Totenpech
Eingang lag
in einer seitlichen Zufahrt und führte in einen Hof. Sam drückte dreimal auf
den Klingelknopf und war überrascht, dass ihm sofort geöffnet wurde.
Auf der oberen Treppenstufe des zweiten Stocks stand eine ältere
Frau, die grauen Haare zu einem Dutt im Nacken befestigt, die Hände in den
Taschen einer geblümten, ausgeblichenen Schürze versteckt, und beobachtete Sam
beim Hochkommen.
Als sie sah, dass es sich um einen einzelnen Mann handelte, ging sie
zurück in die Wohnung und schloss die Tür wieder. Sam klopfte an und wartete
auf eine Antwort, die auch prompt kam.
»Wollen Sie etwa zu mir?«
»Ich suche Ronald Walter.«
»Was wollen Sie denn von ihm?«
»Ich muss dringend mit ihm reden.« Die Tür wurde einen Spaltbreit
geöffnet und Sam von unten nach oben beäugt.
»Er ist nicht hier.«
»Wo kann ich ihn denn finden?«
»Bei der Arbeit. Wo sonst.«
»Dort ist er aber nicht.«
»Wer sind Sie überhaupt?«
»Ich bin von der Polizei und habe heute von Ihrem Sohn einen Brief
bekommen, weshalb ich ihn äuÃerst dringend sprechen muss.«
»Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen.«
»Wann haben Sie ihn denn zum letzten Mal gesehen?«, fragte Sam
weiter, der noch nicht bereit war, das Gespräch zu beenden.
»Gestern früh.«
Gestern Nachmittag war Ronald Walter noch im Museum gewesen, und
hatte sehr schlecht ausgesehen. Vielleicht lag er im Krankenhaus mit einem
Nervenzusammenbruch? Doch daran wollte Sam nicht so recht glauben. Ronald
Walter hatte offensichtlich so unter Druck gestanden, dass er wohl abgetaucht
war, um sich zu sammeln.
»Hat er irgendetwas mitgenommen, was darauf schlieÃen lässt, dass er
vielleicht verreisen wollte?«
»Wie kommen Sie denn darauf? Warum sollte er verreist sein? Wenn Sie
mich jetzt entschuldigen wollen.«
Sam legte seine Hand auf die Tür, um zu verhindern, dass sie
geschlossen wurde.
»Eine Frage noch, Frau Walter. Hat Ihr Sohn vielleicht eine
Freundin, bei der er sein könnte?«
»Nein. Er hatte noch nie eine Freundin«, antwortete sie empört, als
wäre ein derartiger Zustand die unmöglichste Sache der Welt.
Dann ging die Tür mit einem Ruck zu, und Sam versuchte zu verstehen,
was er da gerade erfahren hatte. Ronald Walter war um die dreiÃig, wohnte noch
bei der Mutter und hatte noch nie eine Freundin gehabt? Oder hatte er vor
seiner Mutter eine Beziehung verheimlicht? Möglich war auch, dass sie beleidigt
war, weil sie von einer Beziehung wusste und nicht einsehen wollte, dass ihr
Sohn plötzlich eigene Wege ging.
Auf der anderen Seite der Tür stand Ronalds Mutter. Sie sah mit
Tränen in den Augen auf einen Zettel in ihrer Hand, den sie nun langsam
zerknüllte.
40. KAPITEL
Mallorca   Aethel
saà in einem Café an einer lauten HauptstraÃe in Palma gegenüber einer
Anlegestelle für kleinere Boote und frühstückte. Die Sonne schien, trotzdem war
es kühl, sodass Aethel sich ihren Schal um die Schultern wickelte. Auf dem
Schoà hatte sie das kleine Tagebuch ihres GroÃvaters liegen, das darauf
wartete, zu Ende gelesen zu werden. In ein paar Stunden würde sie wieder in
England sein. Dort musste sie sich einem Problem stellen, das Lord Richmond
hieÃ.
Sie schlug das Buch an der Stelle auf, wo sie das letzte Mal
aufgehört hatte, und las weiter.
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In der Ferne, hinter den Sandhügeln der Nekropole von Sakkara, höre ich lautes
Rufen und bewege mich schwerfällig unter der extremen Hitze dorthin. Ich hege
die Hoffnung, ein paar Archäologen bei ihrer Arbeit beobachten zu können.
Vielleicht war es mal ein Grab oder ein Tempel, schwer zu sagen, aber daneben
ist im Sand ein Loch, abgestützt von Holzplanken und einer Leiter, die in die
Tiefe führt. Ich steige einfach nach unten. Bis auf das wenige Licht, das von
oben einfällt, herrscht hier schwärzeste Dunkelheit. Ich kann meine Hand vor
Augen kaum erkennen. Von irgendwoher höre ich Stimmen. Ich taste mich an der Wand
entlang, versuche, den Stimmen zu folgen, und gehe immer weiter nach hinten
durch, bis ich den Schimmer einer Lichtquelle ausmache. Ich sehe jetzt vor mir
ein Loch in der Mauer. In gebeugter Haltung klettere ich hindurch und stehe
jemandem gegenüber, den ich nicht unbedingt wiedersehen wollte. Es ist der
Mann, der die Mumie gekauft hat, die jetzt zerbröselt in meinem Besitz
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