Totenpech
fragte Alfred.
»London. Sie lebten in Mayfair.«
Sam war ein paarmal in London gewesen und wusste, dass Mayfair mit
Kensington und Chelsea zu den exklusivsten Wohnlagen der Stadt gehörte. Dass
die GroÃeltern von Frau Serani dort ein Haus hatten, konnte nur bedeuten, dass
Frau Serani, sofern sie dasselbige geerbt hatte, ein paar Millionen Pfund besaÃ
und deshalb auch genügend Zeit fand, Charity-Veranstaltungen zu organisieren
und sich auf illegalen Versteigerungen herumzutreiben. Doch wo waren all die
Stücke geblieben, die sie ersteigert hatte? In der Villa hatte er bis auf den
Echnaton-Kopf nicht eine einzige ägyptische Antiquität gesehen.
»Sind Sie auch dort aufgewachsen?«
»Ja. Meine Eltern kamen beide bei einem Unfall ums Leben.«
Sam gab Alfred ein Zeichen.
»Frau Serani ⦠kennen Sie einen Lothar Senner?« Es entstand eine
kleine Pause, und die beiden Polizisten sahen sich an. Dieses Mal nicht wie
Feinde, sondern wie Verbündete.
»Nein ⦠Wer soll das sein?«
»Nun, er war Sammler ägyptischer Kunstgegenstände und wurde bei
einem Einbruch getötet. Wir vermuten, dass es sich um denselben Täter wie bei
Ihnen handelt. Sie können sich also glücklich schätzen, dass Sie nicht im Haus
waren. Wo waren Sie eigentlich an diesem Abend?«
»Ich ⦠ich war bei einer Bekannten und bin erst sehr spät nach Hause
gekommen.«
»Darf ich den Namen Ihrer Bekannten erfahren?«
»Also jetzt reicht es aber. Sie behandeln mich wie einen
Tatverdächtigen. Ich bin nicht in mein eigenes Haus eingestiegen und habe diese
dämliche Büste gestohlen. Das ist wirklich die Höhe!«
»Tut mir leid. Dieser Eindruck sollte nicht entstehen. Ich habe
übrigens eine gute Nachricht für Sie.« Alfred legte eine Pause ein, grinste Sam
verschwörerisch an und sagte: »Wir haben eine junge Engländerin mit Ihrer Büste
in England aufgespürt.«
Kein Atmen, kein Geräusch drang durch die Leitung. Es war
totenstill. Sam und Alfred sahen sich wieder an. Diesmal gespannt.
»Frau Serani, sind Sie noch dran?«
»Ja, ich war für einen Augenblick abgelenkt. Meine Putzfrau hat mich
etwas gefragt. Sie ist neu bei mir und kennt sich nicht so gut aus. Was sagten
Sie doch gerade?«
»Sie werden Ihre Büste wahrscheinlich bald wieder in den Händen
halten. Wir haben die Daten der Täterin.«
»Ach ja? Das ist ⦠das ist wirklich schön.« Sehr begeistert schien
Frau Serani allerdings nicht darüber zu sein. Ihre Reaktion zeigte den beiden
Beamten, dass sie ins Schwarze getroffen hatten. Jetzt mussten sie nur noch
herausbekommen, wer die junge Engländerin war, die der Zollbeamte beschrieben
hatte. Frau Serani passte in das Profil des Informanten. Sie kam aus reichen
Verhältnissen, bewegte sich auf Auktionen und Veranstaltungen von Reichen. Sie
war höchstwahrscheinlich selbst die Auftraggeberin für den Diebstahl der Nofretete
gewesen. Sam war sich jedenfalls sicher, dass sie die Diebin persönlich kannte.
Warum aber hatte sie die Büste aus ihrem eigenen Haus stehlen lassen?
Als Nächstes stellte sich die Frage, ob sie auch etwas mit den
anderen Fällen zu tun hatte. Laut Alfreds Informationen und Recherchen zogen
sich die Diebstähle über einen Zeitraum von sieben Jahren hin. Hatte sie Senner
mit dem Diebesgut bezahlt? War sie das fehlende Glied in der Kette? Der
Komplize?
Sams Handy summte in seiner Hosentasche. Die Ergebnisse aus dem
Labor waren da und die letzten Zweifel ausgeräumt. Die Mumie war Christine
Winterfeld. Das hatten die DNA -Analyse
und der Zahnvergleich bestätigt. Die fuchsroten Haare waren durch den
natürlichen Prozess der Mumifikation entstanden. Auch Ramses II . war nicht
rothaarig gewesen, wie er sich belehren lassen musste.
Zumindest hatte so die Familie Winterfeld die Gewissheit, was mit
ihrer Tochter beziehungsweise Schwester geschehen war, und konnte endlich ihren
inneren Frieden finden.
Dass die junge Frau wahrscheinlich noch nicht ganz tot war, als sie
ausgenommen wurde, wollte Sam für sich behalten.
55. KAPITEL
Der junge Mann vor ihr war ein richtiges Prachtexemplar.
Gebräunte straffe Haut überzog seinen muskulösen Körper. Bei seinem Anblick
schoss ihr nur ein Gedanke durch den Kopf. Genüsslich lieà sie ihren Blick über
jedes Teil dieser Göttlichkeit wandern und blieb schlieÃlich an seinem
Weitere Kostenlose Bücher