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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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eingeschlafen.
    Die Frau sah jetzt lächelnd auf sie herab, neben sich ein Tischchen,
auf dem mehrere Instrumente lagen, von denen Michaela nur eines erkannte: ein
Skalpell. Die Hand schwebte über den Instrumenten, als wäre sie unschlüssig,
mit welchem sie beginnen sollte. »Was wäre der kleinen Hure am liebsten? Wenn
ich ihr zuerst die Augen entferne … das Gehirn … oder die Gedärme?«
    Â»Bitte, das muss ein Missverständnis sein«, schluchzte Michaela.
Tränen rannen ihr über die Schläfen in das weiche Haar. Die Frau hielt jetzt
das Skalpell in die Höhe, und ihr wurde klar, dass das hier kein Spielchen war.
Die Angst vernebelte ihr Hirn. Diese Irre würde kein Erbarmen mit ihr haben.
    Dann spürte sie, wie das scharfe Messer tief in ihren Bauch schnitt
und die Frau ihre Hand in die Öffnung steckte. Ein letzter Schrei entrann sich
ihrer trockenen Kehle, dann war nur noch das Summen der Frau zu hören, die aus
dem noch lebenden Körper die Gedärme zog.

36. KAPITEL
    Mallorca   Aethel
ging durch die schmalen, mit Steinen gepflasterten Gassen, die hinter der alten
Kathedrale in Palma entlangführten, und sah in die Schaufenster, ohne wirklich
hineinzusehen. In einer mittelgroßen dunkelblauen Reisetasche trug sie die
eingewickelte Büste der Königin.
    Unter einem alten Emailleschild, auf dem der Name La
Clave stand und an dem ein großer eiserner Schlüssel hing, blieb sie
stehen. Ein kleines Steingewölbe führte in den Innenhof des Restaurants, und
von dort ging eine Eisentreppe in den ersten Stock. Begleitet von einem
blechernen Geräusch, das jede einzelne Stufe beim Betreten von sich gab, stieg
Aethel langsam nach oben, bis sie auf einer durchlöcherten Eisenplattform
angekommen war. Sie zögerte einen Augenblick, sah auf die blaue Reisetasche in
ihrer rechten Hand, die inzwischen an die hundert Kilo zu wiegen schien. Noch
konnte sie zurück, konnte die Büste für sich behalten. Sie gab sich einen Ruck,
öffnete die von Holzwürmern zerfressene Tür und trat ein. Das Restaurant war
leer. Nur in der hinteren Ecke saß ein Mann an einem Tisch, vor sich ein Glas
Rotwein. Er stierte sie an. Sein Blick wanderte zur Tasche. Schlagartig
entspannte sich seine Miene. Gier, gepaart mit einer Art undefinierbarer Erregung,
huschte über sein Gesicht. Seine trüben Augen deuteten darauf hin, dass es wohl
nicht das erste Glas Wein war, das er sich an diesem Tag oder frühen Abend
genehmigte.
    Aethel stellte die Tasche auf einen Stuhl, der zwischen ihnen beiden
stand, und beobachtete, wie der Mann sie öffnete, hineinsah und wieder
verschloss. Er lächelte. Es war ein überraschend sympathisches Lächeln, wie
Aethel feststellen musste.
    Â»Sie ist wunderschön«, begann Aethel leicht versonnen.
    Der Mann nickte, sagte jedoch kein Wort. Jedenfalls schien er
Englisch zu verstehen, obwohl sein Aussehen, seine schwarzen Haare, die braunen
Augen, der starke dunkle Bartwuchs, eher dafür sprach, dass er Südländer war.
Spanier, Italiener, Grieche oder Türke. Bei genauerem Betrachten hätte er auch
Araber sein können.
    Der Mann trank sein volles Glas Wein in einem Zug leer, nahm die
Tasche und verließ das Restaurant.
    Aethel war versucht hinterherzugehen, sie wollte wissen, wohin ihre
Königin verschleppt wurde. Und das tat sie auch. Doch als sie das Steingewölbe
passierte, war weder links noch rechts jemand zu sehen. Sie lief bis zur
nächsten Quergasse, auch hier war niemand mehr zu sehen. Sie stand auf der
Kreuzung der schmalen Gasse und fühlte sich plötzlich einsam. Ein unbehagliches
Gefühl stieg in ihr auf, ein Gefühl, als würde man sie beobachten. Ihre
Nackenhaare stellten sich auf. Sie wagte weder sich umzudrehen noch die oberen
Fenster nach einem Augenpaar abzusuchen. Schnellen Schrittes ging sie die Gasse
entlang zum Platz, vorbei an ein paar Kneipen, aus denen leise Musik drang,
ohne noch einmal stehen zu bleiben oder sich umzudrehen.

37. KAPITEL
    München   Das
Knistern des Schaums, das warme Wasser, leise Musik im Hintergrund hatten zwar
eine entspannende Wirkung auf Sam, aber ganz abschalten konnte er dennoch
nicht. Wieder einmal spukte Ronald Walter in seinem Kopf herum. Irgendetwas
quälte das Gewissen des Mannes so sehr, dass er in seiner Gegenwart völlig
nervös war. Er zitterte, schwitzte, und sein rechtes Auge hatte Zuckungen
vollführt

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