Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
Vom Netzwerk:
für
Bestatter. Es stimmte, Klockemann war dran. Der Nächste auf dem Plan war das
Institut Preller. Lüthje schaltete den Lautsprecher des Handys ein und machte
Hoyer und Vehrs ein Zeichen, das Telefonat mitzuverfolgen.
    »Bestattungsinstitut Preller.«
    »Hier Kriminalhauptkommissar Lüthje. Sie sind der Chef, nehme ich
an, Herr Preller?«
    »Ja. Worum geht’s?«, fragte Preller zurückhaltend.
    »Herr Preller, ich weiß, dass Sie heute keinen Einsatzdienst haben,
sondern erst nächste Woche dran sind. Wir müssen Sie aber heute schon in
Anspruch nehmen. Es handelt sich um eine Überführung von der Strandstraße in
Laboe zur Gerichtsmedizin in Kiel. Herr Dr. Brotmann ist dort Ihr
Ansprechpartner. Einer meiner Kollegen wird Sie anrufen. Rechnen Sie damit,
dass es erst spät am Abend so weit sein wird.«
    »Moment. Ich hab den Plan an die Wand gepinnt. Aber … der Klockemann
hat doch Bereitschaft. Da kann ich nicht einfach dazwischenspringen, auch wenn
Sie das sagen! Warum wollen Sie den nicht anfordern?«
    »Die Seniorchefin der Firma Klockemann kommt hier als Zeugin in dem
aktuellen Todesfall in Frage. Eine Beauftragung ist wegen einer denkbaren
Interessenkollision ausgeschlossen.«
    »Ich dachte, die alte Hexe … die hat schon lange nichts mehr in der
Firma zu sagen.«
    »Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Also Herr Preller, Sie wissen
Bescheid, halten Sie sich bereit.«
    »Warum gerade ich? Nehmen Sie doch bitte den Nächsten auf der
Liste.«
    »Wovor haben Sie Angst?«
    »Vor nichts. Aber mit Klockemann ist es noch nie einfach gewesen,
erst recht nicht, seit er in Schwierigkeiten ist.«
    »Was sind das für Schwierigkeiten, in denen Klockemann steckt?«
    »Ach, in der Branche munkelt man darüber. Aber ich blick da nicht
durch.«
    »Nun hören Sie mal genau zu, Herr Preller. Ich habe keine Lust und
keine Zeit, die Bereitschaftsliste der Bestatter rauf- und
runterzutelefonieren. Wenn Sie meine Anforderung verweigern, erscheinen Sie nie
mehr auf dieser Liste. Dann sind auch Sie in Schwierigkeiten. Das spricht sich
rum. Und jeder in der Branche fragt sich, warum ist der Preller von der Liste
geflogen. Haben Sie mich verstanden?«
    »Schon gut, ich warte auf Ihren Anruf«, sagte Preller.
    Lüthje beendete das Gespräch.
    »Sollen wir Wetten darüber abschließen, was die Klockemann macht,
wenn sie den Leichenwagen des Kollegen Preller hier vor der Tür stehen sieht?«,
fragte Hoyer.
    »Die Hexe wird ihn in einen Holzwurm verwandeln«, sagte Vehrs.
    Lüthje staunte. Das war makaber und originell. Das hatte er dem
schüchternen Vehrs nicht zugetraut.
    »Wette angenommen«, sagten Lüthje und Hoyer gleichzeitig.
    »Ich halte dagegen«, sagte Lüthje. »Sie wird ihn in einen Frosch
verwandeln und ihn heiraten.«
    Hoyer nickte lächelnd. Vehrs sah Lüthje fragend an.
    »Frau Hoyer, erklären Sie Herrn Vehrs das mal. Ich verabschiede mich
für heute, ich muss noch meine Zahnbürste aus Flensburg holen. Tschüss, bis
morgen!«
    Lüthje schaltete das Autoradio ein und suchte Inforadio Nord.
Ein Korrespondent berichtete über die diplomatischen Verstimmungen zwischen
Italien, Israel und der Türkei, die alle an deutscher Militärtechnik
interessiert waren und eifersüchtig beobachteten, ob der andere etwas von den
Deutschen kaufen konnte, was ihm selbst verweigert worden war. Danach folgten
die Regionalnachrichten aus Schleswig-Holstein. Streit über Geld für den
Deichbau an der Westküste, zur bevorstehenden Kieler Woche würde bei den
Besucherzahlen ein neuer Rekord erwartet. Im letzten Jahr seien es über drei
Millionen Gäste gewesen. In Laboe sei in einem verlassenen Haus am Strand die
Leiche eines Mannes gefunden worden. Wenn die Nachrichtenredaktion gewusst
hätte, wie nahe sie dran war. Aber wahrscheinlich würde die Presse wirklich
nichts über die hohen Gäste bei der Opernaufführung sagen.
    Wie schön, dass das Langzeitgedächtnis der Medien so langsam funktionierte.
Vor allem während der Kieler Woche, in der die Scheinaktualität des Trubels in
Straßen und bei Veranstaltungen die Brisanz des Mordes im Drübbisch-Haus
verdeckte. Lüthje schätzte, dass der Selbstmord am Ende der Kieler Woche von
einem gründlichen Journalisten ausgegraben werden könnte. Aber dann war die
italienische Oper am Ehrenmal schon vorbei, und die Geschichte würde nur noch
halb so viel wert sein.
    Dabei fiel Lüthje Schackhaven ein. Vielleicht sollte er ihm nur eine SMS schreiben? Dazu müsste er anhalten. Also doch
anrufen.

Weitere Kostenlose Bücher