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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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wie ein schnell eingestelltes Metronom. Nicht zu vergessen das völlig
verängstigte Gesicht, das er in der Reflexion des schwarzen Monitors im
Computer gesehen hatte, als Ronald Walter in den Raum gekommen war. Aber was
war der Grund für sein eigenartiges Verhalten? Sam dachte an die Statur von
Ronald Walter. Er war mindestens eins achtzig, und dünn war er auch nicht. Als
Dieb kam er also nicht infrage. Aber vielleicht hatte er von der Schatzkammer
gewusst, vielleicht kannte er Senner, der ihn wegen einer Schätzung oder eines
Zertifikats aufgesucht hatte, und er hatte dem Dieb beziehungsweise dem Mörder
den Tipp gegeben und fühlte sich nun mitschuldig an dem Mord. Sam überlegte,
wie Ronald Walter sich das erste Mal in der Schatzkammer verhalten hatte. Er
war ruhig gewesen. Ja, keine Spur von Nervosität. Erst beim zweiten Treffen war
der Mann leicht nervös gewesen, und beim dritten Mal war er ein einziges
Nervenbündel. Was war nur zwischenzeitlich geschehen?

38. KAPITEL
    Hamburg   Die
Tränen liefen ihm die Wangen hinunter, und Lina versuchte, sie wegzuwischen.
Aber ihre Hand berührte ihn nicht. Auch ihre tröstenden Worte schien Sam nicht
zu hören. Er reagierte überhaupt nicht auf sie. Sie sah zu dem Pfarrer, der in
ein kleines Büchlein schaute und den Mund bewegte wie ein Fisch auf dem
Trockenen. Warum konnte sie die Worte nicht verstehen? War sie taub geworden?
Alle sahen auf den Sarg und das wunderschöne Gesteck aus weißen Blumen. Eine
Windböe legte die Schleife des Gestecks um, sodass sie nun deutlich den Namen
und die Inschrift darauf lesen konnte. Der Sarg begann sich zu bewegen, jemand
klopfte von innen gegen den Deckel. »Seht ihr denn nicht, ich bin nicht tot,
ich lebe. Lasst mich doch raus«, hörte sie sich sagen. Dann schlug Lina die
Augen auf. Ihr Herz raste.
    Verdammt, das war das zweite Mal, dass sie so einen Mist geträumt
hatte. Vielleicht verarbeitete sie aber auch nur die letzte Beerdigung, bei der
sie mit Sam gewesen war. Sie sah auf ihr Handy. Kein weiterer Anruf. Glaubte
Sam tatsächlich, dass sie sich bei ihm melden würde? Okay, sie hatte ihn vor
die Tür gesetzt, aber er hatte versucht, sie zu belügen. Na schön, eine Auszeit
wäre bestimmt nicht verkehrt, entschied Lina und setzte Wasser für einen Tee
auf. Die anschließende warme Dusche vertrieb zwar den letzten Schlaf aus ihren
Knochen, aber nicht das dumpfe Gefühl, dass etwas Unaufhaltsames im Anmarsch
war. Etwas, das ihr Leben für immer verändern würde.

39. KAPITEL
    München   Sein
Blick war auf die Pinnwand gerichtet, auf der alle Fotos und Artikel der
vermissten Personen zu einer einzigen weißgrauen Masse ineinander verschmolzen
waren.
    Erst ein Klopfen an der Tür holte ihn zurück, und die Gesichter auf
den Fotos wurden wieder scharf.
    Ein Kollege übergab Sam einen großen braunen Umschlag, auf dem
lediglich handschriftlich O’CONNOR stand. Kein Absender, keine Briefmarken. Er fragte den
Beamten, wann und von wem der Umschlag abgegeben worden war, erhielt jedoch nur
ein Schulterzucken als Antwort. Sam öffnete den Umschlag und zog einen Brief
daraus hervor, dessen Unterschrift ihn mehr als überraschte. Er musste den
Brief drei Mal lesen, bis er den Inhalt verstand, der ihm völlig absonderlich
vorkam. Erst die beiden Fotos, die dem Umschlag beigelegt worden waren, machten
Sam deutlich, dass es sich nicht um einen schlechten Scherz handeln konnte. Und
je mehr er über die geschriebenen Worte nachdachte, desto mehr keimte in ihm
ein Gedanke auf, der ihn blass werden ließ.
    Eine halbe Stunde später stand Sam mal wieder unangekündigt
im Keller des Museums für ägyptische Kunst, nur dass er dieses Mal keinen
nervösen Ronald Walter vorfand. Der Schreibtisch, auf dem der Computer stand
und der sonst unter Papieren verschwand, war aufgeräumt und sauber gewischt.
Von Ronald Walter keine Spur. Auch in den Nebenräumen war kein Leben. Oben am
Empfang fragte er nach dem Direktor, der aber, wie man ihm sagte, zurzeit nicht
im Hause war. Wann er wieder zu sprechen sei, konnte man ihm auch nicht sagen,
und Ronald Walter war heute nicht zur Arbeit erschienen.
    Sam ließ sich die Privatadresse von Ronald Walter geben und fuhr auf
direktem Wege dorthin.
    Ronald Walter wohnte in Neuhausen in einem neubarocken Gebäude an
einer kopfsteingepflasterten Nebenstraße über einer Metzgerei. Der

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