbst. Auf der Rückseite
stand Altmann in schwarzer Tinte geschrieben mit dem Datum
von 1931. Offensichtlich hatte sich aus der ersten Begegnung der beiden Männer
eine langjährige Freundschaft entwickelt. Aethel fragte sich, ob ihr Großvater
Altmann jemals von der Mumie erzählt hatte, die dieser für 20 000 Pfund
ersteigert und die ihr Großvater gestohlen und kleingemörsert hatte.
    Ihr Großvater hatte nie verraten, woher er diese lange Narbe hatte,
die sich vom rechten Nasenflügel bis zur Mitte der Wange zog. Wahrscheinlich
stammte sie von diesem Saharageschwür, das er erfolgreich mit einem seiner exotischen
Mittelchen behandelt hatte.
    Zu Lebzeiten war er für den Rest der Familie immer ein alter
Griesgram gewesen, voller Geheimnisse, die er mit niemandem teilte. Als Kind
hatte sie auf Familienfesten, die noch zu Zeiten ihrer Großmutter gefeiert
worden waren, immer den Geschichten gelauscht, die sich um ihren Großvater
rankten. Da war von mysteriösen Paketlieferungen aus Deutschland die Rede gewesen,
die ihr Großvater in die Apotheke getragen hatte. Diese Paketlieferungen hörten
jedoch während des Zweiten Weltkrieges plötzlich auf. Die Apotheke lief
jahrelang mit großem Erfolg in Chester wegen ihrer außergewöhnlichen Vielfalt
seltener exotischer Medizin, die sie führte. Unter anderem Mumia vera Aegypta, auch
Totenpech genannt, das aus einer zerstoßenen Mumie gewonnen wurde und zur
Heilung von Geschwülsten und Frauenkrankheiten verschiedener Art eingesetzt
wurde. Anscheinend hatte ihr Großvater sein Saharageschwür auch mit dem
magischen Pulver behandelt, denn außer der einen Narbe konnte von einer
Entstellung seines Gesichtes keine Rede sein. Sogar Lew Tolstoi war angetan von
Mumia gewesen und hatte es als wachstumsförderndes Remedium bezeichnet.
    Doch während des Zweiten Weltkrieges verlor ihr Großvater vollkommen
das Interesse an der Apotheke und zog sich in sein Tudorschloss zurück.
    Irgendwann war ein Brief aus Ägypten eingetroffen. Von da an
verreiste er in regelmäßigen Abständen und erwähnte nie mit einer Silbe, ob und
wann er wieder zurückkommen würde, geschweige denn, wohin er reiste. Als

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