Totenplatz
herrlichen Sommerwalds drang in meine Nase. Ich aber riatte den Eindruck, als würde er sich mit dem Blutgench getöteter Kreaturen vermischen.
Ich wischte über meine Augen, als könnte ich schon Bilder vertreiben, die es noch nicht gab. »He, träumst du?«
Ich schaute nach links und sah Suko vor mir stehen. »Nein, ich träume nicht. Und wenn, dann wären es schlimme Träume.«
»Es bleibt also dabei, denke ich.«
»Ja, es ist nichts mehr zu ändern, Alter. Das Grillfest wird stattfinden.«
Sukos Mund verhärtete sich. »Keine Chance?«
»Nein.«
»Das ist natürlich schlecht.«
»Du sagst es. Alles läuft so ab, wie es besprochen worden ist. Sir James hat es mir gesagt. Er kann es nicht mehr abblasen. Er weiß auch nicht, wie er all die Gäste erreichen soll. Jubeln können wir nicht. Es wird ein verflucht harter Nachmittag und ebenfalls ein verdammt harter Abend werden. Hoffentlich kein blutiger.«
Auch der Gärtner war gekommen. Sein Blick wurde traurig, als er mein Nicken sah.
»Und ich dachte, Ihr Chef hätte dieses Fest noch abblasen können Verdammt noch mal.«
»Nein, keine Chance.«
»Wir müssen trotzdem zu mir zurück.«
»Warum?«
»Weil ich den Party-Service erwarte. Ich habe mich mit den Leuten bei mir verabredet. Es gibt zwischen uns noch einiges zu besprechen, das war so abgemacht.«
»Gut, dann laßt uns starten.«
Wieder fuhr der Förster. Er lenkte den Wagen in eine Kurve. Ich gönnte dem Platz noch einen letzten Blick.
Er sah so harmlos aus. Er war wunderbar, ideal gelegen für eine Ruhepause und auch, um ein Fest zu arrangieren. Aber er war auch ein Ort des Bösen, über dessen Mitte die dunkle Dohle flog und sich auf dem Dach der Grillhütte niederließ. Sie bewegte ihren Schnabel. Ich hatte das Gefühl, von ihrem Lachen verfolgt zu werden…
***
Erst das tote Kind, nun der Henker!
Helen McBain konnte es nicht fassen. Sie waren von einem Schock in den nächsten gefallen, aber der erste hielt mit diesem zweiten keinen Vergleich stand.
Diesmal stand ein Monster vor ihr!
Eine massige, unheimliche Gestalt, von deren Kopf oder Gesicht nichts zu sehen war. Beides wurde durch eine dunkle Kapuze verdeckt. Zwei Schlitze für die Augen waren vorhanden, und darin sah die Frau des Försters ein gefährliches Funkeln.
Hinzu kam der gewaltige Körper. Er war stark, sehr muskulös, mit breiten Schultern und mächtigen Oberschenkeln, alles eng umhüllt von der schwarzen Kleidung.
Noch stärker allerdings erschreckte die Frau die Waffe. Das Henkersbeil mit dem langen Griff und der sehr breiten, scharf geschliffenen Klinge.
Allein dieses Beil in die Höhe zu schwingen, bedeutete schon einen immensen Kraftaufwand, aber diese Gestalt sah so aus, als würde sie es mühelos schaffen.
Zuschlagen und töten!
Ob Puppen oder Menschen, bei einem derartigen Wesen spielte es keine Rolle, und die zitternde Frau dachte plötzlich daran, daß ihr Leben auf einer ähnlich dünnen Schneide stand, wie die Klinge des Beils es war.
Sie war nicht in der Lage, auch nur ein Wort zu sagen. Ihr Mund stand zwar offen, doch es drang kein Wort daraus hervor. Sie war zu Eis geworden, im Gegensatz zu Cynthia, die den Körper ihrer Puppe aufgenommen hatte, ihn anschaute, noch immer weinte und zusätzlich den Kopf schüttelte, als könnte sie es nicht fassen.
Die Luft hatte sich abgekühlt, obwohl die Sonne weiterhin schien. Es war diese von dem Henker aus seiner Welt mitgebrachte Eiseskälte, die auch Helen überschwemmte und dafür sorgte, daß sie nicht mehr reagierte und die Gestalt nun anstarrte.
Cynthia tat so, als wäre sie allein. Sie wischte sogar ihre nassen Augen ab, dann warf sie den Puppenkörper auf den Tisch, und dieses Geräusch des Aufpralls riß auch die Frau aus ihrer Erstarrung. Plötzlich fiel ihr das Kind wieder ein. Sie drehte sich zur Seite, um Cynthia zu fassen. »Du mußt weg! Der Mann hier…«
Die Kleine ging zurück.
Helen hatte ins Leere gefaßt. Sie konzentrierte sich auf das Gesicht des Mädchens, das seltsamerweise keine Angst zeigte. Es war nach wie vor ohne Ausdruck geblieben. Cynthia kümmerte sich nur um die Puppe, und sie wollte auch nicht mehr angefaßt werden, denn nach dem zweiten Zufassen entwischte sie ebenfalls.
Sie lief über die Terrasse auf den Stamm der Linde zu, blieb dort stehen und drehte sich wieder um, die Hände auf dem Rücken verborgen. Dort stand sie wie ein unartiges kleines Mädchen, das von seiner Mutter Schimpfe erwartete.
Helen McBain wußte
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