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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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Aufschrift »Fischhimmel« herausragte.
    »Ich hab Ihnen schon ein bisschen eingekauft, steht schon im
Kühlschrank«, sagte sie stolz.
    Hilly hatte Frau Jasch also tatsächlich angerufen.
    »Vielen Dank. Aber ich glaube, ich werde mittags auswärts essen, die
Spesen werden reichen. Wenn ich überhaupt dazu komme.«
    »Dann stimmt es also doch?«
    »Was meinen Sie?«
    »Sie sollen diese Mordfälle im Drübbisch-Haus aufklären.«
    »Wer hat Ihnen davon erzählt?«
    »Ich hab heute Nachmittag einen Anruf von der Frau Klocke mann
bekommen. Der habe ich vor Jahren eine Zeit lang den Haushalt geführt. Aber
dann hab ich ihr gekündigt wegen Ihnen. Und jetzt erzählt sie mir, dass der
Kommissar Lüthje bei ihr war, und ob ich noch bei Ihnen putze. Dass ich jetzt
auch die Gästeverwaltung mache bei Ihnen, hab ich natürlich nicht erzählt.
Jedenfalls sagte sie, der Kleine, ja, so hat sie sich ausgedrückt, der kleine
Kommissar Eric Lüthje, der wäre heute bei ihr gewesen wegen des Mordes im
Drübbisch-Haus. Ob Sie denn mir darüber was erzählt haben und ob ich sonst noch
was wüsste. Ist das nicht unverschämt?«
    »Na ja, klein bin ich nun wirklich nicht mehr. Aber was haben Sie
ihr denn geantwortet?«
    »Aber Herr Lüthje, Sie brauchen sich deshalb keine Sorgen zu machen.
Ich rede mit keinem darüber, dass ich den Kommissar Lüthje kenne, der im
Drübbisch-Haus den Täter finden soll. Aber ich warne Sie wegen der Klockemann,
das ist ein Aas.«
    »Danke für den Tipp, Frau Jasch. Frau Klockemann hat mir erzählt,
dass der behinderte Sohn von dem Lehrer Sundermeier im Treppenhaus des
Ehrenmals singt und dass das so unheimlich sei, dass sich die Kinder fürchten.
Stimmt das?«
    »Typisch Klockemann. Dass er viel singt, ist wahr. Aber das hört
sich sehr schön an, auch im Ehrenmal. Und man hört es von da überhaupt nur,
wenn der Wind von Nord weht, und dann auch nur bis in den Kurpark. Na ja, bis
zur Strandstraße und zur Friedrichstraße auch. Aber nicht bis hier hoch. Da ist
ja der Mühlenberg davor. Deshalb haben Sie davon nie was gehört. Sie wissen ja,
dass meine Tochter Heilpädagogin ist, und die betreut auch den Sohn des
Oberstudienrates Dr. Sundermeier. Das ist das komische Haus mit der
Wendeltreppe außen. Die beiden leben da allein.«
    »Danke für die Informationen, Frau Jasch. Jetzt packen Sie mal Ihren
Staubsauger ein, ich muss ins Bett. Ach, was ich noch fragen wollte: Sie hatten
sich doch ein neues Fahrrad gekauft. Haben Sie noch das alte?«
    »Ja, natürlich. Sagen Sie bloß, Sie wollen sich das von mir
ausleihen?«
    »Ich soll viel Rad fahren. Auf dringenden ärztlichen Rat. Damit die
Knochen nicht einrosten. Und wegen des Ischias.«
    »Oh ja, wem sagen Sie das. Aber mein altes Fahrrad ist doch viel zu
klein und klapperig. Bei Ihrer Figur …«, sie sah ihn abschätzend an, »… das
bricht unter Ihnen zusammen.«
    »Danke für das Kompliment«, sagte er schmunzelnd.
    »Ich leih Ihnen mein neues. Damit ermitteln Sie noch mal so gut.
Aber nicht kaputt machen. Hier ist der Schlüssel fürs Schloss.«
    »Und wie kommen Sie nach Haus?«
    »Zu Fuß! Denken Sie mal an! Wir sind hier auf dem Dorf. Alles
fußläufig erreichbar, wie es in den Prospekten immer so schön heißt.«
    Als Frau Jasch gegangen war, füllte er den Kühlschrank mit
seinen Einkäufen. Frau Jasch hatte eine große Packung Earl-Grey-Tee, zwei Liter
Magermilch, Magermilchjoghurt und Knäckebrot einsortiert. Er legte
Schillerlocken, Heilbutt, Matjes, Bismarckhering, dänische Heringshappen in
Sherry-Marinade, eine Brötchenauswahl von Vollkorn bis Sesam, ein Schwarzbrot
und ein Sechserpack Duburger Bock dazu.
    Er goss sich bedächtig ein Duburger in ein sehr großes Tulpenglas
der längst vergessenen Kieler Eiche-Brauerei, das er auf einem Flensburger
Flohmarkt gefunden hatte, legte sich ein paar Heringshappen auf ein Schwarzbrot
und setzte sich mit Teller und Bierglas vor das große Souterrainfenster.
    Wenn er sich streckte und seine linke Backe gegen die Scheibe
presste, konnte er tagsüber einen schmalen Streifen der Außenförde sehen.
Weiter rechts, außerhalb seines Sichtfeldes, ragte das Ehrenmal ein Stück über
den Mühlenberg. Wie gestern Abend war es im Westen klar, bis auf ein paar
dunkle, schmale Wolkenstreifen, die nach Süden trieben, als würden sie einer
Kaltfront Platz machen. Von oben hörte er leise einen Fernseher und das Wasser
laufen.
    In diesem Souterrainzimmer hatte er früher seine Schularbeiten
gemacht und sein

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