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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Betrug, dem offensichtlich ein Verbrechen
vorausgegangen ist?«
    Der Direktor sah Sam stumm an. Dann nahm er einen Stift in die Hand
und begann die Mine heraus- und hineinzudrehen, während Sam geradezu spürte,
wie es fieberhaft im Kopf des Direktors arbeitete.
    Â»Ich verstehe immer noch nicht, wovon Sie reden«, sagte er ruhig.
    Â»Ich rede von der Mumie, Herr Hansen. Sie wollten die Besucherzahlen
Ihres Museums ein wenig anheben.«
    Dann legte er ihm das Foto der ausgewickelten Mumie vor die Nase.
»Eine junge Frau, die für irgendeinen Betrug für viel Geld gestorben ist. Diese
Mumien werden doch für Millionen gehandelt, ist es nicht so?«
    Â»Das ist doch kompletter Blödsinn. Ich habe nichts davon gewusst.
Aber eines fällt mir jetzt ein, Herr Walter war in letzter Zeit so merkwürdig.
Aber dass so etwas dahintersteckt, konnte ich ja nicht ahnen.«
    Â»Herr Hansen, halten Sie mich für dumm? Wie viel hat es Sie
gekostet, damit er den Mund hält?«
    Direktor Hansen schüttelte den Kopf und sah Sam ungläubig an.
    Â»Das wird ja immer wahnsinniger.« Er räusperte sich. »Na ja, Ronald
hat mich vor ein paar Tagen um einen kleinen Kredit gebeten. Ich habe ihm
gestern fünftausend Euro überwiesen.« Der Direktor wischte sich mit der Hand
über das verzweifelte Gesicht.
    Â»Sie verlassen die Stadt bis auf Weiteres nicht, Herr Hansen.
Solange Herr Walter nicht auftaucht, stehen Sie leider unter Verdacht, mit
seinem Verschwinden etwas zu tun zu haben. Außerdem wird gegen Sie wegen
Betruges, zumindest Mittäterschaft, ermittelt.«
    Draußen vor dem Museum rief Sam als Erstes im Dezernat an
und veranlasste den Abtransport der Mumie zur Kriminaltechnik. Dann fuhr er
nach Fürstenried, wo Sybille Winterfeld und ihre Familie in einer großen grauen
Wohnanlage aus den Sechzigerjahren lebten, die ursprünglich für die sozial
schwächere Schicht gebaut worden war.
    Bei der Nummer acht stand zweimal der Name Winterfeld auf dem
Klingelschild. Sam drückte auf den unteren.
    Er hatte während seiner Dienstzeit schon viele Wohnungen und Häuser
betreten, Häuser und Wohnungen von Reichen und Armen, darunter auch welche von
Leuten mit einem Messiesyndrom, wo die Zimmer bis zur Decke mit Unrat vollgestopft
waren und es wie in einem Müllcontainer stank. Und doch gab es im Leben für
alles immer noch eine Steigerung. Und die sollte Sam gleich erleben.
    Als Sam die Zweizimmerwohnung betrat, schlug ihm schon am Eingang
der Gestank von menschlichen Fäkalien entgegen. So beißend, dass ihm fast das
Essen wieder hochkommen wollte.
    Der Mann, der ihm die Tür geöffnet hatte, saß in einem Rollstuhl und
schien seit Jahren kein Sonnenlicht mehr abbekommen zu haben. Seine Haut war
bleich, seine Augen stumpf, sein Körper dünn und ausgemergelt. Er ließ Sam
eintreten, ohne ihn nach dem Namen oder dem Grund seines Besuches zu fragen,
fuhr über den kleinen Flur und verschwand in einem Zimmer. Sam überlegte, ob
der Mann vielleicht zu seinem körperlichen Gebrechen auch noch stumm war, und
sah sich nach weiteren Personen in der Wohnung um. Es gingen nur zwei Zimmer
vom Flur ab, ein Badezimmer und eine winzige Küche. Das Badezimmer schien die
Hauptquelle des Gestanks zu sein, und ein Blick verriet Sam auch den Grund. In
der Badewanne schwammen in einer braunen Lauge unzählige Windeln. Sam wandte
sich ab und unterdrückte das Würgegefühl, das ihm die Kehle hochstieg. Neben
dem Badezimmer war ein weiteres Zimmer, in dem ein Krankenhausbett stand. Hätte
nicht ein Kopf auf dem Kissen gelegen, hätte Sam gedacht, das Bett wäre leer.
Unter der Decke waren keine Erhebungen eines Körpers zu sehen, entweder weil
die Matratze schon so durchgelegen war oder der Körper nur noch aus Haut und
Knochen bestand. Die langen grauen Haare der alten Frau lagen wirr auf dem
Kissen, die Augen waren starr auf die Decke gerichtet.
    Sam klopfte leise an die offene Zimmertür, doch die Frau regte sich
nicht. Einen Augenblick lang blieb er auf dem Flur stehen und überlegte, was er
machen sollte. Hatte Sybille Winterfeld nicht etwas von ihrer Mutter gesagt,
die im Sterben lag und nicht sterben konnte, weil sie nicht wusste, was mit
ihrer Tochter geschehen war?
    Er ging zu dem anderen Zimmer, in dem der Mann verschwunden war. Der
saß in seinem Rollstuhl, kämmte einer Puppe die langen braunen Haare und sprach
leise vor

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