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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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vielleicht auch die Möglichkeit, uns noch besser
kennenzulernen.«
    Daniel lächelte sie an. Lina war hin und her gerissen. Konnte sie so
ein Angebot von einem fremden Mann wirklich annehmen? Ihre innere Stimme sagte
Nein, alles andere sagte Ja in ihr. Mit ihrem kleinen Gehalt als Sprechstundenhilfe
waren ihre Möglichkeiten zu reisen gleich null. Warum also nicht? Es war die Möglichkeit, aus ihrem Trott herauszukommen und etwas
Verrücktes zu tun.
    Â»Was für Gedanken hast du? Bin ich dir unheimlich?«
    Â»Nein, nein, überhaupt nicht. Es ist nur … Ich weiß nicht, ob das
richtig ist.«
    Daniel legte seinen Finger auf ihre Lippen und strich ihr sanft über
die Stirn.
    Â»Denk nicht so viel. Lass dich gehen und vertrau mir.«
    Lina nickte und überlegte, was sie ihrer Mutter sagen sollte,
während Daniel zahlte, nicht ohne ein großzügiges Trinkgeld auf den Tisch zu
legen.
    Er fuhr Lina nach Hause, und bevor sie aussteigen konnte, beugte er
sich zu ihr hinüber und küsste sie. Es war ein sanfter, aber auch begieriger
Kuss. Dann ließ er von ihr ab. »Steig lieber aus, sonst vergesse ich mich
noch«, sagte er und lachte.
    Eine Stunde später lag Lina im Bett und versuchte einzuschlafen.
    Immer wieder ging ihr durch den Sinn, die Finger von diesem Mann zu
lassen. Auch wenn der Reiz noch so groß war, ihr routiniertes Leben ein
bisschen auf den Kopf zu stellen. Was sollte sie ihrer Mutter sagen? Würde sie
in der Praxis noch Urlaubstage bekommen, wo sie sich doch erst freigenommen
hatte?
    Doch eines war klar. Wenn sie diese Reise antrat, würde für Sam die
Tür endgültig zu sein.

59. KAPITEL
    Chester   »We’ll
not fail.« Aethel stand vor dem Spiegel und betrachtete sich selbst darin wie
eine Fremde. Dabei sagte sie immer wieder die gleichen Worte vor sich hin.
»We’ll not fail.« Die Haare waren brav gescheitelt, und nach unten hin sprangen
sie auf wie kleine Schaukeln. Sie hatte sich mit dem Outfit, das ihre Mutter
ihr hingelegt hatte, nur einverstanden erklärt, weil sie jetzt eine Rolle
spielte. Sie war nicht Aethel, sondern Lady Macbeth. Eine moderne Lady, ganz in
Chanel. Schwarzer knielanger Wollrock, weiße Rüschenbluse, dunkelgraue Jacke
mit großen Metallknöpfen, die das unverkennbare Logo trugen, dazu eine lange
Perlenkette und Perlenohrringe. Einfach scheußlich, dachte Aethel und fühlte
nach dem kleinen Beutelchen in ihrer Tasche, das die Lösung ihrer Probleme
enthielt. Sie hatte zwei Tage gebraucht, um die Aufzeichnungen von ihrem
Großvater durchzugehen, zu verstehen und die entsprechende Medizin aus den
Überresten zusammenzustellen. Hier und da hatte etwas gefehlt, dafür hatte sie
von dem einen oder anderen die doppelte Dosis genommen. Wenn das nicht half,
gab es Plan B .
Aber daran wollte sie jetzt noch nicht denken.
    Sie sah auf die Uhr. In einer Stunde würden die ersten Gäste
eintreffen, und in zwei Stunden würde die versammelte Gesellschaft an der
großen Tafel sitzen und Zeuge einer Tragödie werden. Aethel setzte sich auf ihr
Bett, öffnete den Computer und ihren Account. Endlich. Doch es war keine Rede
von dem Holländer Joseph Hoppe und seinen Erben, sondern sie hatte einen neuen
Auftrag bekommen. Morgen Abend? So kurzfristig? Zu wenig Vorbereitungszeit,
fand sie. Aber nichts war unmöglich für sie. Deshalb würde sie ihn auch
erfüllen.
    Aethel warf einen letzten Blick in den Spiegel, zupfte ihre
Chanel-Kette über der Jacke zurecht, drückte die Jackentasche platt, in der
sich der kleine Beutel leicht abzeichnete, und machte sich hinunter auf den Weg
in die Empfangshalle.
    Entgegen Aethels Erwartungen waren ihre zukünftigen Schwiegereltern,
auch wenn man sie eigentlich nicht so nennen konnte, durchaus erträglich. Es
waren warmherzige Leute, die Aethel das Gefühl gaben, in ihrem Familienkreis
willkommen zu sein, sodass sie fast Gewissensbisse bekam und noch einmal kurz
darüber nachdachte, ob sie ihren Plan tatsächlich umsetzen sollte. Doch nach
genauerer Überlegung ging es um ihr Leben und ihre Zukunft.
    Aethel versuchte, sich alle guten Manieren und Verhaltensregeln in
Erinnerung zu rufen, und setzte eine perfekte Miene zu diesem – von ihr
kreierten – Theaterstück auf. Sie hielt den üblichen oberflächlichen Small
Talk, vermied dabei jedoch Gespräche, die auf ihr angebliches Studium
abzielten. Sogar Lord

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