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Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz

Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz

Titel: Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Westendorf
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Osdorf zugeteilt worden waren, würden nach und nach die gesamte Nachbarschaft der Jacobsens vernehmen, und darüber hinaus auch jede andere Person, die Monika Jacobsen gekannt hatte. Von Malte Jacobsen, dem Ehemann der Toten, erhofften sich die Kommissare eine möglichst vollständige Aufstellung der sozialen Kontakte seiner Frau.
    Zunächst würden sie sich die Freundinnen Monika Jacobsens vornehmen, später dann auch ihre beruflichen Kontakte sowie flüchtigere Bekanntschaften.
    »Sie beginnen mit Malte Jacobsen«, wies Sibelius Anna und Weber an. »Ich durchleuchte währenddessen die finanziellen Verhältnisse der Familie, ihren Lebensstandard,
mögliche Schulden, Testament, Lebensversicherungen und so weiter. Danach sehen wir weiter.«
    »Kommen Sie, Weber«, klimperte die Kommissarin nach der Dienstbesprechung mit den Autoschlüsseln in ihrer Hand, »auf geht’s zu Malte Jacobsen. Können wir?«
     
    Seitdem Amanda ihre Kontaktanzeige bei »Gute Männer für Sie« mit einem Foto von sich versehen hatte und sich »Helena« nannte, häuften sich die Eingänge in ihrer Mailbox. Heute waren allein sieben neue Nachrichten für sie gekommen, doch die ersten fünf waren anzüglich und unverschämt gewesen. Und obwohl es noch nicht einmal Mittagszeit war, schenkte sich Amanda ein Glas Weißwein ein, zündete sich eine Zigarette an und begann die nächste Nachricht zu lesen.
    Hallo, meine schöne Helena,
    ich bin wirklich sehr leicht zu begeistern, vor allem wenn es um die Träume attraktiver Frauen geht. Ruf mich an, dann können wir sie demnächst miteinander wahr werden lassen: 0172 – 895 45 83. Bitte nur tagsüber versuchen.
    Bis bald,
    Ralf.
    »Idiot«, entnervt drückte Amanda ihre Zigarette in dem seit Tagen von Kippen überquellenden Aschenbecher aus. Anschließend öffnete sie die letzte E-Mail des Vormittages.

    Hallo Helena,
    mir gefällt Dein Gesicht. Ich könnte mir gut vorstellen, nein, ich bin mir fast sicher, dass es zu einer ziemlich klugen und äußerst sympathischen Frau gehört. Aber jetzt mal ernsthaft, liebe Helena: Willst Du tatsächlich schon wieder fremde Männer dazu bringen, sich wegen Dir in Kämpfe zu verstricken? Oder was fängst Du sonst mit Deinem Leben an?
    Fragt sich
    Cornelius.
    Erleichtert lehnte sich Amanda in ihrem Stuhl zurück. Endlich einmal eine Zuschrift, mit der sie etwas anfangen konnte. Cornelius, wie er sich nannte, war in seiner Mail zwar ebenfalls sehr direkt vorgegangen, doch auf eine ganz andere Art als die Männer vor ihm. Außerdem hatte er eine gute Frage gestellt. Überhaupt war Cornelius bisher der erste Mann, der etwas von Amanda wissen wollte, das nichts mit ihrer Körbchengröße, ihrer Meinung über »Natursekt« oder ihrer finanziellen Situation zu tun hatte.
     
    Ja, was fing sie eigentlich mit ihrem Leben an? Gut, sie hatte Klara zu versorgen, ihre Tochter, die sehr unter der bevorstehenden Trennung ihrer Eltern litt, darüber hinaus mitten in der Pubertät steckte und schon allein deswegen schwierig war. Amanda hatte außerdem den Transport zur Musikschule übernommen und Klara damit ermöglicht, an den dortigen nachmittäglichen Unterrichtsstunden teilzunehmen. Für die fast tägliche Fahrerei von Harburg bis in die Hamburger Innenstadt opferte
sie mittlerweile einen Großteil ihrer freien Zeit. Aber sie hatte diese Aufgabe gern übernommen, denn schließlich hatte Klara ihre Musikalität eindeutig von ihr geerbt. Max konnte ja nicht einmal am Heiligen Abend in der Kirche die Melodie von »Stille Nacht« mitsummen, ohne jeden Ton dabei falsch zu treffen. An nebligen Novembertagen holte Amanda auch heute noch manchmal ihr Cello hervor und spielte eine Sonate von Brahms. Ja, sie war jetzt vor allem Mutter – das fing sie mit ihrem Leben an. Ansonsten war sie nach wie vor auf der Suche nach etwas, was sie schon als kleines Mädchen vermisst und für das sie später als Halbwüchsige das Wort Sehnsucht gefunden hatte, um es greifbarer für sich zu machen. Seltsamerweise war die Sehnsucht niemals geringer, sondern mit jedem neuen Mann nur noch stärker geworden. Erst als sie Max kennenlernte, war endlich eine große Ruhe in sie eingekehrt. Zu jener Zeit hatte Amanda vor allem unbedingt ein Kind haben wollen, und Max schien ihr dazu der geeignete Partner zu sein. Eigentlich war es unfair, wenn sie sich im Nachhinein über seine fehlende Sehnsucht beklagte, schließlich hatte sie ihn sich zielbewusst ausgesucht. Damals wäre ein andersgearteter Mann als Max

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