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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Richmond schien angenehm überrascht zu sein und war der
Meinung, dass seine Warnungen und Drohungen, Aethel vor versammelter
Gesellschaft auffliegen zu lassen, wenn sie sich nicht benehmen sollte, Früchte
bei seiner Zukünftigen getragen hatten.
    Aethel hatte die ganze Zeit über Lord Richmond, besser gesagt sein
Glas, nicht aus den Augen gelassen, während sie sich mit einem eingemeißelten
Lächeln durch die Gästemenge bewegte. Die meiste Zeit stand er bei ihrem Vater,
das Glas stets in der Hand haltend, sodass es Aethel unmöglich war, den Moment
abzupassen, um das todbringende Pulver unauffällig dort hineinzuschütten.
    Als ihre Mutter nach einer Stunde die Gäste zu Tisch rief, war es
ihr zu ihrem größten Ärger immer noch nicht gelungen, das Beutelchen zu leeren.
    Der rothaarige Pumuckelstamm, wie Aethel die Familie ihres
angeblichen Zukünftigen im Stillen nannte, ließ bei Tisch sämtliche Etikette
fallen und degradierte sich damit zur Unterschicht. Bei der Vorspeise wurde der
Löffel komplett in die Suppe getaucht und anschließend ganz in den Mund
geschoben. Die Schwester des Lords schmierte sich mit dem Fischmesser Butter
aufs Brot, und nachdem der Fisch serviert worden war, fing der Bruder der
Mutter an, von seinem letzten Urlaub zu erzählen, wie er nach einem Fischessen
mit Blähbauch und drei Tagen Durchfall beinahe das Zeitliche gesegnet hätte.
    Aethels Mutter sah betreten auf ihre Gabel, spießte Karöttchen und
Teile der Kartoffel auf die Zinken und warf ihrem Ehemann schockierte Blicke
zu. Aethel dagegen führte im Inneren einen Freudentanz auf. Aber auch das Fragezeichen
in ihrem Kopf nahm immer größere Dimensionen an. Ihre Familie gehörte zur
traditionellen Oberschicht Großbritanniens. Warum also war ihr Vater mit dieser
Verbindung einverstanden? Sie versuchte gerade einen telepathischen Angriff auf
ihren Vater zu starten, als Lord Richmond sich plötzlich an die Brust fasste,
die Augen weit aufriss und mit dem Gesicht mitten im Fisch auf seinem Teller
landete.
    Ein simultaner Aufschrei! Stühle wurden nach hinten gerückt, Bestecke
auf die Teller fallen gelassen, Gläser kippten um, und alle versuchten, an Lord
Richmond, ihren Sohn, ihren Enkel, ihren Bruder und Neffen, heranzukommen. Und
inmitten dieses Tumults fing Aethel für einen kurzen Moment einen Blick auf. Es
war ein ruhiger und entspannter Blick. Der Blick ihres Vaters.
    Aethel sah wieder zu Lord Richmond, den man auf den Boden gelegt
hatte. Sein Onkel machte eine Mund-zu-Mund-Beatmung und massierte das Herz,
während Aethel die Lippen zusammenkniff, um nicht laut loszulachen. Dann hörte
sie jemanden rufen: »Einen Krankenwagen! Schnell!«
    Ein anderer sagte: »Wir müssen Dr. Weitz anrufen.«
    Ja, dachte Aethel, Dr. Weitz, der bekannte Herzspezialist, den Lord
Richmond im Restaurant begrüßt hatte. Er war derjenige gewesen, der sie auf die
Idee gebracht hatte, dass Lord Richmond ein Herzproblem haben könnte. Das Potenzmittel,
das sie sich aus den alten Mitteln der Apotheke ihres Großvaters zusammengemixt
hatte, sollte sein Herz überfordern. Ob es tatsächlich seine Wirkung getan hätte,
wusste sie allerdings nicht. Es war ja alles noch in dem Beutelchen.
    Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass ihr Zukünftiger nicht
überlebte.

60. KAPITEL
    In den frühen Morgenstunden fand in Blankenese, Hamburg,
eine Razzia im Hause von Schmitzing statt.
    Auf Verdacht wurden sämtliche Kunstgegenstände beschlagnahmt.
Darunter auch zwei Mumien, eine peruanische und eine ägyptische, die sofort ins
Kriminalistische Institut nach Hamburg gebracht wurden, um dort untersucht zu
werden.
    Joséphine Renouillt hatte keine Meldeadresse und existierte in der
Datenbank der Polizei nicht.
    Frau Serani hatte sich zwar in Widersprüche verstrickt und gelogen.
Auch ihr Verhalten war hier und da verdächtig gewesen, aber den Ermittlern
fehlte etwas Entscheidendes. Eine Aussage oder stichhaltige Beweise.
    Sam stand am Fenster und sah hinaus. Er wartete auf einen Anruf von
Brenner, der ihm das Ergebnis der Untersuchungen der Mumie mitteilen wollte.
Fake oder nicht Fake. Sam war sich fast sicher, dass es sich um eine Fälschung
handelte.
    Sein Handy klingelte, und er nahm das Gespräch sofort an, ohne auf
das Display zu schauen.
    Â» O ’Connor?«
    Â»Ja.« An dem Akzent erkannte Sam gleich Mr. Pilzecker aus

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