Totenplatz
Gesichtern an, daß sie auf eine Erklärung warteten, aber sie würden sie so einfach nicht bekommen können. Mit der Schulter lehnte ich mich gegen einen Pfosten der Grillhütte und fragte: »Ihr habt sie gesehen?«
»Wen sollten wir gesehen haben?«
»Die drei Gestalten.«
Suko schüttelte den Kopf. »Nein, John, so ist das nicht. Wir haben etwas gesehen, aber wir haben nicht erkennen können, was es gewesen ist. Da mußt du uns schon aufklären.« Als wollte McBain Sukos Worte unterstützen, so nickte er.
»Es war eine Familie Ashford«, sagte ich. »Oder die Totengeister der Familie, die verlorenen Seelen, die vor einigen Jahrhunderten in diesen Zustand hineingetrieben worden sind, denn genau an dieser Steile wurden die Eltern und ihre beiden Kinder geköpft.« Ich deutete schräg zu Boden. »Das hier ist der Totenplatz.«
»Ashford, sagtest du?«
»Ja.«
»Damit kann ich nichts anfangen, John. Tut mir leid. Ich bin da echt überfragt.«
»Was ist mit Ihnen, Mr. McBain?«
Der Förster hob die Schultern. »Tut mir leid, auch ich komme damit nicht zurecht.«
»Aber den Henker haben Sie gesehen.«
»Natürlich.«
»Er hat hier gewütet.«
Garry McBain bekam große Augen. Er wirkte auf einmal nervös. »Soll das heißen, daß es ihn in dieser Zeit gar nicht gibt, Mr. Sinclair? Daß er ein Relikt, eine Gestalt aus einer fernen Vergangenheit ist? Haben Sie das damit gemeint?«
»Ja, das und nichts anderes.«
»O Gott, das ist doch nicht zu begreifen…«
Ich hob die Schultern. »Zumindest ist es schwer. Aber es gibt eine Lösung. Sie liegt in der Vergangenheit. Die drei Ashfords sprachen von etwas ungemein Bösen, das sich hier manifestiert haben soll. Dieser Platz war zugleich ein Treffpunkt…«
»Für wen?« unterbrach mich Suko.
»Das ist die Frage. Ich weiß es nicht. Die Totengeister haben sich nicht richtig ausdrücken können. Sie finden jedenfalls keine Ruhe, solange sich das Grauen hier noch hält. Ich weiß ebenfalls zuwenig, aber mir ist klargeworden, daß die alten Zeiten wohl wieder auferstehen sollen, in welcher Form auch immer. Für uns ist es wichtig, daß wir es nicht so weit kommen lassen dürfen.«
»Gehst du davon aus, daß dieser Henker wieder zuschlagen wird, um alles so einzurichten, wie es vor langer Zeit einmal gewesen ist?«
»Das dachte ich mir.«
Suko hakte noch mal nach. »Der Treffpunkt?«
»Ja.«
»Für das Grauen, für die unheimlichen Gestalten. Für die Mächte des Bösen, was auch immer.«
»Genau.«
»Aber nicht für ein Grillfest!«
Da hatte Suko den schwachen Punkt erwischt. Es ging um dieses verdammte Grillfest. Die Zeit drängte, die Menschen hielten sich bereit, und ich wußte nicht, ob diese Versammlung noch abgesagt werden konnte. Sicherlich waren einige der Gäste nicht mehr zu erreichen, weil sie sich schon so gut wie auf dem Weg befanden.
Auch der Party-Service hatte sich darauf eingestellt, und mir wurde mehr als komisch zumute, als ich daran dachte.
Suko hatte den gleichen Gedanken verfolgt. »John, das kann zu einer Katastrophe kommen. Ich will es nicht beschwören, ich möchte es auch nicht von der Hand weisen.«
»Richtig.«
»Abblasen?«
Ich schaute auf die Uhr. »Das werden wir kaum noch schaffen. Es ist früher Nachmittag. Ich denke, wir sitzen fest.«
»Wir sollten trotzdem mit Sir James sprechen. Vielleicht kann er noch etwas verhindern.«
»Zumindest muß er gewarnt sein.« Ich wandte mich an den Förster. »Sie haben doch Telefon im Wagen, wenn ich mich nicht irre.«
»Das stimmt. Ich brauche es für meinen Job. Ich muß einfach erreichbar sein, wenn ich auf Tour bin.«
»Darf ich es mal benutzen?«
»Sicher.«
Bis zum Fahrzeug waren es nur wenige Schritte. Was mir in dieser Zeit alles durch den Kopf ging, damit kam ich nicht zurecht. Ich malte mir die furchtbarsten Dinge aus. Sah den Henker inmitten der Grillgesellschaft sein Beil schwingen und die Köpfe abhacken. Ich sah diesen Totenplatz von einer gewaltigen Blutwelle überschwemmt und schüttelte den Kopf, um diese Bilder zu vertreiben.
In der Scheibe des Wagens malte sich mein Gesicht ab. Trotz der dunklen Tönung war die Blässe meiner Haut zu sehen. Ich stieg in den Geländewagen und blieb auf dem Beifahrersitz hocken. Hoffentlich erreichte ich Sir James noch in seinem Büro. Um diese Zeit war er eigentlich immer da. Da würde das Grillfest hoffentlich auch keine Ausnahme machen.
Den Hörer hielt ich schon in der Hand, als etwas von oben herab in die Nähe der
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