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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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London saß Mr. Pilzecker an seinem Schreibtisch und suchte einen
Zettel in seiner Unordnung, die auch eine gewisse Ordnung in sich barg, denn er
wurde schnell fündig. Ein Blick darauf sagte ihm, dass es hier keine Zweifel
mehr gab. Trotzdem wollte er noch bis morgen warten, bis er hundertprozentig
sicher war. Eine Entscheidung, die sich als fatal herausstellen sollte.

58. KAPITEL
    Hamburg   Lina zog
sich den Mantel über die weiße Praxiskleidung, löste das Gummi aus ihrem Haar
und trug etwas Gloss auf. Ein Blick in den Spiegel sagte ihr, dass sie
akzeptabel aussah, obwohl das Leuchten aus ihren Augen verschwunden war. Von
Daniel hatte sie seit dem letzten Anruf vor ein paar Tagen nichts mehr gehört,
und sie selbst hatte auch nicht mehr bei ihm angerufen.
    Sie schaltete überall das Licht aus, holte den schweren
Schlüsselbund heraus und öffnete die Tür. Das Treppenhaus war dunkel. So konnte
sie nur schemenhaft die Gestalt erkennen, die in der Ecke stand. Aber die
Stimme war unverkennbar.
    Â»Hi, Schönheit.«
    Lina überlegte in Sekundenschnelle, wie und was sie antworten
sollte. Sollte sie die Beleidigte, Verletzte, Wütende oder Gleichgültige
spielen?
    Â»Hi, Daniel. Was für eine Überraschung«, sagte sie freundlich mit
einem Lächeln auf dem Gesicht und machte das Licht im Treppenhaus an, damit er
auch erkannte, dass das Versetzen ihrer Person sie in keiner Weise tangiert hatte.
    Daniel sah sie an, ein abschätzender Blick, der sie zu durchschauen
schien.
    Â»Hast du Zeit auf einen kleinen Drink?«
    Â»Nein. Ich muss ins Restaurant«, log Lina und dachte im selben
Moment, dass er ja das Restaurant ihrer Mutter kannte und wissen konnte, dass
es heute geschlossen war.
    Â»Ich fahre dich hin, okay.«
    Â»Nicht nötig.«
    Â»Hey, tut mir leid, dass ich dich versetzt habe, aber ich bekam,
kurz nachdem wir telefoniert hatten, einen Anruf von meiner Schwester …« Er
stockte, dann sprach er mit gesenkter Stimme weiter. »Meine Mutter war mit
einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ich habe die letzten
Tage auf der Intensivstation an ihrem Bett gesessen. Es war … ich dachte …« Er
machte wieder eine Pause, und Lina sah, dass es ihm schwerfiel weiterzureden.
Sie ging auf ihn zu und nahm ihn in den Arm.
    Â»Das tut mir wirklich leid. Das muss ja furchtbar gewesen sein.«
    Daniel senkte den Kopf und sagte leise: »Ich dachte … ich dachte
wirklich, sie stirbt. Sie ist etwas ganz Besonderes, war immer für mich da.
Egal, was ich angestellt hatte.«
    Lina betrachtete Daniel, wie er da in seinem eleganten braunen
Kaschmirmantel an die Wand gelehnt stand. Er trug wieder das blaue Halstuch und
verströmte einen angenehmen Duft. Ihre Blicke trafen sich. In seinen Augen
konnte Lina das ganze Leiden der letzten Tage sehen. »Okay, lass uns was
trinken gehen«, sagte sie einlenkend. Es war, als würde die Sonne aufgehen, so
strahlte Daniel plötzlich wieder und brachte damit auch in Linas Gesicht ein
erleichtertes Lachen zustande.
    Sie saßen in einer Nische in einem indischen Restaurant, direkt um
die Ecke der Praxis, in dem Daniel anscheinend häufiger Gast war, denn das
Personal war ihm gegenüber besonders aufmerksam.
    Daniel war ein interessanter Gesprächspartner und erzählte immer
wieder kleine Geschichten von seinen letzten Reisen durch Afrika, Asien und
Europa. Wie es schien, hatte er bereits die ganze Welt gesehen.
    Â»Wo würdest du am liebsten hinfahren. Ich meine, welches Reiseziel?«
    Â»Nach Ägypten.«
    Â»Warst du etwa noch nie in Ägypten?«
    Â»Nein.«
    Â»Weißt du, Lina, ich muss für ein paar Tage weg. Nach Frankreich
runter. Ich würde mich freuen, wenn du mich begleitest.«
    Lina traute ihren Ohren nicht. Sie war in ihrem ganzen Leben nicht
weiter als nach Spanien gekommen, und das nur, weil ab und zu ein Verwandter
ihrer Mutter gestorben war und sie den Bestattungen beiwohnen mussten.
Abgesehen natürlich von ihrem Trip nach Kolumbien, als sie fünfzehn war, an den
sie sich jedoch kaum erinnerte, außer an die weißen Krankenhauswände. Und jetzt
wollte Daniel sie zu einer Reise einladen?
    Â»Ich möchte etwas gutmachen. Ich hätte dich nicht so versetzen
dürfen. Es tut mir wahnsinnig leid.«
    Â»Ist schon in Ordnung.«
    Â»Nein, ist es nicht. Und es wird auch nie wieder vorkommen.
Versprochen. So haben wir

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